Armee in Finanznot
Rüstungskäufe dürften sich um Jahre verspäten

Von Finanzproblemen wollte Bundesrätin Viola Amherd nie etwas wissen. Interne Dokumente sprechen eine andere Sprache: Wegen fehlender Mittel muss die Armee Käufe verschieben oder sogar abbrechen. Der Bund befürchtet einen Vertrauensverlust bei den Lieferanten.
Publiziert: 13.06.2024 um 13:53 Uhr
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Aktualisiert: 13.06.2024 um 14:53 Uhr

Diskussionen um die schwierige Finanzlage der Armee haben Anfang Jahr für Schlagzeilen gesorgt. Von einem Finanzengpass aber wollte Verteidigungsministerin Viola Amherd (62) nichts wissen. Sie bezeichnete die Situation damals als «alles andere als exotisch».

Zu einem anderen Schluss hingegen kommen Recherchen von SRF. Sie deuten auf konkrete Folgen der Finanzprobleme hin. Dabei gehe es etwa um Munition, Fahrzeuge oder andere militärische Ausrüstung. Das Parlament hat diese Käufe bewilligt, teilweise sind Kaufverträge unterschriftsbereit: Nur fehle der Armee das Geld.

Alleine nächstes Jahr fehle 1 Milliarde

Alleine im kommenden Jahr könnten für die Armee dringend benötigte Beschaffungen im Wert von 971 Millionen Franken nicht finanziert werden. Diese Zahl stehe in einer Aktennotiz des Bundesamts für Rüstung Armasuisse vom Mai, in die SRF Einblick habe nehmen können. Es gehe dabei um Käufe, die bereits geplant und vorbereitet, für die aber noch kein Kaufvertrag unterschrieben sei.

Eine neue Aktennotiz aus dem VBS scheint Viola Amherd zu widersprechen. Die Verteidigungsministerin wollte bisher von Finanzengpässen stets nichts wissen.
Foto: keystone-sda.ch
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Armasuisse-Chef Urs Loher bestätige gegenüber SRF die Angaben. Er spreche von einem «Planungsüberhang». Diesen gebe es jedes Jahr, zurzeit sei er aber «unüblich gross». Die Gründe seien zum Teil hausgemacht: In den vergangenen Jahren liess sich die Armee von Bundesrat und Parlament wiederholt höhere Rüstungskäufe bewilligen, als sie ursprünglich selbst geplant hatte. Hinzu kamen höhere Betriebskosten und die Teuerung.

Wie SRF weiter berichtet, habe die Armeeführung Mitte April einen grossen Teil der Projekte in vier Prioritätsstufen eingeteilt: Nur Einkäufe mit Priorität 1 werden wie geplant ab nächstem Jahr angepackt. Der Rest – und das dürfe die Mehrheit der Projekte sein – verschiebt sich je nach Einstufung um mehrere Jahre. Projekte der Priorität 4 könnten auch abgebrochen werden.

Vertrauen der Lieferanten in Gefahr

Vieles also komme später, manches gar nicht: Leidtragende seien Lieferanten, die fest mit Aufträgen gerechnet hatten. In der Aktennotiz schreibe Armasuisse: «Das Vertrauen in die Zuverlässigkeit und Verlässlichkeit des Bundes dürfte aufgrund der nicht verlässlichen Planung insbesondere bei den KMU leiden und zu einem Vertrauensverlust führen.»

Die Gespräche mit Lieferfirmen sollen bis Ende Jahr laufen. Und in spätestens fünf Jahren sollen alle Pendenzen abgetragen sein. Das Armeebudget nämlich steigt von nun an Jahr für Jahr. Dadurch steht laufend mehr Geld zur Verfügung.

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