Einfallstor für Cyberangriffe?
SBB wollen Russen-Software loswerden – so schnell wie möglich

Die Russen beweisen immer wieder: Sie schrecken nicht vor Hackerangriffen zurück. Darum wollen die SBB die russische Software Infotrans so schnell wie möglich loswerden. Doch das ist gar nicht so einfach.
Publiziert: 22.08.2024 um 00:02 Uhr
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Aktualisiert: 22.08.2024 um 08:01 Uhr
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Céline ZahnoPraktikantin Politik

Als der russische Angriffskrieg auf die Ukraine begann, ist auch die Sorge vor russischen Cyberangriffen gestiegen. Dass diese Angst berechtigt ist, hat sich erst kürzlich gezeigt: Im Vorfeld der Ukraine-Konferenz auf dem Bürgenstock NW schnellte die Zahl der Hackerangriffe aus Russland in die Höhe.

Vor diesem Hintergrund hat sich der Bund schon vor über zwei Jahren besorgt darüber geäussert, dass der Bahnkonzern auf eine russische Software setzt. Die Firma Infotrans beliefert die SBB nämlich mit sogenannten Positionierungssystemen. Die Systeme dienen der Gleismessung und helfen, allfällige Fehler an den Schienen zu finden, sodass sie behoben werden können.

Zum einen könnten durch den russischen Lieferanten Leistungen eingeschränkt werden. Zum anderen bestehe die Gefahr, dass Lieferanten vor Ort infiltriert sein könnten und ein Einfallstor für Cyberangriffe bilden. Dies berichtete damals die «NZZ».

Die SBB haben Mühe, von russischer Software wegzukommen.
Foto: Pius Koller
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SBB wollen weg von russischer Software

Jetzt zeigt sich: Die SBB sahen tatsächlich Anlass, sich von den russischen Lieferanten zu trennen, wie ein Sprecher Blick bestätigt. Ende 2022 habe man entschieden, alle Systeme der Firma Infotrans zu ersetzen. Das habe allerdings nichts mit der medialen Berichterstattung zu tun, sagt er.

Weiter betonen die SBB, dass keine Daten, welche vom System erfasst würden, auf einen russischen Server gelangten. Und trotzdem: Offenbar bestehen bei der Software Ausfallrisiken. Diese wollen die SBB mit dem Ersatz nämlich verringern.

Ticketverkauf und Anzeigetafeln waren lahmgelegt
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IT-Panne bei der SBB:Ticketverkauf und Anzeigetafeln waren lahmgelegt

Weiter wurde der Entscheid im Zuge der Russland-Sanktionen getroffen, die die Schweiz im Frühjahr 2022 von der EU übernommen hat. Um die Systeme von Infotrans vor der Umstellung weiterzunutzen, brauchte es sogar eine Ausnahmebewilligung vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco).

Knapp drei Millionen für eigenes System

Von der russischen Software wegzukommen, ist nun allerdings komplizierter als gedacht. Denn: In der Schweiz fehlten schlicht die Kompetenzen. Das von Infotrans gelieferte System sei damals das am weitesten ausgereifte auf dem Markt gewesen. Diesen Fortschritt musste man wohl wettmachen, um ein eigenes, genauso funktionales System zu entwickeln. Dieses besteht mittlerweile und soll gestaffelt Infotrans ersetzen.

Da braucht es Geld. Ursprünglich waren rund zwei Millionen Franken für das System vorgesehen. Wegen fehlender Erfahrung und Fachwissen zu Beginn des Projekts seien nun «finanzielle und zeitliche» Mehraufwände zu erwarten. Genauer: Es kostet noch einmal 900'000 Franken mehr.

Zeitrahmen kann eingehalten werden

Allerdings würden sich die Kosten für ein eigenes System in den nächsten fünf Jahren ausgleichen, sagt der Sprecher. Denn die Positionierungssysteme hätten so oder so ersetzt werden müssen. Auf lange Sicht würden die SBB also sogar Kosten einsparen.

Auch der Zeitrahmen des Projekts könne eingehalten werden. Bis Ende 2025 will man von Russland unabhängig sein.

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