Doppelvakanz ändert die Ausgangslage
Am 5. Dezember wird es richtig spannend

Per Ende Jahr treten Doris Leuthard (CVP) und Johann Schneider-Ammann (FDP) aus dem Bundesrat zurück. Der Doppel-Rücktritt eröffnet den Parteien mehr Spielraum bei der Kandidatensuche. Bei der Wahl am 5. Dezember wirds spannend. Ab 11 Uhr informiert die CVP über ihren Fahrplan. BLICK berichtet live.
Publiziert: 28.09.2018 um 01:30 Uhr
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Aktualisiert: 11.10.2018 um 09:56 Uhr
Pascal Tischhauser und Ruedi Studer

Übernächtigt nehmen National- und Ständeräte am 5. Dezember, kurz vor 8 Uhr, im Ratssaal Platz. Es ist spät geworden in der Nacht der langen Messer, die den Bundesratswahlen vorangeht und in welcher in Absprachen Magistraten gekürt oder verhindert werden – oft aber auch bloss ein geselliges Beisammensein im Berner Hotel Bellevue ist.

Um 8 Uhr unterbricht die neue Nationalratspräsidentin Marina Carobbio (52, SP) das Getuschel im Saal. Sie läutet die Bundesratswahlen ein. Erst werden Doris Leuthard (55) und Johann Schneider-Ammann (66) verdankt und aus dem Saal begleitet. Dann schreitet Carobbio zur Ersatzwahl für den Leuthard-Sitz der CVP.

Gut möglich, dass beim ersten Wahlgang der Name von Bundeskanzler Walter Thurnherr (55) auf dem einen oder anderen Wahlzettel steht, er aber nach vorne geht und erklärt, er stehe nicht zur Wahl. Täte er das nicht und würde er im weiteren Verlauf der Wahl scheitern, wäre er als Kanzler arg angeschlagen.

Im dritten Wahldurchgang sind keine neuen Kandidatennamen mehr zugelassen. Solange keiner das absolute Mehr, also mindestens die Hälfte aller gültigen Stimmen plus eine Stimme erreicht, scheidet nun der Kandidat mit der geringsten Stimmenzahl aus.

Dieses Prozedere wiederholt sich, bis jemand gewählt ist. 

Doppelrücktritt bietet mehr Spielraum

Das eine oder andere FDP-Mitglied dürfte sich schon heute überlegen, wen er für die Christdemokraten auf den Wahlzettel schreibt, um die Kronfavoritin der Freisinnigen, Ständerätin Karin Keller-Sutter (54, SG) zu verhindern und die eignen Chancen zu erhöhen.

So lässt der Doppelrücktritt die Herzen der Möchtegernbundesräte höherschlagen. Plötzlich gibt es Spielraum! Doch dem sind Grenzen gesetzt: Die regionale Herkunft und das Geschlecht werden entscheidende Faktoren sein.

Es hat sich eingebürgert, der Bundesversammlung eine Kandidatenauswahl zu präsentieren. So dürften beide Parteien mit einem Zweier- oder Dreierticket antreten, auf dem je mindestens eine Frau zur Wahl steht.

CVP: Gute Chancen für Zentralschweizer

Anbieten würde sich, dass die CVP Andrea Gmür-Schönenberger (54) aufs Ticket setzt, obwohl sie noch nicht lange im Parlament ist. Doch als Luzernerin würde sie dem Anspruch der Zentralschweiz gerecht. Weil sie im Parlament aber noch nicht so vernetzt ist, sind ihre Wahlchancen gering. Das Attribut «ehemalige Bundesratskandidatin» könnte ihr im kommenden Herbst aber zur Wiederwahl in den Nationalrat verhelfen.

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Doris Leuthard tritt zurück:Das sind die möglichen Nachfolger

Gute Chancen auf einen Platz auf dem Ticket hat auch Vize-Fraktionschefin Viola Amherd (56). Sie kommt aber aus dem Wallis. Und sie politisiert am linken CVP-Rand, was ihre Chancen bei der stimmenstarken SVP schmälert.

Unter den Männern, die es aufs CVP-Ticket schaffen könnten, sind die Zentralschweizer Ständeräte Erich Ettlin (56, OW) und Peter Hegglin (57, ZG). Hegglin bringt als früherer Finanzdirektor Regierungserfahrung mit, und er könnte als gelernter Landwirt und Präsident der Milchbauern bei der Bauernlobby punkten.

Ettlin wiederum hat 2015 als politischer Quereinsteiger den Ständeratssitz geholt und sich in der Fraktion einen guten Namen als seriöser Schaffer erarbeitet. Als möglicher Kandidat wird zudem Pirmin Bischof (59, SO) gehandelt, dem aber wie Amherd die falsche Herkunft im Weg stehen könnte.

Zudem werden noch Namen von Ostschweizer CVPlern herumgereicht: Ständerätin Brigitte Häberli (60, TG) etwa, die aber eher verzichten dürfte. Oder Nationalrat  Daniel Fässler (58, AI), der aber ebenfalls eher abwinkt. 

Und es werden auch Regierungsräte wie der St. Galler Benedikt Würth (50) oder die Zürcher Regierungsrätin Silvia Steiner (60) in die Runde geworfen. Aus dem Rennen genommen haben sich CVP-Chef Gerhard Pfister (55) und Ständerat Stefan Engler (58).

Wer verhindert Karin Keller-Sutter?

Wenn auf dem Ticket der FDP nicht der Name Keller-Sutter, genannt KKS, stünde, wäre es eine riesige Überraschung. Macht den CVP-Sitz ein Kandidat oder eine Kandidatin aus der Zentralschweiz, ist die Bahn frei für die St. Gallerin.

Verhelfen aber KKS-Verhinderer einem Ostschweizer zur Nachfolge Leuthards, könnte es peinlich für die FDP werden. Denn wenn am Mittwochmittag das neue FDP-Bundesratsmitglied männlich ist, hat die Staatsgründerpartei ein Imageproblem. 

Das kann sie sich ersparen, wenn sie mit einem reinen Frauenticket antritt. So ist es gut möglich, dass neben KKS der Name der Zürcher Regierungsrätin Carmen Walker Späh (60) oder der Nationalrätin Regine Sauter (52, ZH) auf dem Ticket steht.

Und falls für die CVP tatsächlich jemand aus dem Osten der Schweiz das Rennen macht, ist es dennoch nicht ausgeschlossen, dass KKS durchmarschiert. Denn nach zwei Bernern im Bundesrat kann keiner zwei Ostschweizer als No-Go bezeichnen.

CVP-Kandidaten müssen Hosen runterlassen

Wie bei der FDP sollen sich auch die möglichen CVP-Kandidaten für die Nachfolge von Doris Leuthard (55) bis etwa zum 24. Oktober melden. Dem Vernehmen nach unterscheidet sich der Zeitplan für die Kandidatenkür der Christdemokraten nicht gross von jenem der Freisinnigen für die Nachfolge Johann Schneider-Ammanns (66).

Prüfung auf Herz und Nieren

Doch anders als bei der FDP sollen sich die Papabili bei der CVP von externen Leuten auf Herz und Nieren prüfen lassen. Der Parteileitung schwebt eine Personensicherheitskontrolle vor, wie sie in der Bundesverwaltung durchgeführt wird.

Dabei ist sich die CVP-Spitze bewusst, dass die Zahl der Bewerber sinkt, wenn diese «die Hosen runterlassen» müssen. Einen Fall wie den des verstorbenen SVP-Nationalrats Bruno Zuppiger (†63) will die Partei aber vermeiden. Im Vorfeld der Bundesratswahlen 2011 hatte die «Weltwoche» Unregelmässigkeiten bei der Verwaltung einer Erbschaft aufgedeckt.

Mitte November soll die Fraktion entscheiden

Es ist offen, ob es der CVP gelingt, der Fraktion so eine Auswahl von Vertretern beider Geschlechter vorzuschlagen, aus denen sie Mitte November die Kandidaten bestimmt. (pt)

Fordert eine rigorose Verzichtsplanung: Nationalrat Bruno Zuppiger (SVP/ZH).
Fordert eine rigorose Verzichtsplanung: Nationalrat Bruno Zuppiger (SVP/ZH).
Reuters

Wie bei der FDP sollen sich auch die möglichen CVP-Kandidaten für die Nachfolge von Doris Leuthard (55) bis etwa zum 24. Oktober melden. Dem Vernehmen nach unterscheidet sich der Zeitplan für die Kandidatenkür der Christdemokraten nicht gross von jenem der Freisinnigen für die Nachfolge Johann Schneider-Ammanns (66).

Prüfung auf Herz und Nieren

Doch anders als bei der FDP sollen sich die Papabili bei der CVP von externen Leuten auf Herz und Nieren prüfen lassen. Der Parteileitung schwebt eine Personensicherheitskontrolle vor, wie sie in der Bundesverwaltung durchgeführt wird.

Dabei ist sich die CVP-Spitze bewusst, dass die Zahl der Bewerber sinkt, wenn diese «die Hosen runterlassen» müssen. Einen Fall wie den des verstorbenen SVP-Nationalrats Bruno Zuppiger (†63) will die Partei aber vermeiden. Im Vorfeld der Bundesratswahlen 2011 hatte die «Weltwoche» Unregelmässigkeiten bei der Verwaltung einer Erbschaft aufgedeckt.

Mitte November soll die Fraktion entscheiden

Es ist offen, ob es der CVP gelingt, der Fraktion so eine Auswahl von Vertretern beider Geschlechter vorzuschlagen, aus denen sie Mitte November die Kandidaten bestimmt. (pt)

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