Basler Nazi-Zelle alarmiert Bundesbern
«Jetzt können wir die Gefahr nicht mehr länger leugnen»

Die Terrorpläne von Schweizer Neonazis schocken Bundesbern. SP-Nationalrat Cédric Wermuth fordert Verteidigungsministerin Viola Amherd in einem offenen Brief auf, die «wachsende, terroristische Bedrohung von rechts ernst zu nehmen».
Publiziert: 13.05.2019 um 18:38 Uhr
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Aktualisiert: 14.05.2019 um 08:55 Uhr
SP-Nationalrat Cédric Wermuth: «Gewaltbereiter Rechtsextremismus ist in der Schweiz wieder zur realen Bedrohung von Demokratie und Freiheit geworden», schreibt er in einem offenen Brief an Bundesrätin Viola Amherd.
Foto: Keystone
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Ruedi Studer

Eine verdeckte Recherche des SonntagsBlick enthüllt Terrorpläne von Schweizer Neonazis. Eine neu formierte Gruppe von bewaffneten Rechtsextremen hat sich wenige Tage nach dem Anschlag im neuseeländischen Christchurch gebildet. Kern der Gruppe bilden drei Männer und eine Frau aus der Region Bern und Basel, die gegen Juden, Ausländer und Andersdenkende hetzen und sich gegenseitig mit Mordfantasien überbieten.

Politiker sind schockiert

Die Neonazi-Pläne schockieren auch in Bundesbern. «Die gewaltbereite Radikalisierung von rechtsextremen Splittergruppen ist erschreckend», sagt SP-Nationalrat Cédric Wermuth (33, AG). Er hat die Entwicklung schon länger auf den politischen Radar und stellt fest: «Die Schweiz hat sich offenbar als Drehscheibe für europäische Rechtsextremisten und Rechtsterroristen etabliert, weil sich die Szene hier sicher fühlt. Das muss uns zu denken geben.»

Er verweist dabei auf weitere Vorfälle wie den Ku-Klux-Klan-Aufmarsch in Schwyz oder Schweizer Verbindungen zu Neonazi-Netzwerken in Deutschland. Zudem würden Rechtsextreme zunehmend schamlos in der Öffentlichkeit auftreten – das zeige sich etwa auch bei den von einem Neonazi angeführten GC-Chaoten-Schande im Fussball.

Wermuth ist nicht der Einzige, dem die Entwicklung Sorgen bereitet. «Die Anonymität der sozialen Medien begünstigt eine Kultur, die zunehmend hemmungslos wird», sagt BDP-Chef Martin Landolt (50, GL). «Von hetzerischen Worten zu effektiven Gewalttaten ist es dann plötzlich nicht mehr weit.» Die Problematik rechtsextremer Gewalt müsse ernst genommen werden, so Landolt. Denn: «Wo Rauch ist, ist auch Feuer.»

Auch CVP-Nationalrätin Ida Glanzmann (60, LU) ist alarmiert. «Die Rechtsextremisten können sich aufbauen und keiner schaut hin», entrüstet sich die Vizepräsidentin der Sicherheitspolitischen Kommission. «Es geht doch nicht, dass der Nachrichtendienst Dschihadisten überwachen kann, bei Gewaltextremisten hingegen nicht genauer hingucken darf. Da müssen wir das Gesetz entsprechend anpassen.» 

SP-Wermuth hofft auf CVP-Amherd

Wermuth jedenfalls erwartet, dass die Behörden nach den jüngsten Ereignissen nun «bei der Neonazi-Szene endlich hin- statt angestrengt wegschauen». Seine Hoffnungen setzt er dabei in die neue CVP-Verteidigungsministerin Viola Amherd (56), welcher auch der Nachrichtendienst des Bundes untersteht.

Er interveniert nun direkt bei ihr mit einem offenen Brief, der BLICK vorliegt. «Gewaltbereiter Rechtsextremismus ist in der Schweiz wieder zur realen Bedrohung von Demokratie und Freiheit geworden», schreibt er darin an die «liebe Viola».

Von ihr erwartet er mehr Sensibilität als von ihren beiden SVP-Vorgängern Ueli Maurer (68) und Guy Parmelin (59). Diese hätten bei der Problematik jeweils «verharmlosend reagiert», moniert Wermuth. Nach den jüngsten Ereignissen ist für ihn aber klar: «Jetzt können wir die Gefahr nicht mehr länger leugnen.»

In seinem Brief bittet der zweifache Vater deshalb Amherd als «oberste Sicherheitspolitikerin des Landes, die Situation endlich als das ernst zu nehmen, was sie ist: eine wachsende, terroristische Bedrohung von rechts».

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