Einigung im Renten-Streit
Das bedeutet der Kompromiss für Sie

Die wichtigsten Infos zum Pensionskassen-Deal im Überblick.
Publiziert: 03.07.2019 um 00:18 Uhr
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Aktualisiert: 03.07.2019 um 15:08 Uhr
Gewerbedirektor Hans-Ulrich Bigler warnt vor dem Rentenzuschlag: «Damit wird der Einführung einer Volksrente Tür und Tor geöffnet.»
Foto: Keystone
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Ruedi Studer

Über ein Jahr haben die Sozialpartner um einen Reformvorschlag für die berufliche Vorsorge (BVG) gerungen. Arbeitgeberverband und Gewerkschaften haben sich nun zu einem Pensionskassen-Deal zusammengerauft, bei dem beide Seiten Kröten schlucken müssen. Das sind die wichtigsten Eckwerte:

Der BVG-Mindestumwandlungssatz wird von 6,8 Prozent auf 6,0 Prozent gesenkt. Das bedeutet: Auf 100'000 Franken angespartes Alterskapital gibt es nur noch 6000 statt 6800 Franken pro Jahr. Dieser Rentenverlust soll ausgeglichen werden. 

> Damit es für die Unternehmen attraktiver wird, ältere Arbeitskräfte einzustellen, sollen die Lohnbeiträge zugunsten der Pensionskasse – die Altersgutschriften – angepasst werden. Ab dem Alter von 45 Jahren beträgt die Altersgutschrift 14 Prozent (bisher 15 bzw. 18). Im Alter von 25 bis 44 Jahren gilt neu eine Altersgutschrift von 9 Prozent (bisher 7 bzw. 10). Damit können die Jungen mehr ansparen.

> Der Koordinationsabzug von 24'885 Franken wird halbiert. Damit wird eine grössere Lohnsumme versichert, was zu höheren Pensionskassenguthaben führt. Teilzeitbeschäftigte und Wenigverdienende werden damit besser abgesichert.

> Ein lebenslänglicher fixer Rentenzuschlag soll dazu beitragen, das Rentenniveau trotz des tieferen Umwandlungssatzes zu halten. Für eine Übergangsgeneration von 15 Jahren gibt es garantierte Zuschläge: 200 Franken für die ersten fünf Jahrgänge, 150 Franken für die nächsten fünf, 100 Franken für die letzten fünf. Danach legt der Bundesrat den Zuschlag jährlich neu fest.

> Finanziert wird der Zuschlag mit zusätzlichen 0,5 Lohnprozenten auf AHV-pflichtigen Jahreseinkommen bis 853'200 Franken. Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlen also solidarisch mehr ein. Das bringt 1,5 Milliarden Franken.

Die Kompromisslösung kostet unter dem Strich 2,7 Milliarden Franken jährlich. Das Ziel: Das Leistungsniveau soll erhalten bleiben. Das sollte klappen, wie Modellberechnungen zeigen:

> Eine 64-Jährige mit einem Brutto-Jahreseinkommen von 85'000 Franken hätte eine Renteneinbusse von rund 200 Franken pro Monat zu verkraften. Dank dem Rentenzuschlag bekäme sie insgesamt trotzdem gleich viel wie vorher.

> Ein 64-Jähriger mit 60'000 Franken Einkommen würde dank Rentenzuschlag monatlich 85 Franken mehr Rente erhalten.

> Ein 24-Jähriger mit 60'000 Franken Einkommen erhält rund 100 Franken mehr – plus eventuellen Rentenzuschlag.

> Eine 24-Jährige mit 40'000 Franken erhält gar 200 Franken mehr Rente pro Monat, mit möglichem Rentenzuschlag noch mehr. 

Pensionskassen scheuen das Risiko

Wir werden immer älter, und ein Ende des billigen Geldes – konkret der tiefen Zinsen an den Finanzmärkten – ist nicht in Sicht. Das macht es den Pensionskassen fast unmöglich, mit Geldanlagen eine anständige Rendite einzufahren, um einerseits die Rentenverpflichtungen zu decken und andererseits die Altersguthaben der aktiven Versicherten ordentlich zu verzinsen. 

Schuld an dieser unerfreulichen Situation ist die Schweizerische Nationalbank (SNB), welche die Negativzinsen in der Schweiz bereits vor über vier Jahren einführte. Vom Wehklagen der Pensionskassen zeigt sich die SNB unbeeindruckt. Präsident Thomas Jordan (56) denkt nicht daran, den geldpolitischen Kurs der SNB zu ändern, solange sich die EZB nicht bewegt. Und das kann dauern.

Gleichzeitig scheuen die Pensionskassen das Risiko: Mit einer durchschnittlichen Performance von minus 2,8 Prozent war laut einer Studie der ZKB-Tochter Swisscanto 2018 das schlechteste Anlagejahr für Pensionskassen seit der Finanzkrise! Grund: Trotz anhaltender Tiefzinsphase haben die Vorsorgeeinrichtungen ihre Anlagestrategie kaum angepasst. Sie verharrten in Obligationen und erhöhten den Aktienanteil am Gesamtvermögen trotz guter Gewinnchancen im Durchschnitt nur leicht: von 27 Prozent im Jahr 2009 auf 29 Prozent im Jahr 2018.

Bleibt die Performance der Kassen weiterhin so miserabel, schmelzen auch die künftigen Renten wie Eis an der Sonne. Ein Lichtblick ist die Stimmung an den Finanzmärkten: Der Swiss Market Index ist seit Jahresbeginn um 17,43 Prozent gestiegen. Sven Zaugg

Wir werden immer älter, und ein Ende des billigen Geldes – konkret der tiefen Zinsen an den Finanzmärkten – ist nicht in Sicht. Das macht es den Pensionskassen fast unmöglich, mit Geldanlagen eine anständige Rendite einzufahren, um einerseits die Rentenverpflichtungen zu decken und andererseits die Altersguthaben der aktiven Versicherten ordentlich zu verzinsen. 

Schuld an dieser unerfreulichen Situation ist die Schweizerische Nationalbank (SNB), welche die Negativzinsen in der Schweiz bereits vor über vier Jahren einführte. Vom Wehklagen der Pensionskassen zeigt sich die SNB unbeeindruckt. Präsident Thomas Jordan (56) denkt nicht daran, den geldpolitischen Kurs der SNB zu ändern, solange sich die EZB nicht bewegt. Und das kann dauern.

Gleichzeitig scheuen die Pensionskassen das Risiko: Mit einer durchschnittlichen Performance von minus 2,8 Prozent war laut einer Studie der ZKB-Tochter Swisscanto 2018 das schlechteste Anlagejahr für Pensionskassen seit der Finanzkrise! Grund: Trotz anhaltender Tiefzinsphase haben die Vorsorgeeinrichtungen ihre Anlagestrategie kaum angepasst. Sie verharrten in Obligationen und erhöhten den Aktienanteil am Gesamtvermögen trotz guter Gewinnchancen im Durchschnitt nur leicht: von 27 Prozent im Jahr 2009 auf 29 Prozent im Jahr 2018.

Bleibt die Performance der Kassen weiterhin so miserabel, schmelzen auch die künftigen Renten wie Eis an der Sonne. Ein Lichtblick ist die Stimmung an den Finanzmärkten: Der Swiss Market Index ist seit Jahresbeginn um 17,43 Prozent gestiegen. Sven Zaugg

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