Anti-Diskriminierungs-Kurse
Schweizer Nachrichtendienst kämpft gegen Sexismus

Der Nachrichtendienst des Bundes hat ein Sexismusproblem. Deshalb will eine Arbeitsgruppe alle Angestellten in Anti-Diskriminierungs-Kurse schicken. Das ist aber nur ein Teil des Problems.
Publiziert: 07.04.2022 um 10:49 Uhr
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Aktualisiert: 07.04.2022 um 15:59 Uhr

Gerade während des Ukraine-Kriegs hätte der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) eigentlich alle Hände voll zu tun. Derzeit aber kämpfen die Schlapphüte vor allem mit Problemen in den eigenen Reihen, mit der eigenen Betriebskultur.

So sollen Frauen im Geheimdienst immer wieder Sexismus erleben. Sie müssten sich unangemessene Kommentare zu ihrem Äussern anhören oder würden trotz anderer Aufgaben in Sitzungen zum Protokollführen degradiert.

So steht es in den Berichten einer internen Arbeitsgruppe des NDB, die SRF vorliegen. Sexismus zeige sich demnach «täglich in verschiedenen Formen». Die Arbeitsgruppe nennt weitere Beispiele: Einer Frau werde das Wort abgeschnitten, und ein Mann übernehme das, was die Frau gerade gesagt habe. Die Ausbildung der weiblichen Kandidaten werde vom männlichen Auswahlkomitee unterbewertet oder verspottet.

Der Nachrichtendienst des Bundes hat ein Sexismusproblem. Darum will eine Arbeitsgruppe alle Angestellten in Anti-Diskriminierungs-Kurse schicken.
Foto: Keystone
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Personalumfrage mit katastrophalem Resultat

Und die Arbeitsgruppe kommt zu einem bedenklichen Fazit: «Der Sexismus beeinträchtigt das reibungslose Funktionieren des NDB.»

Die Arbeitsgruppe hat offiziell bei der Direktion beantragt, dass alle NDB-Angestellten obligatorische Anti-Sexismus-Workshops besuchen sollen. Demnach sollten diese «das Bewusstsein für die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Inklusivität am Arbeitsplatz» schärfen.

Doch Sexismus ist nur ein Teil des Problems. Viele Angestellte seien auch sonst unzufrieden mit dem NDB. Das zeigte eine Umfrage Anfang 2021 mit auffallend schlechten Ergebnissen. Besonders hart kritisieren Angestellte die Führungsqualitäten von Vorgesetzten.

Die Arbeitsgruppe habe daher beantragt, dass die Führungsleistung der Kader alle drei Jahre vertieft beurteilt werden soll. Zudem solle eine neue Charta mit den «Werten des NDB» geschrieben werden, die von allen Kadern zu unterschreiben sei. Noch aber ist unklar, ob der Nachrichtendienst diese Massnahmen auch alle umsetzen will. Der NDB habe keine Fragen von SRF beantworten wollen.

Aufsicht zweifelt an den Massnahmen des NDB

Doch erst vor wenigen Tagen hatte die Aufsichtsbehörde des Dienstes in ihrem Jahresbericht an bisher ergriffenen Massnahmen Zweifel geäussert. Erste Anstrengungen zur Verbesserung dürften für eine nachhaltige Beruhigung und Klärung der Situation demnach nicht ausreichen. Und: Unzufriedene NDB-Angestellte könnten ein «erhöhtes Sicherheitsrisiko» darstellen.

Die grüne Ständerätin Maya Graf (60) ist Präsidentin der Geschäftsprüfungsdelegation, die die parlamentarische Oberaufsicht über den Geheimdienst ausübt. «Die Führungskultur ist leider seit längerem sehr schlecht. Hier ist vor allem der neue Direktor des NDB gefordert, Massnahmen zu treffen und durchzusetzen», sagt sie gegenüber SRF.

Dieser neue NDB-Direktor heisst Christian Dussey (55). Der ehemalige Diplomat und Offizier hat sein Amt erst Anfang April angetreten, nachdem Verteidigungsministerin Viola Amherd (59) Vorgänger Jean-Philippe Gaudin (59) auf die Strasse gestellt hatte. (dba)

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