Anschuldigungen viel schwerer als bekannt
Sonderermittler Marti warf Peter Lauener Staatsverbrechen vor

Sonderermittler Peter Marti warf Peter Lauener nicht nur Amtsgeheimnisverletzung vor, sondern sogar «Gefährdung der verfassungsmässigen Ordnung». Bloss: Er hatte damit keine Chance.
Publiziert: 27.01.2023 um 09:03 Uhr
|
Aktualisiert: 27.01.2023 um 11:37 Uhr

Sonderermittler Peter Marti (72) hat noch viel schwerere Anschuldigungen gegen Peter Lauener erhoben, als bisher bekannt war. So soll der frühere Kommunikationschef von Bundesrat Alain Berset (50) nicht nur Amtsgeheimnisverletzungen begangen, sondern auch die verfassungsmässige Ordnung in der Schweiz gefährdet haben, wie die Tamedia-Zeitungen berichten.

Brisant: Bei der «Gefährdung der verfassungsmässigen Ordnung» handelt es sich um einen Artikel im Strafgesetzbuch, der zu den «Verbrechen gegen den Staat» zählt und kaum je angewendet wird.

Im grossen Stil E-Mails beschafft und ausgewertet

Marti hat Lauener im Mai 2022 vier Tage in Haft genommen und ihn wegen des Verdachts auf Amtsgeheimnisverletzung befragt. Auch Bundesrat Alain Berset und Ringier-CEO Marc Walder werden im Zuge des Verfahrens befragt. Allerdings nicht als Beschuldigte wie Lauener, sondern als Auskunftspersonen.

Steht im Fokus der Ermittlungen: Peter Lauener (links), Ex-Sprecher von Bundesrat Alain Berset.
Foto: Keystone
1/5

Martis Vorwurf an Lauener: Bersets Vertrauter habe via Ringier-Verlag eine Presseberichterstattung lanciert und gefördert, um direkt auf die Entscheidungsfindung im Bundesrat einzuwirken. Der Sonderermittler hatte zuvor im grossen Stil und ohne dass Lauener davon wusste, dessen geschäftliche wie private E-Mails beschafft und ausgewertet.

Laut Recherchen der «Wochenzeitung» soll Marti von der Swisscom und vom Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT) Laueners beruflichen und privaten Mailverkehr mehrerer Jahre erhalten haben.

Brutale Schlappe für Marti

Lauener und sein Verteidiger bestritten die Vorwürfe und liessen die E-Mails versiegeln. Begründung: Die E-Mails hätten im Strafverfahren gar nicht verwendet werden dürfen.

Marti scheiterte letztlich mit seinen Argumenten. Das Zürcher Bezirksgericht befand, dass der Sonderermittler Laueners beschlagnahmte E-Mails nicht hätte auswerten dürfen. Es sah nirgends einen dringenden Tatverdacht. Lauener kam auf freien Fuss, Sonderermittler Marti musste eine brutale Schlappe einstecken.

Lauener zeigte Marti an, er warf ihm Amtsmissbrauch und allenfalls weitere Delikte vor. Zudem läuft zur Aufhebung der Siegelung derzeit beim Berner Zwangsmassnahmengericht ein Verfahren. Dieser Entscheid im Entsiegelungsverfahren könnte gerichtlich noch weitergezogen werden. Bis Klarheit über eine allfällige Entsiegelung herrscht, sind Martis Ermittlungen blockiert. (oco)

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?