Bewegung ist untendurch
Operation «Libernöd»

Sie gelten als modern, progressiv und Anti-SVP. Doch die Tage, an denen die Operation Libero sich auch sympathisch nennen konnte, sind gezählt. Von rechts bis links fühlen sich Parteien von der schwer fassbaren Bewegung gekränkt.
Publiziert: 15.10.2020 um 11:37 Uhr
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Aktualisiert: 06.01.2021 um 10:36 Uhr
Noa Dibbasey

Gegründet wurde die Operation Libero (OL) mit einem Daseinszweck: Dem Kampf gegen die SVP. Und darin war sie gut. Die jungen Marketingprofis der Organisation katapultierten sich rasch zu vielumworbenen Partnern bei Abstimmungen. Von der FDP bis zur SP gingen die Liberos Bündnisse ein, um der Sünneli-Partei die Stirn zu bieten. So machte sich Operation Libero natürlich auch bei der letzten Abstimmung gegen die Begrenzungs-Initiative stark.

Die Operation war hip, erfolgreich und jede Partei wollte sie zu ihrem Kampagnenpartner machen. Doch diese Zeiten sind vorbei. Ihre Widersprüchlichkeit brachte das Fass zum Überlaufen.

Grund dafür, dass die Liberos bei Bürgerlichen Sympathien verspielt haben, ist die Konzernverantwortungs-Initiative (Kovi). Dass die «liberale» Operation Libero diese befürwortet, nimmt die FDP fast schon persönlich. Die Liberos bezeichnen die Gegner der Kovi gar als «Halunken». Für FDP-Ständerat Ruedi Noser (59) ist diese Aussage «einer direkten Demokratie unwürdig».

Mit der Befürwortung der Konzernverantwortungs-Initiative zieht die Operation Libero den Groll verschiedenster Parteien auf sich.
Foto: Rod Kommunikation
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«Operation Libero? Eher Operation Opportunismus!»

Aber auch von links wird Kritik laut. «Die Operation Libero ist da, wo es ihnen nicht weh tut», meint SP-Nationalrätin Tamara Funiciello (30). Die Liberos nähmen sich gerne derjenigen Themen an, die «en vogue» sind. «Nach den brillianten Abstimmungsergebnissen trauen sie sich, die Kovi zu unterstützen», so Funiciello. Anliegen wie das Asylwesen, das die OL, als «mehrheitlich weisse, zukünftig gut bezahlte Studis», nichts angehe, blieben aber auf der Strecke, wirft sie OL vor. Solche Menschen wolle sie nicht in ihrem Lager haben.

Es passiert selten, dass der Präsident der Jungfreisinnigen Funiciellos Sicht teilt, aber auch Matthias Müller (28) findet: «Sie sind einfach nur überall dort zu finden, wo scheinbar populäre Themen diskutiert werden – einzig dann springen sie auf den Zug auf.» Staatstragende und unaufregende Aufgaben, etwa in den Gemeinden, würden sie nicht interessieren – diese blieben an den Parteien hängen, meint er. «Operation Libero? Eher Operation Opportunismus!»

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Liberal gegen Libero

Die Co-Präsidentin von Operation Libero, Laura Zimmermann (28), versteht die Wut der Parteien. «Wir können freier entscheiden, wo wir uns involvieren wollen.» So solle das aber auch sein, «wir verstehen uns als eine liberale Bewegung und nicht als Partei», meint Zimmermann.

Moderner, progressiver Liberalismus? Auch das stösst den Liberalen auf. «Die Operation Libero füllt den Begriff Liberalismus mit Inhalten, die mit liberalen Prinzipien nicht in Einklang zu bringen sind – die Kovi zeigt beispielsweise eindrücklich, dass sie in Tat und Wahrheit im Seitenwagen der Linken sitzen.», wettert Müller.

«OL betreibt richtigen Liberalismus»

Zimmermann findet diese Vorwürfe nicht überraschend: «Es gibt sie seit dem Anfang.» Gesellschafts- und Wirtschaftsliberalismus würden einander bedingen. «Aus unserer Sicht gibt es eine Tendenz der FDP, nur wirtschaftsliberal zu sein – das ist halt ein anderes Verständnis des Begriffs», lässt sie die Kritik an sich abprallen.

Und hier hat sie die Unterstützung der SP: Das Verdienst der Operation Libero sei es bloss, «dass sie aufgezeigt haben, wie verflucht rechts die FDP eigentlich ist», meint Funiciello. «Die Operation Libero versteht den Liberalismus richtig» – nämlich als gleiche Rechte für alle. Inhaltlich und strategisch spiele die Grupper aber keine wichtige Rolle.

Die Liberos lassen sich nicht abbringen

Vielleicht ist der Stern der Operation aber auch aus einem ganz anderen Grund am Sinken: Die SVP ist weit weniger stark und gefürchtet als in den Anfangszeiten der Liberos. Das Bild der urbanen Jungen, die sich gegen die Abschottung durch die alten Männer wehren, passt nicht mehr – wenn diese Männer schwächeln und kein Gehör mehr finden.

Doch das kann sich ändern. Trotz Neid, Angst vor einem neuen Modell oder Wut, die Liberos machen weiter. Nur weil sie momentan den Groll von links und rechts auf sich ziehen, wollen sie sich nicht ändern. «Eine politische Bewegung kann freier, aber auch vehementer auf unangenehme Themen aufmerksam machen», sagt Zimmermann. Und sie kann schneller reagieren – als unberechenbare Bewegung.

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