Sie ist die erste Bundesrätin aus dem Jura
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Elisabeth Baume-Schneider:Sie ist die erste Bundesrätin aus dem Jura

SP-Bundesrätin wechselt ins Innendepartement
Baume-Schneider flüchtet vor der SVP

Die bisherige SP-Justizministerin will sich nicht mehr ums Asyldossier kümmern. Sie wechselt ins Innendepartement. Bundesrats-Neuling Beat Jans wird Migrationsminister. Viele sind damit unglücklich.
Publiziert: 14.12.2023 um 20:45 Uhr
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Aktualisiert: 14.12.2023 um 22:18 Uhr
Elisabeth Baume-Schneider übernimmt das freiwerdende Departement des Innern von Alain Berset.
Foto: keystone-sda.ch
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Es ist eine faustdicke Überraschung: Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider (59) verlässt das Justiz- und Polizeidepartement (EJPD), das sie erst vor einem Jahr übernommen hat. Die Jurassierin zieht es ins Innendepartement (EDI), das in den letzten zwölf Jahren von Alain Berset (51) geführt worden war. 

«Ich freue mich, die Verantwortung für das EDI zu übernehmen und mein Fachwissen und meine Energie in den Dienst des sozialen Sektors, insbesondere der Gesundheit und Kultur, zu stellen. Das EJPD ist bei meinem Kollegen Beat Jans sicher in guten Händen», twitterte sie am Donnerstagabend.

Sie war die SVP-Angriffe leid

Hinter den Kulissen erzählt man sich, Baume-Schneider fliehe vor den andauernden Angriffen der SVP. «Das ist eine Flucht», sagt auch Mitte-Präsident Gerhard Pfister (61) zum «Tages-Anzeiger»

Die SVP hat sich tatsächlich geradezu auf die Asylministerin eingeschossen. Wie auch auf andere linke Frauen in diesem Departement, man denke nur an Simonetta Sommaruga (63) – die dem Sturm allerdings acht Jahre trotzte.

Aus Baume-Schneider nahestehenden Kreisen wird auch kolportiert, dass die Aufgaben im EDI der ehemaligen Sozialarbeiterin näher lägen als Migrationsfragen und die Juristerei. So leitete die gelernte Sozialarbeiterin einst die Hochschule für soziale Arbeit und Gesundheit in Lausanne. Der Kulturbereich liegt ihr ebenfalls, amtete sie während ihrer Zeit als jurassische Staatsrätin doch als Bildungs-, Kultur- und Sportdirektorin.

SVP-Aeschi «in grosser Sorge»

Nur: Viel Zeit für Schöngeistiges wird Baume-Schneider kaum haben: Im Departement warten grosse Baustellen – sowohl die Sozialversicherungen wie AHV und IV als auch das Gesundheitswesen stehen unter ständigem Reformdruck. 

Dass Baume-Schneider diese meistern kann, wird weitherum bezweifelt. SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (44) ist hier bei weitem nicht der Einzige. Er sagt aber offen, er sei in grosser Sorge. «Wir stehen im Bereich der Sozialversicherungen und im Gesundheitswesen vor riesigen Herausforderungen. Die brauchen eigentlich eine starke Führungspersönlichkeit und das ist Frau Baume-Schneider nicht.»

«Sehr erstaunt»

Mitte-Gesundheitspolitiker Lorenz Hess (62) meint: «Falls Frau Baume-Schneider einfach ein anderes Departement gesucht haben sollte, weil sie mit ihrem nicht mehr zufrieden war, wäre ich schon sehr erstaunt, dass sie gerade im Innendepartement landet. Aus meiner Sicht ist das EDI alles andere als ein Ausweichdepartement.»

Auch in der Bundesverwaltung ist die Skepsis enorm. Die SP hätte den Wechsel verhindern müssen, betonen hochrangige Beamte. Baume-Schneider werde im EDI nie einen Fuss auf den Boden kriegen. Das Departement sei so schwierig, dass es wirklich einen herausragenden Bundesrat brauche – weshalb die meisten Bundesräte auch davor zurückschreckten. In bürgerlichen Departementen heisst es: «Alain Berset konnte das, Baume-Schneider aber tut der Schweiz damit keinen Gefallen.»

SVP bekommt ein neues Feindbild

Der Departementswechsel heisst auch, dass die SVP ein neues Feindbild erhält. Neuling Beat Jans (59) amtet ab dem 1. Januar 2024 als Justizminister und muss sich mit den nicht allzu komplexen, aber herausfordernden und unbeliebten Migrationsfragen herumschlagen.

Das EJPD bietet Jans aber durchaus Chancen: Das EU-Dossier dürfte in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen, und hier kommt der Personenfreizügigkeit eine Schlüsselrolle zu. Der aus dem Dreiländereck stammende Jans hat da ein unverkrampfteres Verhältnis als andere Genossen und kann vielleicht Bewegung ins Dossier bringen.

Alle anderen Bundesräte bleiben in ihren Departementen. In Bern war damit gerechnet worden, dass alle bisherigen Bundesräte ihre Departemente behalten. Am ehesten wurde FDP-Aussenminister Ignazio Cassis (62) ein Wechsel zugetraut. Als Arzt wäre er für das Innendepartement prädestiniert gewesen und hätte so das heisse Eisen «EU-Dossier» abgeben können. 

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