Das sagen Schweizer SP-Politiker mit italienischem Pass
«Wenn Italien die EU verlässt, dann gute Nacht»

So beurteilen die Nationalräte Corrado Pardini (51) aus Bern und Ada Marra (43) aus Lausanne das gescheiterte Referendum von Italiens Premier Matteo Renzi (41).
Publiziert: 05.12.2016 um 19:49 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 15:55 Uhr
Die Italiener haben ihm (bildlich) das Maul gestopft: Nein-Plakat mit dem Konterfei des zurücktretenden Premiers Matteo Renzi.
Foto: AP
Myrte Müller

BLICK: Italien hat Nein gestimmt zur Verfassungsreform von Matteo Renzi. Hat Sie das überrascht?
Corrado Pardini:
Eigentlich nicht. Die Nein-Front war sehr heterogen, sehr breit. Von ganz rechts bis ganz links. Sogar die PD war in dieser Frage gespalten. Es musste so kommen.

SP-Nationalrätin Ada Marra (VD, 43) ist ebenfalls italienisch-schweizerische Doppelbürgerin.
Foto: Keystone

Ada Marra: Ich hatte schon ein knappes Ergebnis erwartet, aber nicht, dass so viele mit Nein stimmen würden.

Matteo Renzi hat das Ergebnis mit seinem Amt verknüpft. Hat sich Italiens Premier da verzockt?
Pardini: Ich würde nicht von verzockt sprechen. Das war politisches Kalkül. Er brauchte eine Antwort auf die Frage: Wollt ihr mich oder wollt ihr mich nicht? Er hätte für seine Regierung viel Rückendeckung gebraucht. Er musste wissen, ob er eine Mehrheit hinter sich hat oder nicht. Jetzt wird er zurücktreten. Ich finde seine Haltung sehr staatsmännisch.
Marra: Matteo Renzi hat viel riskiert. Ich glaube aber, dass er besser daran täte, jetzt nicht zurückzutreten. Er sollte sich nicht von den Populisten unter Druck setzen lassen. Die Demokratische Partei muss ihren Wählerauftrag vollenden. Es sollte keine vorgezogenen Wahlen geben.

Wie sieht Renzis politische Zukunft aus?
Pardini: Es kommt darauf an, ob er die innerparteiliche Zerreissprobe besteht. Ich könnte mir vorstellen, dass er bei den nächsten Wahlen wieder als Premierminister kandidieren wird, wenn er in seiner Partei den anstehenden Machtkampf für sich entscheidet.

Gewerkschafter und SP-Nationalrat Corrado Pardini (BE, 51).
Foto: EQ

Marra: Matteo Renzi wurde ja nicht ins Amt gewählt. Ich denke auch, dass er sich bei den nächsten Wahlen für das Amt des Premierministers aufstellen lassen wird. 

Wie sieht die Zukunft in Italien aus?
Pardini: Die nächsten Wochen und Monate werden sehr spannend sein. Die Frage ist: Wie EU-feindlich ist das Land, wie stark werden die Populisten? Einen Rechtsruck kann man ja auch in anderen Ländern Europas beobachten. Wir hatten jetzt eben die Präsidentschaftswahlen in Österreich mit einem populistischen Kandidaten. Wir blicken nach Frankreich, wo die Rechtspopulisten aufholen. Im nächsten halben Jahr wird sich zeigen, ob dieser Trend sich auch in Italien durchsetzt. Wenn Italien aus der EU ausbricht, dann gute Nacht! Das schadet auch der Schweiz.
Marra: Ich glaube nicht, dass Italien der EU den Rücken kehrt. Die Italiener fühlen sich als Europäer und wissen, dass Italien die EU braucht. Auch kann ich mir nicht vorstellen, dass sie auf die Slogans der Populisten hereinfallen, wenn diese die EU für Italiens Wirtschaftskrise verantwortlich machen.

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