Auf Positionen beharrt
Wie es zum Milliarden-Nein gekommen ist

Das Schweizer Parlament verweigert den Segen für den Milliarden-Deal zur Rettung der Credit Suisse. Wie es an der Session zum symbolischen Trötzeln kam und was die Fraktionen dazu beigetragen haben.
Publiziert: 12.04.2023 um 19:39 Uhr
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Aktualisiert: 12.04.2023 um 19:48 Uhr

Es ist eine schmerzhafte Niederlage für Finanzministerin Karin Keller-Sutter (59) und den Bundesrat. Das Parlament konnte sich an seiner ausserordentlichen Session nicht zusammenraufen. Es verwehrte die Zustimmung für den von Keller-Sutter orchestrierten Deal zur Rettung der Credit Suisse – was daran aber nachträglich nichts mehr ändert. Wie es dennoch zum grossen Nein kam und welche Rollen die Parteien dabei spielten.

SVP – die Nein-Sager

«Die SVP-Fraktion sagt klar Nein zur 109-Milliarden-Franken-Garantie des Bundes», sagte der Präsident der Volkspartei Marco Chiesa (48) am Dienstag. An dieser Haltung hielt die SVP eisern fest. «Wir wollen, dass ein solches Debakel nicht noch einmal passiert», sagte Nationalrat Lars Guggisberg (45) am Mittwoch. Die Vorlage, wie sie auf dem Tisch lag, sei dafür keine Basis.

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«Wir brauchen einen Finanzplatz, in dem jede Bank untergeht, die Misswirtschaft betreibt.»
SVP-Nationalrat Pirmin Schwander
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Die ablehnende Haltung brauchte allerdings auch nicht sonderlichen Mut, weil damit nichts gefährdet wurde. Die Kredite für die Rettung sind gesprochen, die Kunden können weiter auf ihre Gelder zugreifen. In naher Zukunft will sich die SVP aber vor allem dafür einsetzen, dass der Bundesrat ein Trennbankensystem prüft. Die SVP forderte zudem, dass es in der Schweiz keine «Too big to fail»-Unternehmen mehr gibt. Unternehmen müssten Konkurs gehen können, ohne dass die Schweiz mit in den Abgrund gerissen werde.

Ein schlechter Tag für Karin Keller-Sutter: Das Parlament verwehrte der Finanzministerin den Segen für die von ihr gezimmerte Bankenrettung.
Foto: keystone-sda.ch
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SP – die Misstrauischen

«Weiter so» ist für die SP keine Option. Das hat die Partei immer und immer wieder betont. Seit Jahren sind ihr Gier und Verantwortungslosigkeit von Top-Bankern ein Dorn im Auge. Da ist der Niedergang der Credit Suisse geradezu Wasser auf die Mühlen der Sozis. Nun wollten sie die Gelegenheit nutzen, um den Schweizer Bankenplatz deutlich stärker zu regulieren.

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«Das Parlament muss dringend neue Rahmenbedingungen für das Bankengeschäft schaffen. Die vorherrschende Verantwortungslosigkeit können wir nicht mittragen.»
SP-Nationalrätin Samira Marti
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Schon vor dem CS-Kollaps hatte die SP eine ganze Reihe an Forderungen aufgestellt: Boni-Verbot für systemrelevante Banken, wirksame Sanktionen durch die Finanzmarktaufsicht oder höhere Eigenkapitalanforderungen. Und von ihrem tief verwurzelten Misstrauen gegen den Grosskapitalismus liess sie bis zuletzt nicht ab. Es geht ums Prinzip! Weil ihre Forderungen aber nicht durchkamen, lehnte auch die SP die CS-Kredite ab.

FDP – die Vorsichtigen

FDP-Präsident und Ständerat Thierry Burkart (47) warnte vor unbedachten Schnellschüssen. Erst gründlich analysieren, danach Massnahmen ergreifen, lautete das Credo seiner Partei für die ausserordentliche Session zum CS-Debakel. Neue Regulierungen soll es vorerst nicht geben. Jetzt sei zunächst eine gründliche Aufarbeitung nötig. Damit sind die Liberalen wieder etwas zurückgekrebst und stellen sich brav hinter ihre Finanzministerin Karin Keller-Sutter. Die Fraktion unterstützte den Milliardenkredit.

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«Schnellschüsse sind fehl am Platz.»
FDP-Ständerat Thierry Burkhart
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Noch zuvor wollte die FDP die Verantwortlichen für den Untergang bei der CS zur Verantwortung ziehen und forderte lauthals, dass die Führungsriege der einst stolzen Grossbank ihre Boni sofort zurückzahlt. «Verantwortungslose Manager sind die Totengräber der freien Marktwirtschaft», sagte Burkart etwa.

Grüne – die Nachhaltigen

«Wäre das Klima eine Bank, der Bundesrat hätte es längst gerettet», diktierte Grünen-Präsident und Nationalrat Balthasar Glättli (51) seit der Rettung der CS fast mantraartig in die Mikrofone und Notizbücher von Medienschaffenden. Er sagte es auch am ersten Tag der ausserordentlichen Session. Und klar, auch der Evergreen «Nachhaltigkeit» kam natürlich vor.

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«Wäre das Klima eine Bank, der Bundesrat hätte es längst gerettet.»
Grünen-Nationalrat Balthasar Glättli
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Der Aspekt der Nachhaltigkeit sei bei der Bankenrettung «sträflich in den Hintergrund gerückt» worden. Bereits in der Zeit vor der ausserordentlichen Session hatten Glättli und seine Grünen schon einmal grob umrissen, was den Bundesrat erwarten würde, wenn ihre Bedingungen keine Mehrheiten finden. «Dann werden wir die Kredite ablehnen», drohte er. Die Grünen machten ihre Drohung wahr – zusammen mit der SP und der SVP versenkten sie den Milliardenkredit zweimal.

GLP – Die Überkorrekten

Die Grünliberalen versuchten, in der hitzigen Debatte einen kühlen Kopf zu bewahren. Man fordere eine «minutiöse Aufarbeitung der Vorgänge, die zum Untergang der CS geführt haben», sagte GLP-Präsident Jürg Grossen (53) im Nationalrat. Jedoch soll alles seine Ordnung haben. Die Fraktion wehrte sich dagegen, gewisse Forderungen mit den Milliarden-Garantien zu verknüpfen. Das sei nicht seriös. Man dürfe nun nicht einfach «mit unausgegorenen Forderungen ins Kraut schiessen», warnte GLP-Nationalrat Roland Fischer (58). Und Kollegin Melanie Mettler (45) kritisierte Rechte und Linke, die nur daran interessiert seien, rhetorische Pflöcke einzuschlagen.

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«Wir dürfen nicht einfach mit unausgegorenen Forderungen ins Kraut schiessen. Das wäre nicht seriös und unverantwortlich.»
GLP-Nationalrat Roland Fischer
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Stattdessen soll der Bundesrat jetzt erst mal prüfen, welche Gesetzesänderungen sinnvoll sind und welche nicht. Auch die GLP hat aber klare Forderungen. So muss aus ihrer Sicht etwa die Aufsicht gestärkt und Bankenmanager müssen für Verfehlungen haftbar gemacht werden.

Mitte – die Vernunftbetonten

Neben den polternden Polparteien von links und rechts sieht sich die Mitte gerne als Stimme der Vernunft. Diese Rolle versuchte sie, auch in der CS-Debatte zu spielen. Auf Ränkespiele oder Trotzreaktionen verzichtete sie. «Wir stimmen dem Kredit zu, weil es für das Parlament faktisch keine Alternative gibt», stellte Fraktionschef Philipp Matthias Bregy (44) klar.

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«Wer jetzt aber behauptet, es brauche keine weiteren Regulierungen, der nimmt in Kauf, dass in zehn Jahren die UBS möglicherweise wiederum mit Steuergeldern gerettet werden muss.»
Mitte-Fraktionschef Philipp Matthias Bregy
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Doch auch für die Mitte kann und darf es so nicht weitergehen. Die «Too big to fail»-Regeln seien gescheitert. Es brauche künftig neue Regeln für mehr Eigenkapital, ein Boni-Verbot bei Verlusten und griffigere Instrumente für die Aufsicht. Die Mitte-Partei will handeln, aber nicht sofort. Zuerst sei sorgfältig zu prüfen, welche Regulierungen sinnvoll sind, befand etwa Ständerat Benedikt Würth (55). «Es ist nicht gut, wenn sofort geschossen wird.»

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