Corona entzweit Aargauer SVP-Politiker
Glarner spuckt Gift und Gallati

Dass sich SVP-Gesundheitsdirektor Jean-Pierre Gallati eine Ausweitung der Zertifikatspflicht vorstellen kann, kommt bei seinen Aargauer SVP-Kollegen schlecht an. Es ist nicht das erste Mal, dass Corona die Partei entzweit.
Publiziert: 10.08.2021 um 19:54 Uhr
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Aktualisiert: 10.08.2021 um 19:55 Uhr

Als Jean-Pierre Gallati (54) vergangenes Jahr die Wiederwahl in den Aargauer Regierungsrat schaffte, applaudierten ihm die SVP-Mitglieder im Restaurant Schützen in Aarau lautstark zu. Auch Parteipräsident Andreas Glarner (58) freute sich und dankte Gallati mit einem Blumenstrauss für seine «Büez».

Die beiden Aargauer SVP-Politiker verstehen sich gut. Beide führten einst die SVP-Fraktion im Grossen Rat. Doch Corona treibt die beiden Weggefährten auseinander. Jüngster Streitpunkt: das Covid-Zertifikat.

Glarner fordert Boykott

Gesundheitsdirektor Gallati sagte in einem Interview mit der «Aargauer Zeitung», dass er sich vorstellen könnte, das Zertifikat auch in Restaurants einzusetzen, sollte die Pandemie noch länger andauern. Er glaube, dass die Wirte im Aargau eine Ausweitung der Zertifikatspflicht unterstützen würden, wenn eine solche käme.

Der Aargauer Gesundheitsdirektor Jean-Pierre Gallati hält das Covid-Zertifikat für eine gute Sache.
Foto: Keystone
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Glarner rief daraufhin umgehend zum Boykott von Restaurants auf, die ein Zertifikat verlangen. «Jedes Restaurant, jeden Wirt, jedes Mitglied des Gastroverbands, welches ein Zertifikat fordert, sollten wir alle gnadenlos boykottieren!», schrieb er auf Twitter.

Es gehe ihm darum, den Wirten Rückendeckung zu geben, erklärte er danach gegenüber Tele M1. «Sie sollen sich darin gestärkt fühlen, diesen Unsinn zu bekämpfen.» Er sei frontal gegen eine Ausweitung der Zertifikatspflicht, wie sie Jean-Pierre Gallati offenbar vorschwebe: «Ich verstehe überhaupt nicht, was er da im Schilde führt.»

Giezendanner: «Er überschiesst völlig»

Auch bei anderen Aargauer SVP-Politikern kommt Gallatis Idee schlecht an. Nationalrat Benjamin Giezendanner (39) sagt: «Hier überschiesst er völlig.» Und Nationalrätin Martina Bircher (37) meint: «Das Zertifikat widerspricht den Freiheitswerten, die wir in der SVP hochhalten. Ich lehne es grundsätzlich ab.»

Er kenne Gallati sonst als freiheitsliebenden Menschen, sagt Unternehmer Giezendanner. Doch Corona habe bereits im Winter einen Keil zwischen die SVP-Basis und den Gesundheitsdirektor getrieben. «Gallati hat uns damals das Weihnachtsgeschäft kaputt gemacht», sagt Giezendanner.

Gallati schweigt

Der Nationalrat meint damit den Entscheid der Aargauer Regierung vom Dezember, als sie weiterging als der Bundesrat und die Einkaufsläden noch vor Weihnachten schloss. Die Regierung argumentierte damals unter anderem damit, dass die Spitäler am Anschlag seien.

Gallati würde die Ladenschliessungen wohl auch heute noch verteidigen. Im Blick will er zu den Angriffen aus den eigenen Reihen allerdings vorerst keine Stellung nehmen. (til)

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