Erstmals seit 14 Jahren
Alle Kantone schreiben schwarze Zahlen

Es läuft in den Kantonen. Ausnahmslos alle haben vergangenes Jahr schwarze Zahlen geschrieben, wie eine Übersicht zeigt. Das ist aussergewöhnlich.
Publiziert: 08.05.2023 um 14:04 Uhr
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Aktualisiert: 08.05.2023 um 15:34 Uhr

Erstmals seit 14 Jahren weisen alle Kantone in ihren Staatsrechnungen 2022 schwarze Zahlen aus. Sie schlossen damit rund 4,59 Milliarden Franken besser ab, als budgetiert. Eine vorsichtige Budgetierung, aussergewöhnlich hohe Steuereinnahmen und die hohe Gewinnausschüttung der Nationalbank sind die Gründe dafür.

Das zweitbeste Ergebnis seit dem Vorliegen der entsprechenden Daten (1999) gab es 2007, als lediglich das Tessin und Appenzell-Ausserrhoden rote Zahlen schrieben. 2021 hatten fünf Kantone negative Ergebnisse verzeichnet.

Dass alle Kantone im Plus abgeschlossen haben, ist für Martin Mosler, Bereichsleiter Fiskalpolitik am Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) an der Universität Luzern, überraschend. Immerhin habe es einige Faktoren ausserhalb der kantonalen Handlungsmacht gegeben, etwa die unsichere geopolitische Lage durch den russischen Angriffskrieg oder der Druck durch die globale Inflationswelle. «Dass die kantonalen Budgets solche Schocks dennoch überstanden, zeugt von der robusten Schweizer Volkswirtschaft», sagt Moser.

Die Kantone haben 2022 über 4,5 Milliarden Franken mehr Gewinn gemacht, als budgetiert.
Foto: imago/Eibner

Nachwirkungen von Corona

Die praktisch durchgehend besseren Abschlüsse als budgetiert erklärte FDK-Präsident Ernst Stocker bereits vor einem Monat damit, dass die Kantone ihre Budgets für das Jahr 2022 noch 2021, also mitten in der Corona-Pandemie, erstellt hatten. Die Wirtschaft und der Arbeitsmarkt hätten sich aber besser als damals erwartet entwickelt. Positiv ausgewirkt habe sich die sehr hohe Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank (SNB).

Auffallend ist bei den vorliegenden kantonalen Staatsrechnungen, dass insbesondere die grossen Kantone Zürich und Bern, aber auch die beiden Basel und Genf ausserordentlich gute Abschlüsse ausweisen.

Zwischen 200 und 300 Millionen Franken besser als erwartet schlossen die Kantone Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Luzern, St. Gallen und Graubünden ab. Über 100 Millionen Franken höher als budgetiert waren die Überschüsse in den Kantonen Zug, Aargau, Solothurn und Tessin.

Zürich hat sich bei Steuern verschätzt

Um mehr als eine Milliarde Franken besser als erwartet schloss Zürich seine Jahresrechnung ab. Verschätzt hatte sich der Kanton insbesondere bei den Steuereinnahmen. 964 Millionen Franken mehr als erwartet gingen ein. Nicht planbare Mehreinnahmen waren auch die hohe SNB-Ausschüttung und die höhere Gewinnausschüttung der Zürcher Kantonalbank.

Auch im Kanton Bern fielen die Steuereinnahmen schliesslich um 174 Millionen Franken höher aus, als budgetiert. Ohne die SNB-Zahlung von 480 Millionen Franken hätte aber dennoch ein Minus von gut 122 Millionen Franken resultiert, rechnet Mosler vor. So schloss der Kanton seine Jahresrechnung schliesslich mit einem Gewinn von 358 Millionen Franken ab. Der Voranschlag wies ein Defizit von 88 Millionen Franken aus.

Mehr Immo-Einnahmen im Wallis

Die unerwartet hohen Steuererträge einiger Kantone sind laut Mosler wahrscheinlich getrieben durch die Erholung von der Corona-Krise. Zehn der 26 Kantone hätten zudem konservativ ohne die SNB-Gewinnausschüttung budgetiert. Darüber hinaus gab es auch kantonal spezifische Faktoren. Beispielsweise generierte der Kanton Wallis durch den florierenden Immobilienmarkt zusätzliche Einnahmen.

In einigen Kantonen wäre wohl auch ohne die SNB-Ausschüttung ein Überschuss möglich gewesen, da es teilweise aufgrund der guten Arbeitsmarktsituation zu unerwartet hohen Steuererträgen gekommen sei, stellt Mosler fest. In Basel-Stadt betrug der Überschuss 217 Millionen Franken bei einem SNB-Beitrag von 91 Millionen. Der Grund dafür waren auch hier um 224 Millionen höhere Steuererträge als budgetiert.

Nur Nidwalden und Neuenburg schlechter

Als einzige Kantone schlechter als budgetiert abgeschlossen haben Nidwalden und Neuenburg. Die Nidwaldner Staatsrechnung schloss mit einem Überschuss von 1,2 Millionen Franken ab – budgetiert war ein Plus von 1,5 Millionen Franken. Der Kanton äufnete allerdings 28 Millionen Franken an Reserven.

In Neuenburg betrug der Ertragsüberschuss 6,4 Millionen Franken gegenüber budgetierten 10,3 Millionen Franken. Der Kanton bildete aber ebenfalls zusätzliche Rückstellungen von 61,6 Millionen Franken zur Deckung verschiedener Risiken, unter anderem im Gesundheitsbereich. Auch im Steuerbereich wurde eine Rückstellung von 13,9 Millionen Franken verbucht.

Die Zahlen im Detail:

KantonRechnungBudgetDifferenz
ZH+543 Mio. Franken-523 Mio. Franken+1066 Mio. Franken
BE+358 Mio. Franken-88 Mio. Franken+446 Mio. Franken
ZG+332 Mio. Franken+204 Mio. Franken+127,8 Mio. Franken
BL+290 Mio. Franken+0,9 Mio. Franken+289,1 Mio. Franken
BS+217 Mio. Franken-14 Mio. Franken+231 Mio. Franken
AG+116 Mio. Franken-42,3 Mio. Franken+158,3 Mio. Franken
SO+148,2 Mio. Franken-8 Mio. Franken+156,2 Mio. Franken
LU+204,5 Mio. Franken-8,5 Mio. Franken+213 Mio. Franken
NW+1,2 Mio. Franken+1,5 Mio. Franken-0,3 Mio. Franken
OW+19,5 Mio. Franken+6,2 Mio. Franken+13,3 Mio. Franken
SZ+113 Mio. Franken+41,4 Mio. Franken+71,6 Mio. Franken
UR+16,4 Mio. Franken-9,1 Mio. Franken+25,5 Mio. Franken
SG+24 Mio. Franken-203 Mio. Franken+227 Mio. Franken
TG+81,2 Mio. Franken-1,6 Mio. Franken+82,8 Mio. Franken
AI+5,6 Mio. Franken+1,4 Mio. Franken+4,2 Mio. Franken
AR+47 Mio. Franken+22,6 Mio. Franken+24,4 Mio. Franken
GL+3,6 Mio. Franken- 8,2 Mio. Franken+11,8 Mio. Franken
GR+205,6 Mio. Franken-9,9 Mio. Franken+215,5 Mio. Franken
TI+3 Mio. Franken-134,9 Mio. Franken+137,9 Mio. Franken
VS+56,3 Mio. Franken+13,5 Mio. Franken+42,8 Mio. Franken
FR+0,5 Mio. Franken+0,3 Mio. Franken+0,2 Mio. Franken
GE+727 Mio. Franken-93 Mio. Franken+820 Mio. Franken
JU+320'000 Franken-20,5 Mio. Franken+20,8 Mio. Franken
VD+1 Mio. Franken-188 Mio. Franken+189 Mio. Franken
SH+7,4 Mio. Franken-12,9 Mio. Franken+20,3 Mio. Franken
NE+6,4 Mio. Franken+10,3 Mio. Franken-3,9 Mio. Franken

(SDA)

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