Aussenpolitiker des Ständerats wollen die Ostmilliarde nicht rasch auszahlen
Europapolitik nach dem Prinzip Hoffnung

Aussenpolitiker des Ständerats wollen die Ostmilliarde nicht rasch auszahlen.
Publiziert: 08.08.2021 um 15:53 Uhr
Simon Marti

Die Überweisung der Kohäsionsmilliarde ist ein wichtiger Bestandteil der Beschwichtungsstratgie des Bundesrats gegenüber der Europäischen Union. Dass er diesem Betrag eine derartige Bedeutung zumisst, lässt die allgemeine Ratlosigkeit erkennen – um nicht zu sagen: die Verzweiflung nach dem Aus des Rahmenabkommens. Schnell soll es gehen, National- und Ständerat müssten innert der drei Wochen der Herbstsession die Zahlung absegnen, verlangt die Regierung. Eine Zahlung, die einst aufgrund der Nichtanerkennung der Schweizer Börse durch Brüssel blockiert wurde. Diese Diskriminierung besteht bis zum heutigen Tag. Eine Garantie, dass das Parlament tatsächlich schon im September die Gelder freigibt, gibt es nicht.

Im Gegenteil: «Wir lassen diese Vorlage nicht im Eiltempo in der gleichen Session durch beide Kammern bestätigen», sagte Ständeratspräsident Alex Kuprecht (63, SVP) diese Woche zu Radio SRF. Ende Monat will das fünfköpfige Büro des Ständerats das Eilverfahren erneut diskutieren. Ausgang ungewiss. Umso wichtiger wäre es aus Sicht des Bundesrats, dass sich die Aussenpolitische Kommission (APK) des Ständerats für eine rasche Behandlung in beiden Parlamentskammern ausspricht. Tatsächlich hat die APK bereits im Juli ein erstes Mal schriftlich über ein beschleunigtes Verfahren abgestimmt. Eine knappe Mehrheit sprach sich dagegen aus.

Diese Haltung ist nicht in Stein gemeisselt, die Kommission kann ihre Meinung ändern. Doch zeigt diese Geschichte, wie improvisiert der bundesrätliche Kurs noch immer ist. Das lässt weiterhin viel Raum für eine ganze Palette an möglichen und unmöglichen Alternativen. Der ehemalige Staatssekretär Michael Ambühl (69) plädierte diese Woche für eine umfassende Lösung, eine Art Bilaterale Verträge III.

Sackgasse Europapolitik: Bundespräsident Guy Parmeli, Aussenminister Ignazio Cassis und Bundesrätin Karin Keller-Sutter.
Foto: Keystone
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In eine andere Richtung zielt ein Vorschlag aus den Reihen des Freisinns, über den die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats Ende Monat diskutiert. FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann (58, ZH) schwebt vor, einzelne Dossiers unabhängig voneinander mit der EU zu verhandeln. «Nachdem der Bundesrat einfach die Verhandlungen abgebrochen hat, ist es wichtig, überhaupt wieder einen funktionierenden Dialog zu etablieren.» Aus Schweizer Sicht bestehe der Vorteil darin, dass die Streitschlichtung für jedes Dossier separat festgelegt werden könnte.

Ob Brüssel darauf einsteigen würde, ist fraglich. In der Vergangenheit hat sich die EU diesem Ansatz stets verweigert.

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