Vor dem Showdown fliessen Millionen
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BGI, Kampfjets, Jagdgesetz:Vor dem Showdown fliessen Millionen

Abstimmungskomitees im Transparenz-Test
Vor dem Showdown fliessen Millionen

Fünf Vorlagen kommen am 27. September vors Volk. Dabei fliessen mehrere Millionen Franken in die Kampagnen. BLICK machte bei den Komitees den Transparenz-Test.
Publiziert: 20.09.2020 um 23:05 Uhr
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Aktualisiert: 21.09.2020 um 17:57 Uhr
Ruedi Studer

Geht es um Politik, fliessen jährlich Millionen von Franken – an Parteien, in Wahlkämpfe oder in Abstimmungskampagnen. Am Donnerstag debattierte der Nationalrat darüber, mehr Licht ins Dunkel der Politikfinanzierung bringen. Das Resultat: Eine Totalblockade. Die SVP will nichts von Transparenz wissen, die Linke ebenso wenig von einem halbbatzigen Gegenvorschlag und die FDP wollte nur einer verwässerten Variante zustimmen. So fiel die Vorlage schliesslich gänzlich durch, weshalb der Ständerat nun einen neuen Anlauf nehmen muss.

Dabei wäre mehr Transparenz dringend nötig, denn in Abstimmungskämpfen fliessen teils hohe Geldsummen – ohne dass sich alle Player in die Bücher schauen lassen. Das gilt auch bei den fünf Abstimmungen vom 27. September.

BLICK machte bei je einem Pro- und Kontra-Komitee den Transparenz-Test und wollte wissen: Wie hoch ist das Kampagnenbudget? Wie hoch die höchste Einzelspende? Die Rückmeldungen zeigen: Es sind auch diesmal Millionen im Spiel.

In den Abstimmungskampf um die Begrenzungs-Initiatiive fliessen Millionen.
Foto: geisser
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Begrenzungs-Initiative

Im Kampf um die Begrenzungs-Initiative sind sich die Protagonisten für einmal einig: Ihre Offenheit, sich ins Kampagnen-Portemonnaie blicken zu lassen, ist äussert begrenzt. Auskunft geben wollen weder die SVP, welche für ein Ja kämpft, noch der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse, der die Nein-Kampagne orchestriert.

Angesichts des breit geführten Abstimmungskampfes buttern aber beide Seiten mehrere Millionen in die Auseinandersetzung. SVP-Kampagnenleiterin und Nationalrätin Esther Friedli (43, SG) ist jedoch überzeugt: «Auf jeden Fall haben wir ein viel kleineres Budget als unsere Gegner zur Verfügung.»

Jagdgesetz

Ein teurer Abstimmungskampf wird auch um das Jagdgesetz geführt. Unter der Federführung von Pro Natura haben Natur- und Umweltschutzorganisationen das Referendum ergriffen. Nun lassen sie es auch finanziell knallen. Auf «gut 2 Millionen Franken» beziffert Pro-Natura-Chef Urs Leugger (56) das Nein-Budget. Die Gelder stammten aus den Beiträgen der über 500'000 Mitglieder der involvierten grossen Organisationen. «Das ergibt wenige Franken pro Mitglied für die Abstimmung», so Leugger. «Dazu kommen Spenden von Einzelpersonen, Stiftungen und wenigen Firmen für die Abstimmung.»

Auch die Gegenseite ist finanziell gut im Schuss: «Das Kampagnenbudget liegt bei 1,3 Millionen Franken», sagt David Clavadetscher von Jagd Schweiz. Zusammen mit dem Bauernverband und der schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete führt er das Ja-Lager an. Ein Drittel seien Einzelspenden, zwei Drittel hätten Organisationen beigetragen. «Die höchste Einzelspende einer Einzelperson beträgt 3000 Franken und von einer Organisation sind es 300'000 Franken – von Jagd Schweiz.»

Kampfjets

Bei der Kampfjet-Abstimmung geht es um einen 6-Milliarden-Franken-Deal. Und viel Renomee! Beflügelt vom Gripen-Nein 2014 versuchen die Gegner die neuen Kampfjets mit einem 570'000-Franken-Budget abzuschiessen. Das beinhalte die Ausgaben der Referendums-Trägerschaft auch in den Kantonen, so Gsoa-Sekretär Lewin Lempert. Firmenspenden habe es nur wenige gegeben. Mehrere Tausend Einzelpersonen hätten insgesamt rund 330'000 Franken gespendet – meistens «zwischen 20 und 100 Franken». Die höchste Einzelspende belaufe sich auf 1000 Franken. «Der grosse Rest der Einnahmen setzt sich zusammen aus Beiträgen der Parteien und Organisationen, die am Referendum beteiligt sind», erklärt Lempert.

Im Gegensatz zu den Kampfjet-Gegnern sind die Flieger-Freunde im Tarnkappenbomber unterwegs: «Wir geben keine Auskunft über das Budget der Kampagne», sagt FDP-Ständerat und Kampagnenleiter Thierry Burkart (45, AG). Er betont aber, dass die Spendenannahme mit einem Verhaltenskodex geregelt sei. «Für die Kampagne werden keine Gelder von Unternehmen und Herstellerländern angenommen, die an der Beschaffung von neuen Kampfflugzeugen beziehungsweise eines neuen Boden-Luft-Systems ein direktes oder indirektes Interesse haben.» Immerhin verrät er, «bislang über tausend Einzelspender auf unserer Seite zu wissen». Darüber hinaus habe das Komitee von neun nationalen Organisationen Spenden erhalten.

Kinderabzug-Erhöhung

Die SP führt das Referendum gegen die Kinderabzug-Erhöhung – oder den «Kinderabzug-Bschiss», wie sie es nennt – an. Das Kampagnenbudget des linken Nein-Komitees beläuft sich «gegenwärtig auf 155’000 Franken», so Co-Generalsekretär Michael Sorg. Diese Mittel stammten aus Spenden von Privatpersonen. Von Firmen habe man keine Spenden erhalten. «Der höchste Beitrag beträgt 1010 Franken», so Sorg. «Die Durchschnittsspende beträgt 56 Franken.»

Für ein Ja weibelt die CVP, aus deren Reihen der Vorstoss für die Kinderabzug-Erhöhung stammt. Sie koordiniert denn auch das bürgerliche Pro-Komitee. Allerdings würden die einzelnen Parteien die Kampagnen selber führen und finanzieren, so CVP-Sprecherin Salomé Steinle. Die CVP selbst hat für die Vorlage demnach «rund 30'000 Franken budgetiert». Die höchste Spende einer Einzelperson betrage 250 Franken.

Vaterschaftsurlaub

Der zweiwöchige Papi-Urlaub wird von einem SVP-nahen Referendumskomitee bekämpft. Was die Transparanzfrage betrifft, steckt dieses aber noch in den Kinderschuhen: Zum Kampagnenbudget würden «keine Angaben» gemacht, so SVP-Politikerin Susanne Brunner (48).

Auskunftsfreudiger zeigt sich hingegen der Gewerkschaftsdachverband Travailsuisse, der die Ja-Kampagne anführt. Ihm stünden «rund 350'000 Franken zur Verfügung», so Travailsuisse-Präsident Adrian Wüthrich (40). Davon stammten 250'000 Franken von den Teilverbänden mit einem Beitrag pro Mitglied. «Mit Spenden von Einzelpersonen haben wir rund 100'000 Franken eingenommen», so Wüthrich. Darunter auch eine einzelne Grossspende von 50'000 Franken. Zudem habe man fünf Spenden von Organisationen erhalten – aber jeweils unter 5000 Franken.

Insgesamt fliesst aber noch mehr Geld in die Ja-Kampagne: «Die Organisationen in der sehr breiten Ja-Allianz sind für die Abstimmung selber aktiv und bezahlen ihre Kommunikationsmassnahmen selber und nicht via Komitee», so Wüthrich. «Auch die Parteien führen eine eigene Kampagne und übernehmen von der Kernkampagne den Auftritt.»

Alle Abstimmungen auf einen Blick

Die Schweiz stimmt wieder ab: Erklärungen zu allen Initiativen, aktuelle News und prominente Stimmen zum Thema finden Sie hier.

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