Ehering, Uni-Abschluss, Sternzeichen Widder
Die Zauberformel, um Bundesrat zu werden

Ehering, Uni-Abschluss, den richtigen Geburtstag: Eine Analyse aller Bundesräte seit Einführung der Zauberformel 1959 zeigt, was es braucht, um es ins Siebnergremium zu schaffen.
Publiziert: 03.12.2018 um 00:42 Uhr
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Aktualisiert: 04.12.2018 um 15:55 Uhr
Die meisten Bundesräte waren bislang reformiert. Ruth Dreifuss (Bundesrätin 1993–2002) war die einzige Jüdin.
Foto: Keystone
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Vinzenz Greiner und Sermîn Faki

Das grosse Bundesraten hat begonnen: Wer wird am Mittwoch ins Siebnergremium gewählt? Klar ist, dass es zwei Frauen sein werden – eine Premiere. Es wurden noch nie zwei Frauen gleichzeitig in die Landesregierung gewählt. Betrachtet man die Geschichte, waren stets Männer im Vorteil. Und das auch seit 1971, als das Frauenstimmrecht eingeführt wurde!

Abgesehen vom Geschlecht – welche Eigenschaften sind von Vorteil, wenn man Bundesrat werden will? BLICK hat das private, berufliche und politische Leben aller 48 Bundesräte seit Einführung der Zauberformel 1959 genau angeschaut. Und ist auf Muster gestossen.

Gutbürgerliche Verhältnisse

Ein Ehering am Finger gehört beinahe zur Eintrittskarte in den Bundesrat: 46 von 48 Bundesräten waren oder sind verheiratet, der Neuenburger Pierre Graber (1908–2003, SP) sogar drei Mal. Knapp 80 Prozent hatten oder haben Kinder – der Obwaldner Ludwig von Moos (1910–1990, CVP) und der Walliser Roger Bonvin (1907–1982, CVP) deren sieben.

Die Zeiten haben sich aber gewandelt: Schon heute sind die Kinderlosen in der Bundesratsmehrheit, und mit Karin Keller-Sutter (54, FDP), Viola Amherd (56, CVP) und Heidi Z'graggen (52, CVP) würde sich das noch verstärken.

Die Ersten werden die Höchsten sein

Überraschend: Wer in der ersten Jahreshälfte auf die Welt kam, hat bessere Chancen aufs höchste Amt. Über 56 Prozent aller Bundesräte seit 1959 haben in den ersten sechs Monaten Geburtstag. Das bestätigt die Theorie, dass es die «Frühgeborenen» weiterbringen.

Die grössten Chancen haben offenbar Widder: Ganze acht der 48 untersuchten Bundesräte sind in diesem Sternkreiszeichen geboren, unter anderen Pascal Couchepin (76, FDP), Alain Berset (46, SP) und Ignazio Cassis (57, FDP).

Erstaunen muss das nicht. Widder gelten als geborene Anführer – willensstark und abenteuerlustig. Auch Wassermänner sind in der Landesregierung gut vertreten. Für die bevorstehende Wahl spräche das für Z'graggen und Wicki ... Viola Amherd hingegen wäre erst der zweite Zwilling im Bundesrat. Der erste war Ruth Metzler (54, CVP).

Früh übt sich, ...

Wer das Land regieren will, sollte das früh aufgleisen: Im Schnitt schlugen spätere Bundesräte ihre politische Laufbahn mit gut 32 Jahren ein. Gut 54 Prozent haben die Ochsentour gemacht – von der Gemeinde- über die Kantonsebene und das nationale Parlament.

Ein Sitz dort ist entscheidend für die Wahl in die Regierung. Als National- oder Ständerat kann man sich vernetzen mit jenen, die den Bundesrat wählen. Bis auf sechs sassen alle 48 Bundesräte von Max Petitpierre (1899–1994, FDP) bis Cassis im nationalen Parlament.

(Fast) alles ehemalige Studenten

Ebenso wichtig scheint die Ausbildung zu sein: Mehr als acht von zehn Bundesräten seit 1959 haben einen Studienabschluss. 20 waren sogar Dr. Bundesrat, vier Professoren.

Wird allerdings FDP-Favoritin Keller-Sutter gewählt, so wäre die Bundesratsmehrheit ohne klassisch akademische Ausbildung: Keller-Sutter hat keine Matura, sondern ein Handelsdiplom, Simonetta Sommaruga (58) ist ausgebildete Konzertpianistin, Ueli Maurer (67) hat eine KV-Lehre in der Tasche. Guy Parmelin (59) ist Weinbauer.

Juristen mit Vorteil

Historisch gesehen sind allerdings diejenigen im Vorteil, die sich im Job mit Recht befassen: Die Hälfte aller Bundesräte seit 1959 arbeitete vor dem Eintritt in die Regierung in Anwaltskanzleien und Notariatsbüros oder in verschiedenen Funktionen an Gerichten.

Bald könnte der Bundesrat quasi «rechtlos» dastehen: Aktuell ist Doris Leuthard (55) die einzige Juristin. Nur Amherd könnte für Kontinuität sorgen: Sie ist Anwältin und Notarin und hatte schon den Richterhammer in der Hand.

Cassis ist mehrfacher Exot

Beruflicher Exot ist der aktuelle Aussenminister Ignazio Cassis: Er ist der einzige Arzt seit 1959. Und er gehört noch einer weiteren Minderheit im Bundesrat seit 1959 an: jener der Katholiken. Nur 18 der 48 Bundesräte haben ein Faible für Maria und den Papst, 27 sind oder waren reformiert. Ruth Dreifuss (78, SP) ist die einzige Jüdin, mit Simonetta Sommaruga und Hans Schaffner (1908–2004, FDP) gab es seit 1959 nur zwei Konfessionslose im Bundesrat.

Schaffner war ohnehin der «bunte Vogel» in der Landesregierung: Er war nur Hilfsdienstangehöriger in der Armee, hat die Ochsentour komplett übersprungen und wurde aus dem Stand mit 52 Jahren Bundesrat und Vorsteher des Wirtschaftsdepartements.

Sein schlagendes Argument: Der «Vater der Europäischen Freihandelszone Efta» war Wirtschaftsexperte und als Direktor der Handelsabteilung der wohl mächtigste Beamte des Landes.

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