Bei uns stossen Neuwagen mehr CO₂ aus als im Rest von Westeuropa
Schweizer Auto-Importregeln schaden der Umwelt

Nur in Osteuropa sind Neuwagen umweltschädlicher als bei uns. Schuld daran ist auch die fehlende Elektroauto-Förderung. Teils gar kontraproduktiv sind die CO₂-Sanktionen bei Importen, zeigt die Eidgenössische Finanzkontrolle in einem Bericht auf.
Publiziert: 04.05.2023 um 00:48 Uhr
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Aktualisiert: 04.05.2023 um 14:25 Uhr
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Pascal TischhauserStv. Politikchef

Damit die Schweiz die Klimaziele erreicht, müssen unsere Autos umweltfreundlicher werden. Der Strassenverkehr ist für 40 Prozent unseres CO₂-Ausstosses verantwortlich. Während in Ländern wie Norwegen und Holland Elektrofahrzeuge längst auf der Überholspur sind, steigt der Anteil reiner E-Autos bei uns nur gemächlich.

Ganz anders in Norwegen. Nirgendwo sonst in Europa sind so viele Elektrofahrzeuge unterwegs. Das kommt nicht von ungefähr: Bis vor kurzem entfiel dort beim Kauf eines Elektrofahrzeugs die Mehrwertsteuer von 25 Prozent. In Holland wiederum wirds teuer, wenn ein Neuwagen mit Verbrennungsmotor angeschafft wird.

Viele Schlupflöcher

In der Schweiz begnügt man sich mit Strafzahlungen für den Import von wenig umweltfreundlichen Personen- und Lieferwagen, wie man sie auch in der EU kennt. Dabei setzt man einen Grenzwert für den CO₂-Ausstoss von eingeführten Fahrzeugen fest, 2021 lag dieser bei 118 Gramm CO₂ pro Kilometer. Liegt der Ausstoss darüber, müssen die Importeure eine Strafe zahlen. Sie geben diese wohl an die Konsumenten weiter.

Nur die Autos in osteuropäischen Länder haben einen noch höheren CO₂-Ausstoss als die Schweiz.
Foto: Keystone
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In der Praxis bestehen aber zahlreiche Schlupflöcher. Dazu muss man wissen: Die Zielwerte gelten für ganze Fahrzeugflotten. Deshalb bilden Autobauer Emissionsgemeinschaften: Der reine E-Auto-Hersteller Tesla tat sich für 2020 – für viel Geld – mit dem traditionellen Produzenten Fiat-Chrysler zusammen. So kamen damals in der gemeinsamen Flotte auf einen CO₂-freien Tesla drei Autos mit Verbrennungsmotor. Dadurch erreichte die Gemeinschaft die damalige Zielvorgabe punktgenau.

Legale Autoschieber und schädliche Regeln

Inzwischen sind gar spezielle «Autoschieber»-Firmen entstanden. Ihr völlig legales Geschäftsmodell ist die Vermittlung von emissionsarmen Autos, um den Ausstoss der Importflotten zu drücken. So lagen 2020 bei den Personenwagen nur noch zwei Importflotten zu hoch. Rechnet man die Strafzahlungen auf die einzelnen Autos um, werden diese bloss um 0,8 beziehungsweise 3,3 Prozent teurer. Der Anreiz, verbrauchsärmere Autos einzuführen, ist gering.

Eine der Sanktionsregeln ist sogar kontraproduktiv, wie ein neuer Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) zeigt. Bei Autos mit Verbrennungsmotoren gilt nämlich: je schwerer das Fahrzeug, desto höher die CO₂-Emission. Um die Käufer von grösseren Autos nicht überproportional zu bestrafen, wurde der Gewichtsfaktor mit höheren Grenzwerten abgemildert. Und hier profitieren die Importeure nochmals vom Mix mit den E-Autos: Weil Elektrofahrzeuge und Hybridautos schwerer sind als vergleichbare Verbrenner, erhöhen sie das Durchschnittsgewicht einer Flotte. Und damit auch den CO₂-Grenzwert.

Die EFK empfiehlt dem Bund deshalb, Elektro- und Hybridautos bei der Berechnung des Durchschnittsgewichts wegzulassen. Vor allem aber zeigt ihr Bericht, dass die Schweiz mit den bisherigen Massnahmen den Anschluss verpasst hat.

Schweiz gesellt sich zum Osten

Stiessen Neuwagen in der Schweiz im Jahr 2021 130 Gramm CO₂ pro Kilometer aus, haben neu zugelassene Autos in Norwegen durchschnittlich keine 30 Gramm in die Luft geblasen. Auch Holland ist gut unterwegs. Auf etwa 95 Gramm CO₂ je Kilometer kamen die Niederländer 2021. Hier schreckt die Käufer eine Busse ab. Konkret wirkt sich diese laut EFK wie folgt aus: Das 2020 am häufigsten in die Schweiz importierte Auto war der Skoda Octavia 2.0 TDI 4x4. Bei der Erstzulassung eines solchen Dieselfahrzeugs würde in Holland eine Zahlung von 18'000 Euro fällig. Happige Zusatzkosten für ein Auto, das selbst nur rund 35'000 Euro kostet.

Beim Kauf von emissionsfreien Autos entfällt diese Zahlung in den Niederlanden aber fast gänzlich. Das zeigt Wirkung: Auf Hollands Strassen sind auffällig viele Elektroautos unterwegs. Aber das beschriebene Skoda-Modell wird in den Niederlanden praktisch nicht mehr verkauft.

Bundesrat will E-Autos besteuern

Nur Zypern, Estland, Lettland und Bulgarien sowie weitere osteuropäische Länder sind in Europa beim CO₂-Ausstoss noch schlechter als wir. Der wichtigste Grund dafür ist unsere Kaufkraft. Man kann sich hierzulande viele PS, ein hohes Fahrzeuggewicht und Allradantrieb leisten.

Und die Schweiz könnte noch weiter zurückfallen, da der Bundesrat in die Gegenrichtung einschwenkt: Er schlägt vor, ab 2024 auf den Importpreis von Elektrofahrzeugen eine Automobilsteuer von 4 Prozent zu erheben.

Flickenteppich bei Motorfahrzeugsteuer

Einer generellen Förderung von umweltfreundlichen Fahrzeugen steht der Föderalismus entgegen. Die Kantone befinden selbst über die Ausgestaltung der Motorfahrzeugsteuer und einmalige Beiträge oder Abgaben.

Nur in den Kantonen Basel-Stadt und Neuenburg fliesst die CO₂-Emission in die Berechnung der Motorfahrzeugsteuer ein. In 14 Kantonen wird das Fahrzeuggewicht in die Steuerberechnung miteinbezogen. Und weil – wie erwähnt – Elektrofahrzeuge schwerer sind als Verbrenner, zahlen E-Auto-Lenker in diesen Kantonen mehr als für Dieselautos und Benziner. Nur in drei Kantonen sind Elektroautos laut der EFK völlig steuerbefreit.

Preis ist tausendmal höher

Selbst wenn es eine Steuererleichterung gibt, sind diese so gering, dass sie das Kaufverhalten nicht beeinflussen. So spart eine Genferin beim Kauf eines 3er-Teslas gerade einmal 727 Franken ein. Eine Nidwaldnerin kommt 320 und eine Baslerin 300 Franken günstiger. Ein St. Galler spart 257 Franken. In Obwalden sind es 62 Franken.

Und die Einsparung, auf die man im Thurgau zählen kann, beträgt 48 Franken – für ein Auto wohlgemerkt, das laut dem deutschen Automobilclub ADAC etwa tausendmal teurer ist. (pt)

Einer generellen Förderung von umweltfreundlichen Fahrzeugen steht der Föderalismus entgegen. Die Kantone befinden selbst über die Ausgestaltung der Motorfahrzeugsteuer und einmalige Beiträge oder Abgaben.

Nur in den Kantonen Basel-Stadt und Neuenburg fliesst die CO₂-Emission in die Berechnung der Motorfahrzeugsteuer ein. In 14 Kantonen wird das Fahrzeuggewicht in die Steuerberechnung miteinbezogen. Und weil – wie erwähnt – Elektrofahrzeuge schwerer sind als Verbrenner, zahlen E-Auto-Lenker in diesen Kantonen mehr als für Dieselautos und Benziner. Nur in drei Kantonen sind Elektroautos laut der EFK völlig steuerbefreit.

Preis ist tausendmal höher

Selbst wenn es eine Steuererleichterung gibt, sind diese so gering, dass sie das Kaufverhalten nicht beeinflussen. So spart eine Genferin beim Kauf eines 3er-Teslas gerade einmal 727 Franken ein. Eine Nidwaldnerin kommt 320 und eine Baslerin 300 Franken günstiger. Ein St. Galler spart 257 Franken. In Obwalden sind es 62 Franken.

Und die Einsparung, auf die man im Thurgau zählen kann, beträgt 48 Franken – für ein Auto wohlgemerkt, das laut dem deutschen Automobilclub ADAC etwa tausendmal teurer ist. (pt)

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