Das bringt Moutier der Wechsel von Bern zum Jura
Mehr Feiertage und Stimmrecht für Ausländer!

Der Wechsel vom Kanton Bern zum Jura hat nicht nur auf der Karte Konsequenzen. Als Jurassier müssen die Bewohnerinnen und Bewohner von Moutier zum Beispiel auch weniger arbeiten.
Publiziert: 29.03.2021 um 15:43 Uhr
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Aktualisiert: 29.03.2021 um 17:40 Uhr
Jubel in Moutier. Das Städtchen tritt dem Kanton Jura bei.
Foto: keystone-sda.ch
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Lea Hartmann

Moutier sagt dem Kanton Bern «adieu»: Mit 374 Stimmen Unterschied haben die Stimmbürgerinnen und -bürger der Gemeinde gestern entschieden, dass sie künftig zum Jura gehören wollen. Damit fiel der Beschluss noch deutlicher als vor vier Jahren, als Moutier bereits einmal Ja zum Jura sagte – die Abstimmung aber im Nachhinein wegen Betrugs für ungültig erklärt worden war.

Bis der Kantonswechsel auch wirklich vollzogen ist, dauert es aber noch eine Weile. Die jurassische Regierung rechnet damit, dass es wohl 2026 werden wird. Denn erst wartet ein Haufen Arbeit auf die beiden Kantone.

Verhandlungen beginnen

Sobald das Abstimmungsergebnis rechtskräftig ist, beginnen die Verhandlungen zwischen Bern und Jura. Die Regierungen müssen ein Konkordat verabschieden, in dem sie die wichtigsten Modalitäten des Kantonswechsels festhalten. Die Vereinbarung wird beiden Kantonsparlamenten vorgelegt und kommt anschliessend in beiden Kantonen vors Volk. Zuletzt müssen ausserdem National- und Ständerat grünes Licht für die Verschiebung der Kantonsgrenzen geben.

Den Einwohnern Moutiers bleibt also Zeit genug, sich auf die neue Kantonszugehörigkeit einzustellen. Denn der Wechsel zum Jura ist mit zahlreichen Veränderungen verbunden – nicht nur auf der Landkarte.

Grosse Feier nach Abstimmung in Moutier
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Mehr Feiertage, weniger Lohn für Lehrer

Die «Prévôtois», wie die Bewohner Moutiers heissen, müssen zum Beispiel bald etwas weniger arbeiten: Während der Kanton Bern nur zehn gesetzliche Feiertage kennt, sind es im Jura deren 13. Polizistinnen, Mitarbeiter in der Verwaltung, Lehrer und andere Kantonsangestellte werden zudem neu nur noch eine 40- statt einer 42-Stunden-Woche haben. Kindergärtnerinnen und Gymi-Lehrer verdienen allerdings im Kanton Jura auch ein bisschen weniger.

Nicht ganz klar ist, welche steuerlichen Auswirkungen der Wechsel für die Einwohner Moutiers hat, was natürlich auch vom Einkommen und vom Zivilstand abhängt. 2016 kam eine Studie der Uni Lausanne aber zum Schluss, die Bürger Moutiers würden tendenziell steuerlich bei einem Wechsel leicht günstiger fahren.

Freuen können sich insbesondere auch die rund 2000 Ausländer in der 7400-Seelen-Gemeinde: Sie können neu auf kantonaler und kommunaler Ebene mitbestimmen. Denn der Jura ist einer der wenigen Kantone mit Ausländerstimmrecht.

Einwohner Moutiers bekommen mehr politisches Gewicht

Auf nationaler Ebene verändert sich mit dem Kantonswechsel Moutiers derweil nichts. Die Verteilung der Nationalratssitze bleibt gleich. Die Bewohner der Gemeinde werden als Jurassier aber mehr politisches Gewicht haben als heute im Kanton Bern, wie die genannte Studie 2016 festhielt. Denn während sie im Kanton Bern nur rund ein Prozent der Stimmenden ausmachen, sind es im Kanton Jura zehn Prozent. Gerade im Hinblick auf Volksabstimmungen, für die es das Volks- und Ständemehr braucht, haben die «Prévôtois» als Jurassier damit mehr Einfluss.

Der Kanton Jura wird zudem wohl die Wahlkreise anpassen müssen. Grössere politische Konsequenzen könnte der Entscheid Moutiers aber für den Kanton Bern haben. Er dürfte eine neue Debatte über den besonderen Status des Berner Juras auslösen und eventuell auch über die Zweisprachigkeit des Kantons. Denn die französischsprachige Minderheit im Kanton wird nun noch kleiner.

Derzeit stehen dem französischsprachigen Teil des Kantons fix 12 Sitze im Grossen Rat zu. 2018 hat sich der Regierungsrat zwar dagegen ausgesprochen, die Sitzzahl zu verkleinern – obwohl die Bernjurassier rein rechnerisch übervertreten sind. Mit dem Wegfall Moutiers könnte sich die Frage nun wieder stellen.

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