Breite Allianz will Bundesrat stoppen
Initiative gegen Waffenexporte vorgestellt

Der Bundesrat will Waffenexporte selbst für Bürgerkriegsländer lockern. Dagegen hat sich eine breite Allianz gebildet. Mit einer neuen Volksinitiative will sie die Lockerung verhindern.
Publiziert: 10.09.2018 um 09:59 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 22:53 Uhr
«Viele Leute sind entsetzt»
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SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf:«Viele Leute sind entsetzt»
Ruedi Studer

Schweizer Handgranaten kommen nicht nur in Syrien zum Einsatz, sondern auch in Libyen, wie der «SonntagsBlick» publik machte. Ein weiterer Fall, der den Gegnern einer weiteren Waffenexport-Lockerung die Zornesröte ins Gesicht treibt.

Jetzt mobilisiert eine breite «Allianz gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer» gegen die vom Bundesrat geplante Lockerung der Kriegsmaterialverordnung. Mit einer «Korrektur-Initiative» will sie den Entscheid stoppen.

Und noch mehr: Auch einen Beschluss von 2014 will die Allianz rückgängig machen. Damals gab das Parlament grünes Licht dafür, dass Kriegsmaterial selbst in Länder exportiert werden darf, welche die Menschenrechte schwerwiegend und systematisch verletzen.

Die Initiative legt klare Regeln fest, unter welchen Umständen Waffen exportiert werden dürfen – oder eben nicht. Klar ist dabei: Die bunte Allianz will kein totales Exportverbot. Bei internationalen Konflikten bleiben gewisse Waffenexporte weiterhin möglich: Zum Beispiel, wenn es sich dabei um einen Einsatz unter Uno-Mandat handelt.

GLP-Nationalrat Beat Flach: «Es geht um das Einhalten von breit verankerten und anerkannten Grundprinzipien der Schweiz, für die unser Land als Verwahrer und Depositärstaat der Genfer Konventionen traditionell steht.»
Foto: EQ Images
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GLP-Flach: «Bundesrat will Versprechen brechen»

«Es geht nicht um ein gänzliches Verbot, Rüstungsgüter zu
exportieren», betonte GLP-Nationalrat Beat Flach (53, AG) vor den Medien. Der Erhalt einer heimischen Forschungs- und Herstellungsindustrie liege ihm am Herzen. «Hier und jetzt geht es vielmehr um das Einhalten von breit verankerten und anerkannten Grundprinzipien der Schweiz, für die unser Land als Verwahrer und Depositärstaat der Genfer Konventionen traditionell steht.»

Im Abstimmungskampf zur Kriegsmaterial-Initiative 2009 habe der Bundesrat zudem versprochen, die Ausfuhrkriterien nicht zu lockern, so Flach. «Dieses Versprechen will der Bundesrat nun brechen.»

«Affront für Entwicklungshilfe»

SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf (50, ZH) hinterfragt derweil die Kontrollmöglichkeiten bei Waffenexporten. «Auch heute mit der jetzigen Gesetzgebung gelingt es bereits nicht zu verhindern, dass Schweizer Kriegsmaterial in internen Konflikten eingesetzt wird.»

Noch schwieriger werde dies bei Exporten in Bürgerkriegsländer. Für die SP-Frau ist klar: «Niemand kann garantieren, dass Schweizer Kriegsmaterial nicht in bewaffneten Konflikten eingesetzt wird.»

Für die Entwicklungshilfe-Organisationen sei der Bundesratsentscheid ein Affront, so Helvetas-Präsidentin Therese Frösch (67): «Es darf nicht sein, dass Waffen aus der gleichen Schweiz jene Bürgerkriege anheizen, für welche sie diplomatisch friedliche Lösungen sucht und in denen sie humanitär hilft.»

Demokratische Legitimation

BDP-Chef Martin Landolt (50, GL) stört sich insbesondere daran, dass der Bundesrat in Eigenregie über die Exportlockerung entscheiden kann. Für ihn gehören solch Entscheide aufgrund ihrer Bedeutung vors Parlament und allenfalls sogar vors Volk.

«Die Spielregeln rund um Waffenexporte gehören zum Wertekompass unseres Landes», so Landolt. Deshalb müssten sie auf eine breitere demokratische Basis gestellt werden. Einen entsprechenden Vorstoss hat Landolt bereits eingereicht (BLICK berichtete).

25'000 Unterschriftensammler gesucht

Die Lockerungsgegner fordern mehr Demokratie bei Waffenexporten – und gehen mit gutem Beispiel voran: Ihre Initiative wollen sie nur lancieren, wenn in den nächsten zwei Wochen mindestens 25'000 Supporter jeweils vier Unterschriften zusagen. 

«Dann werden wir ein Fazit ziehen und schauen, ob die Bevölkerung diese Initiative überhaupt will», so GSoA-Sekretär Lewin Lempert (22).

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