Bundesverwaltungsgericht rügt Sommaruga
Anwohnerin beschwerte sich – Kraftwerk Birr war illegal

Um für einen Strom-Notfall gerüstet zu sein, hat die ehemalige Bundesrätin Simonetta Sommaruga im Aargau ein Reservekraftwerk bauen lassen. Nun urteilt ein Gericht: Die Bewilligung für das Kraftwerk war nicht rechtens.
Publiziert: 23.02.2024 um 12:00 Uhr
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Aktualisiert: 28.02.2024 um 10:32 Uhr

Rüge für alt Bundesrätin Simonetta Sommaruga (63). Gemäss einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Freitag hätte die ehemalige Energieministerin dem Reservekraftwerk Birr im Kanton Aargau keine Betriebsbewilligung erteilen dürfen.

Der Bundesrat hatte Anfang 2022 gehandelt, weil er ein Risiko für einen Energie-Engpass in der Schweiz sah. Er rechnete damit, dass im Winter 2022/2023 im Notfall nicht genügend Strom importiert werden könnte.

Beschwerde einer Anwohnerin erfolgreich

Um vorzusorgen, plante der Bundesrat um die damalige Energieministerin Sommaruga den Bau eines temporären Reservekraftwerks in Birr. Er stützte sich bei seinem Entscheid auf das Landesversorgungsgesetz. Dieses erlaubt ihm, bei einer schweren Mangellage zeitlich begrenzte wirtschaftliche Interventionsmassnahmen zu ergreifen.

Der Bau des temporären Reservekraftwerks in Birr AG war illegal.
Foto: KEYSTONE/MICHAEL BUHOLZER
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Bloss: Eine Anwohnerin beschwerte sich über diese Massnahme. Sie gelangte – mit Unterstützung der Bewegung Klimastreik Schweiz – ans Bundesverwaltungsgericht und argumentierte, dass kein schwerer Energiemangel vorliege und daher die Betriebsgenehmigung für das Kraftwerk ungültig sei. Zudem beschwerte sich wegen des Klima- und Lärmschutzes. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Beschwerde gegen das Umwelt-, Verkehrs-, Energie- und Kommunikationsdepartement (Uvek) sowie gegen den Kraftwerk-Betreiber General Electric gutgeheissen.

Annahme eines schweren Mangels nicht ausreichend begründet

Im Urteil schreiben die Richter, dass der Bundesrat zwar das Recht hat, bei einem drohenden Energiemangel einzugreifen. Dies müsse allerdings im Einklang mit Gesetz und Verfassung geschehen. Es stellte fest, dass die Annahme eines schweren Mangels für den Winter 2022/2023 nicht ausreichend begründet wurde. Daher sei die gesetzliche Grundlage für das Kraftwerk nicht gegeben gewesen.

«Ich freue mich riesig über den Entscheid des Gerichts», lässt die Beschwerdeführerin aus Birr über Klimastreik Schweiz ausrichten. Dieser fordert nun, dass das fossile Reservekraftwerk umgehend zurückgebaut werde, da für dessen Existenz keine Grundlage bestehe. Und weiter: Die Kraftwerke in Cornaux NE und Monthey VS sollen ebenfalls nicht mehr länger als Reserve unter Vertrag des Bundes stehen. Ausserdem müsse die Ausschreibung von neuen fossilen Kraftwerken, welche bis 2041 in Betrieb sein könnten, abgebrochen werden.

Unmittelbare Konsequenzen hat das Urteil allerdings nicht, da die Betriebsbewilligung nur bis März vergangenen Jahres galt. Sommarugas Nachfolger Albert Rösti (56) wird aus dem Entscheid aber seine Lehren ziehen müssen, sollte wieder einmal eine Mangellage befürchtet werden. Das Reservekraftwerk steht noch bis 2026, dann muss es zurückgebaut werden. Um es in Betrieb zu nehmen, müsste die Regierung eine Bewilligung erteilen.

Das Uvek muss nicht einmal Verfahrenskosten zahlen. Die 1500 Franken werden – so will es das Verwaltungsrecht – dem Kraftwerk-Besitzer General Electric auferlegt. (oco)

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