CVP-Streit um «fremde Richter»
Gerhard Pfister gibt nach

CVP-Präsident Gerhard Pfister hatte einen Gegenvorschlag zur Selbstbestimmungsinitiative eingereicht – gegen die eigene Partei. Jetzt krebst er zurück.
Publiziert: 22.04.2018 um 16:39 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 05:50 Uhr
«Werde den Antrag zurückziehen»: Pfister am gestrigen CVP-Parteitag in Cham ZG.
Foto: Keystone
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Reza Rafi

Gerhard Pfister (55) ist ein unabhängiger Kopf. Das ist gut für den Zuger Nationalrat und CVP-Chef – aber schlecht für den Parteifrieden. In einem aktuellen Fall hat Pfister die Gemüter derart erhitzt, dass er sich zu einem politischen Schlenker zwecks Schadensbegrenzung gezwungen sieht. Zankapfel ist die umstrittene SVP-Initiative «Schweizer Recht statt fremde Richter» oder kurz «Selbstbestimmungsinitiative».

Pfister hatte in der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats einen Gegenvorschlag beantragt, der sich stark an einer Idee von FDP-Ständerat Andrea Caroni (38) anlehnt: Verfassungs- und Gesetzgeber sollten in Ausnahmen bewusst vom Völkerrecht abweichen dürfen. Im Fall eines Widerspruchs zwischen Völker- und Landesrecht ginge das Landesrecht vor, sofern nicht der Schutz der Menschenrechte geritzt wird.

Die Fraktion will keinen Gegenvorschlag

Bloss – Pfisters eigene Fraktion sagte zuvor klipp und klar Nein zu einem solchen Gegenvorschlag.

CVP-Delegierte bei der Abstimmung am Samstag im Lorzensaal von Cham ZG.
Foto: Keystone

Damit nicht genug: Voraussichtlich am 6. Juni kommt die Selbstbestimmungsinitiative in den Nationalrat. Als Vertreter des Gegenvorschlags aufgeführt ist, neben CVP-Kollegin Ruth Humbel (60): Gerhard Pfister.

In den Reihen der Christdemokraten wurde das manchen zu viel: «Dreist» sei dessen Vorgehen, findet ein Ratsmitglied. «Typisch Pfister», ein anderes. CVP-Nationalrätin Barbara Schmid-Federer (52) sagt: «Auch mit dem Gegenvorschlag entsteht eine Rechtsunsicherheit, welche die Schweiz handels- und sicherheitspolitisch ins Abseits bringt. Darum hat sich die Mehrheit der CVP-Fraktion gegen einen Gegenvorschlag ausgesprochen.» Parteikollegin Kathy Riklin (65) fügt an, der Gegenvorschlag sei für eine Volksabstimmung «zu kompliziert».

Spannungen abgewendet

Jetzt zieht Pfister die Notbremse: «Ich werde den Antrag auf Gegenvorschlag zurückziehen», teilte er am Samstag gegenüber SonntagsBlick mit. Zuvor hatte er betont, dass er das SVP-Ansinnen ablehne. Zudem habe fast die Hälfte der CVP-Ständeräte einen Gegenvorschlag gewollt. Und dieser käme ja nur zur Anwendung, wenn die Initianten ihr Vorhaben zurückziehen. Sollte die SVP daran festhalten, wäre der Gegenvorschlag «obsolet». Mit seinem Rückzieher hat Pfister weitere Spannungen innerhalb der Volkspartei CVP verhindert.

Die Episode ist nur die jüngste in einer Geschichte der Entfremdung zwischen dem Präsidenten und Teilen seiner Partei. Die letzten Monate stelle er vor allem im Migrationsbereich häufig Gegenanträge zu den Positionen der Fraktion, sagt ein Mitstreiter. «Entweder sammelt er SVP-Stimmen für seine Bundesratskandidatur, oder er will Wähler in der Zentralschweiz gewinnen.» Pfister verneint solche Planspiele. Ginge es ihm um Bundesratsambitionen, würde er sich damit ja den Support der eigenen Leute verbauen.

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