Cassis, Moret und Maudet wollen Burkhalters-Sitz
So stehen die Chancen der drei Bundesrats-Kandidaten

Jetzt ist klar: Zwei Kandidaten und eine Kandidatin wollen in den Bundesrat einziehen. Die grosse BLICK-Analyse zeigt, wer bei welchen Parteien und Interessengruppen am besten ankommt.
Publiziert: 11.08.2017 um 11:41 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 16:01 Uhr
Wer hat die besten Wahlchancen?
2:21
Cassis, Moret oder Maudet:Wer hat die besten Wahlchancen?
Nico Menzato und Lea Hartmann

Das Rennen um die Nachfolge von FDP-Bundesrat Didier Burkhalter geht in die zweite, entscheidende Etappe. Nachdem gestern Jacqueline de Quattro (57) ihre Kandidatur zurückgezogen hat, steht fest, wer Nachfolgerin oder Nachfolger von Didier Burkhalter (57) werden will. Heute endet die Meldefrist.

Drei Kandidaten aus drei Kantonen kämpfen um den Einzug in den Bundesrat.

Kronfavorit bleibt FDP-Fraktionspräsident Ignazio Cassis (56). Sein Trumpf: seine Herkunft. Die Bundesversammlung dürfte den Anspruch des Tessins am Ende höher gewichten als den der Frauen, sagte CVP-Präsident Gerhard Pfister (54) kürzlich und outete sich überraschend deutlich als Cassis-Supporter.

SVP, FDP und CVP für Cassis

Der Krankenkassen-Lobbyist kann neben der CVP insbesondere auf die Unterstützung des rechten Lagers zählen. Allein mit SVP-Support hätte er bereits knapp zwei Drittel der nötigen Stimmen. Unterstützung, die er grossmehrheitlich auf sicher hat, wie Recherchen zeigen. Auch innerhalb der FDP ist der Beistand für den Fraktionschef riesig, wie rund ein Dutzend FDPler bestätigen. Schafft es Cassis, wäre das Tessin erstmals seit 18 Jahren wieder im Bundesrat vertreten.

Die Waadtländer Nationalrätin Isabelle Moret (46), zweifache Mutter und «Vorzeigefrau», wie sie FDP-Frauen-Präsidentin Doris Fiala (60) bezeichnete, geht als Nummer zwei ins Rennen um den Bundesratssitz. Ihr Geschlecht ist ihr stärkstes Argument – insbesondere, weil die Untervertretung der Frauen nach der Rücktrittsankündigung von Doris Leuthard (54) eklatant werden könnte. Die SP und die Grünen favorisieren ganz klar Moret. Wegen des Geschlechts, aber auch, weil sie weiter links steht als der Tessiner. 

Morets Frauenbonus?

Auch die kleinen Mitteparteien dürften mehrheitlich Moret wählen. «Lieber eine Frau als ein Tessiner», sagte etwa der neue GLP-Präsident Jürg Grossen (47). Unterstützung für Moret ist zudem von Bauern zu erwarten. So stimmte sie bisher in typisch Waadtländer Manier äusserst landwirtschaftsfreundlich. Und schliesslich dürfte der eine oder andere Deutschschweizer mit Bundesratsambitionen für die Frau stimmen, damit die Geschlechterfrage bei kommenden Wahlen keine Rolle mehr spielt.

Die beiden Kandidaten mit den grössten Wahlchancen: Ignazio Cassis und Isabelle Moret.
Foto: Keystone

Gegen Moret spricht indes ihre Herkunft. Mit ihr wäre der Kanton Waadt auf längere Zeit gleich doppelt im Bundesrat vertreten. Zusammen mit den zwei Berner Bundesräten würde das eine Kantons-Konzentration darstellen, wie es sie noch nie gab. Schliesslich dürfte sie ihre Familiensituation – vom Mann getrennt mit zwei kleineren Kindern – einige Stimmen kosten.

Maudet zwischen Stuhl und Bank

Abgeschlagen auf Platz drei landet aus heutiger Sicht Pierre Maudet (39). Er dürfte zwischen Stuhl und Bank fallen – obwohl ihn Politiker von links bis rechts als «interessante Kandidatur» und «fähigen Bundesrat» bezeichnen.

Foto: KEY

Seine grösste Hürde wird es sein, überhaupt erst in die nationale Auswahl zu kommen. Die FDP tendiert zu einem Zweierticket – dass darauf ein Tessiner und eine Frau landen, scheint wahrscheinlich.

Maudets einzige Chance ist paradoxerweise der grosse Support innerhalb der FDP-Fraktion für Cassis. Um dessen Wahlchancen zu erhöhen, werden FDPler aus taktischen Gründen versuchen, Maudet neben Cassis aufs Zweierticket zu hieven. Und damit die härteste Konkurrentin von Cassis schon vorzeitig aus dem Weg zu schaffen.

Sprengkandidatin Sadis 

Sollte  Shootingstar Maudet aufs Ticket gelangen, ist vielleicht doch plötzlich alles möglich. Tritt der Genfer gegen Cassis an, müssten SP und Grüne ihn wohl zähneknirschend unterstützen. Denn im Schatten seiner Genfer Law-and-Order-Politik ist er in einigen zentralen Fragen links positioniert. Beste Beispiele: Seine pro-europäische Haltung oder das von ihm initiierte Projekt zur Legalisierung von Sans-Papiers.

«Politisch steht uns Maudet ganz klar am nächsten», sagt ein SP-Nationalrat. Ist das tatsächlich so? Maudet ist schwer auf der Links-rechts-Achse einzuordnen. Sein Smartspider-Profil, das er gestern ausgefüllt habe, zeige, dass er gar rechts von Cassis positioniert sei, wie Maudet gegenüber BLICK sagt. Damit könnte er plötzlich zum Liebling der SVP werden. 

Bundesratswahlen haben ihre eigenen Gesetze. Da den Hearings bei den Parteien erst kurz vor der geheimen Wahl am 20. September viel Bedeutung zukommt, sind Überraschungen erfahrungsgemäss nie auszuschliessen. Als mögliche Sprengkandidatin könnte sich Ex-Regierungsrätin Laura Sadis (56) in Stellung bringen. Als Frau aus dem Tessin vereint sie immerhin beide bei diesen Wahlen so entscheidenden Kriterien auf sich.

Isabelle Moret

Lausanne – Die Waadtländer FDP-Nationalrätin Isabelle ­Moret (46) will Bundesrätin werden. Ihre Kandidatur lancierte sie am Samstag via Westschweizer Fernsehen RTS.

Dass sie eine Frau sei, sei zweitrangig, so Moret, auch wenn sie vielleicht eine andere Lebenserfahrung in die Regierung­ einbringen könne. Entscheidend seien die Eigenschaften, die ­Kompetenzen sowie die Dialog- und Kompromissfähigkeit ­innerhalb der Regierung und mit dem Parlament.

Würde Moret gewählt, hätte der Kanton Waadt mit Guy Parmelin gleich zwei Vertreter im Bundesrat. Wenn es zwei kompetente Personen seien, warum nicht?, sagt Moret dazu. Es hätten auch schon zwei Zürcher und zwei Berner gleichzeitig in der Landesregierung politisiert.

Moret ist verheiratet und Mutter von zwei Kindern im Alter von elf und sieben Jahren. Moret lebt von ihrem Mann getrennt.

FDP-Nationalrätin Isabelle ­Moret (46) will Bundesrätin werden.
FDP-Nationalrätin Isabelle ­Moret (46) will Bundesrätin werden.
ANTHONY ANEX

Lausanne – Die Waadtländer FDP-Nationalrätin Isabelle ­Moret (46) will Bundesrätin werden. Ihre Kandidatur lancierte sie am Samstag via Westschweizer Fernsehen RTS.

Dass sie eine Frau sei, sei zweitrangig, so Moret, auch wenn sie vielleicht eine andere Lebenserfahrung in die Regierung­ einbringen könne. Entscheidend seien die Eigenschaften, die ­Kompetenzen sowie die Dialog- und Kompromissfähigkeit ­innerhalb der Regierung und mit dem Parlament.

Würde Moret gewählt, hätte der Kanton Waadt mit Guy Parmelin gleich zwei Vertreter im Bundesrat. Wenn es zwei kompetente Personen seien, warum nicht?, sagt Moret dazu. Es hätten auch schon zwei Zürcher und zwei Berner gleichzeitig in der Landesregierung politisiert.

Moret ist verheiratet und Mutter von zwei Kindern im Alter von elf und sieben Jahren. Moret lebt von ihrem Mann getrennt.

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