Angst der Politiker vor Gratis-Reisli
Jetzt zahlen sie es Bitzeli

Parlamentarier liessen sich zu Informationsreisen einladen, obwohl das Reglement etwas anderes vorschreibt. Jetzt müssen die Politiker einen Teil zurückzahlen. Manche machen es sogar freiwillig.
Publiziert: 14.07.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 22:22 Uhr
Schweigende Präsidentin: Christa Markwalder (FDP).
Foto: Keystone
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Von Nico Menzato

In einem Reglement des Parlaments heisst es klipp und klar: «Eine Einladung einer schweizerischen oder internationalen Interessenorganisation zu einer Informationsreise kann angenommen werden, sofern die Ratsmitglieder die Reisekosten selber bezahlen.»

Trotz dieser Empfehlung, die Anfang Legislatur 2011 an alle Parlamentarier verschickt wurde, liessen sich seither einige von ihnen Flug, Kost und Logis vollumfänglich bezahlen. So etwa FDP-Nationalrat Walter Müller, der gratis nach Kasachstan reiste. Von seiner Partei bekam er deswegen einen Rüffel – und die Aufforderung, 1000 Franken nachzuzahlen.

Der Fall Müller hat Verunsicherung ausgelöst, wer auf Reisen wie viel selbst berappen muss. Und wofür. Ein Sitzungsprotokoll von Mitte Juni, das BLICK vorliegt, zeigt, dass Mitglieder des parlamentarischen Vereins Schweiz-USA jetzt freiwillig nachbezahlen. Und zwar für den jährlichen, von der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer gesponserten Trip in die USA. Der individuelle Beitrag pro Person an die USA-Reise betrage 1000 Franken, heisst es im Protokoll. Und weiter: Da aber dieser Selbstkostenbeitrag für 2014 beziehungsweise 2015 nicht eindeutig beschlossen respektive kommuniziert worden sei und die Teilnehmer Hotelkosten selbst übernommen hätten, «wird nachträglich jeder Teilnehmerin und jedem Teilnehmer 500 Franken pro Reise in Rechnung gestellt.»

Die Politiker haben sich also zu oft einladen lassen und zu wenig selber bezahlt – was nun korrigiert wird. Präsidentin des Vereins Schweiz-USA ist Christa Markwalder, die in der Kasachstan-Affäre in die Kritik geraten ist. Schaut die FDP-Nationalrätin deshalb so genau, dass sich die Politiker an den Kosten beteiligen, um weiterer Kritik zu entgehen? Und ist der Entscheid Mitte Juni unter dem Druck der Kasachstan-Affäre gefallen? Markwalder wollte keine Stellung nehmen und verwies an ihren Vize, Thomas Aeschi: «Die Kasachstan-Affäre und ein Kassierwechsel haben dazu geführt, die Abrechnung der letzten zwei Delegationsreisen rasch zu regeln», sagt der SVP-Nationalrat.

In der Vergangenheit seien gewisse Hotelübernachtungen zentral, andere individuell beglichen worden. «Für die Zukunft müssen wir sicherstellen, dass alle Hotelrechnungen zentral bezahlt werden», so Aeschi.

An der Reise im letzten Jahr nach San Francisco haben neben Christa Markwalder und Thomas Aeschi auch Thomas Hurter (SVP), Pirmin Bischoff (CVP), Martin Naef (SP) sowie Roland Fischer und Markus Stadler (beide GLP) teilgenommen.

2015 waren beim Trip nach Boston und Washington wiederum Hurter, Stadler und Naef dabei. Zudem Ruedi Noser und Ignazio Cassis (beide FDP).

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