So läuft ein Bundesrats-Hearing: Karin Keller-Sutter (FDP) und Thomas Aeschi (SVP) erzählen
Bei der CVP wird gelacht, andere stellen sehr private Fragen

Frühere Bundesratskandidaten erinnern sich mit gemischten Gefühlen an ihre Hearings. Für SVP-Mann Thomas Aeschi war es 2015 jedenfalls keine lockere Angelegenheit. Und FDP-Frau Karin Keller-Sutter durfte 2010 nur zu CVP und SP.
Publiziert: 12.09.2017 um 11:34 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 13:40 Uhr
SVP-Nationalrat Thomas Aeschi trat 2015 als Bundesratskandidat an. Das Bild zeigt ihn nach dem Hearing bei der FDP.
Foto: LUKAS LEHMANN
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Ruedi Studer

Heute Dienstag gilt es für die drei Bundesratskandidaten Isabelle Moret (46), Pierre Maudet (39) und Ignazio Cassis (56) ernst: Bei SVP, CVP und Grünen müssen die FDP-Politiker zu den Hearings antreten. SP, BDP und GLP folgen nächste Woche.

Je eine halbe Stunde haben sie Zeit, Position zu beziehen, Ideen zu präsentieren und kritische Fragen zu parieren. Mit Samthandschuhen werden die Kandidaten jedenfalls nicht angefasst!

SP schonte Aeschi nicht

Das weiss auch SVP-Nationalrat Thomas Aeschi (38, ZG), der die Anhörungs-Tour 2015 als Bundesratskandidat absolvierte. «Ich habe mich nicht gerade wie in einem Polizeiverhör gefühlt, aber eine lockere Angelegenheit war es auch für mich nicht», so Aeschi zu BLICK. «Man weiss nie, was einen erwartet, aber man spürt schnell, ob ein gewisser Goodwill vorhanden ist oder nicht.»

Guten Willen spürte er bei den Freisinnigen. «Das FDP-Hearing war sehr strukturiert und straff geführt. Inhaltlich standen wirtschafts- und finanzpolitische Fragen im Vordergrund.»

Ganz anders bei der SP: «Die Skepsis mir gegenüber hat man schon den Blicken der Leute angesehen. Da wurde ich kein bisschen geschont.» Bei der Befragung sei es vor allem um Ausländerthemen oder Minderheitenschutz gegangen. «Auch den Vorwurf der Abschottungspolitik musste ich mir anhören», so Aeschi. «Die meisten hatten eine vorgefasste Meinung mir gegenüber.»

Er habe sich jedenfalls nicht verbogen, betont der SVP-Mann – und fügt lachend hinzu: «Gerade bei der SP sind die Fragen dadurch nicht angenehmer geworden.»

«Man muss sich selber sein»

Trotzdem rät Aeschi dem FDP-Trio: «Das Wichtigste ist: Man muss sich selber sein und vertreten, woran man politisch glaubt. Alles andere wäre unglaubwürdig.» Gewählt wurde dann zwar Parteikollege Guy Parmelin (57), doch für Aeschi war das Ganze «eine spannende Erfahrung».

FDP-Ständerätin Karin Keller-Sutter kandidierte 2010 für die Merz-Nachfolge. Das Bild zeigt sie nach dem Hearing bei der SP.
Foto: EQ Images

«Man muss einfach sich selbst sein und nicht versuchen, eine Rolle zu spielen», gibt auch FDP-Ständerätin Karin Keller-Sutter (53, SG) ihren Kollegen mit auf den Weg. «Ich habe meine Überzeugungen vertreten – unabhängig vom Publikum.»

Allerdings: Ein allzu grosses Publikum hatte Keller-Sutter nicht, als sie 2010 neben Johann Schneider-Ammann (65) für die Nachfolge von Hans-Rudolf Merz (74) kandidierte. Sie war nämlich nur bei SP und CVP zur Anhörung geladen, da SVP und Grüne damals eigenen Kandidaturen lanciert hatten. 

«SP war nicht angriffiger als die CVP»

«Ich habe die Hearings insgesamt als anregend, jedenfalls nicht als unangenehm empfunden» erinnert sie sich. Die Diskussionen seien interessant gewesen.

Und biss sie bei der Linken auch auf Granit wie SVP-Aeschi? «Aus meiner Sicht war die SP nicht angriffiger als die CVP», sagt die FDP-Frau. Allerdings sei es in der CVP lockerer gewesen, weil sie dort schon einige Personen aus der früheren Regierungsarbeit kannte.

«Zudem wusste ich, dass ich bei der CVP auf den aktiven Support einiger Fraktionsmitglieder zählen konnte», so Keller-Sutter. Und: «Ich kann mich erinnern, dass wir in der CVP auch gelacht haben.» 

Auch negative Momente

Natürlich habe es auch «eher negative Momente» gegeben, räumt die Ständerätin ein. Genauer darauf eingehen mag sie aber nicht. «Diese sind für mich Geschichte und für mich vorbei. Ich bin auch kein nachtragender Mensch.»

Grenzen überschritten wurden bei Aeschi, auch wenn er nicht konkret werden will: «In einer kleineren Fraktion ist die Atmosphäre etwas familiärer, da wurden teilweise sehr private Fragen gestellt, die aber zu weit gingen.» Das habe er bei der Fraktionsspitze auch entsprechend moniert. 

Übrigens wird den Kandidaten nicht nur inhaltlich auf den Zahn gefühlt, sondern auch sprachlich, wie Aeschi erzählt: «Ich wurde auch auf Französisch und Englisch befragt – und habe auch jeweils in den entsprechenden Sprachen geantwortet. Vor allem bei den grossen Parteien wurden die Sprachkompetenzen getestet.»

Wichtige Hearings 

Das aktuelle Kandidatentrio dürfte mit einem mulmigen Gefühl in die Hearings gehen. Diese können auf die Wahl entscheidenden Einfluss haben. So punktete 1999 CVP-Kandidatin und Top-Favoritin Rita Roos (65) in den Anhörungen zwar fachlich, ihre Konkurrentin Ruth Metzler (53) dafür mit ihrer Spontanität. Am Ende machte Metzler das Rennen.

Die Hearings sind damit vor allem für den als Aussenseiter angetretenen Maudet die grosse Chance, im Parlament Boden gutzumachen.

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