Studie zum Bschiss in Schweizer Haushalten
Schwarzarbeit von Putzfrauen und Nannys kostet AHV 320 Millionen

Die Finanzierung der AHV ist umstritten. Wie viel Geld der Einrichtung durch schwarz angestellte Putzfrauen und Nannys entgeht, hat eine Firma ermittelt.
Publiziert: 17.09.2017 um 12:22 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 09:55 Uhr
40 bis 60 Prozent aller Haushaltshilfen sind laut Schätzungen schwarzangestellt.
Foto: selimaksan
Reza Rafi

Die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) ist das wichtigste Schweizer Sozialwerk – und der politische Zankapfel der Stunde. Am kommenden Sonntag stimmt die Schweiz über ein Reformpaket ab, mit dem der Bundesrat die Einrichtung aus der finanziellen Schieflage holen will.

Die Altersstruktur der Bevölkerung ist der Hauptgrund, weshalb die AHV unter Druck steht. Ein anderer ist die verbreitete Schwarzarbeit im Land – auch jene in den Schweizer Privathaushalten.

Wie viel das konkret ausmacht, ist nun erstmals von der Firma quitt.ch berechnet worden. Beim Unternehmen kennt man sich mit der Materie aus: Es verdient sein Geld mit der bürokratischen Abwicklung von Anstellungsverhältnissen für Haushalte.

Laut der Studie von quitt.ch entgehen der AHV jährlich bis zu 320 Millionen Franken, weil Schweizer ihre Putzfrauen, Nannys, Nachhilfelehrer und Senioren­betreuer schwarz beschäftigen. Ganz konservativ berechnet würden die Ausfälle immerhin 170 Millionen Franken betragen.

Die meisten privaten Arbeitgeber scheuen sich vor dem Aufwand einer korrekten Anstellung

Zwar mache der Betrag nur einen Teil der gesamten Einnahmeausfälle durch Schwarzarbeit aus, sagt Simon Moser (30), Geschäftsleitungsmitglied von quitt.ch. «Trotzdem sind die Ausfälle bei den Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern gerade im Kontext von Sparrunden beachtlich.»

Die meisten privaten Arbeitgeber scheuen sich vor dem zeitlichen und administrativen Aufwand einer korrekten Anstellung von privaten Haushaltshilfen. «Schwarzarbeit im Privathaushalt ist kein Bagatelldelikt, eine korrekte Anstellung setzt aber gewisse Vorkenntnisse voraus und bringt ungeliebten Papierkrieg mit sich», sagt Moser.

Als Basis für die Schätzungen dienen mehrere Studien und Einschätzungen aus der Wissenschaft über die Verbreitung der Schwarzarbeit in der Schweiz. Demnach liegt die Quote zwischen 40 und 60 Prozent.

Die Experten von quitt.ch schätzen, dass ungefähr 200'000 bis 250'000 Schweizer Haushalte eine Haushaltshilfe direkt beschäftigen. Insgesamt stützen sich laut Erhebungen von Forschern rund 400'000 Haushalte auf eine externe Hilfe. Darunter fallen auch solche, die über eine Agentur vermittelt werden.

Die Firma quitt.ch wickelt in 82 Prozent der Fälle Anstellungen von Reinigungskräften oder Babysittern im Stundenlohn ab. Durchschnittlich haben diese Hilfskräfte ein Brutto-Jahreseinkommen von 2400 Franken.

Es gibt es immer wieder prominente Beispiele von mutmasslichen Sündern

Gemessen daran wirkt das vermutete Ausmass der ganzen Schattenwirtschaft immens: Der Linzer Wirtschaftsprofessor Friedrich Schneider schätzt die gesamte Schwarzarbeit in der Schweiz für das Jahr 2015 auf 6,5 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das würde rund 43 Milliarden Franken entsprechen.

Prominentes Beispiel von mutmasslichen Sündern gibt es immer wieder. So flog der ehemalige Zürcher SVP-Nationalrat Hans Fehr auf, der zusammen mit seiner Gattin eine Reinigungskraft schwarz engagiert hatte. Das Verfahren gegen ihn wurde 2015 eingestellt. Letzte Woche hat die «Zeit» berichtet, dass die deutsche Afd-Chefin Alice Weidel eine Syrerin illegal als Reinigungskraft beschäftigt haben soll.

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