Ende Dividende
Die SP macht Jagd auf Corona-Profiteure

Rechtzeitig zur «Dividenden-Saison» will die SP Aktionären von unverantwortlich handelnden Firmen einen Strich durch die Rechnung machen: Denn neu sollen jene, die 2020 Kurzarbeitsentschädigungen bezogen haben, keine Dividenden mehr ausschütten dürfen.
Publiziert: 18.02.2021 um 19:20 Uhr
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Aktualisiert: 20.02.2021 um 15:15 Uhr
Noa Dibbasey

Mattea Meyer (33), die Co-Präsidentin der SP, reicht am Freitag einen Antrag ein, der es in sich hat – zumindest für Aktionäre eines Unternehmens, das zurzeit Kurzarbeit bezieht: In der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) beantragt sie, dass diese Firmen fürs Jahr 2020 keine Dividenden mehr ausschütten dürfen.

Schon im vergangenen Jahr hatte die SP eine solche Forderung gestellt. Damals befand sich wegen Corona ein Drittel aller Beschäftigten in der Schweiz in Kurzarbeit. Auch Angestellte von Schweizer Grosskonzernen wie ABB, Lindt & Sprüngli und Sunrise. Das hielt die Wirtschaftsgiganten aber nicht davon ab, grosszügige Dividenden auszuschütten. Für die SP ist es aber «unanständig, Verluste zu verstaatlichen und gleichzeitig Gewinne zu privatisieren», wie Meyer damals sagte.

Seither ist der Groll in der Bevölkerung darüber noch gewachsen, dass gewisse Firmen die Löhne ihrer Angestellten von der Allgemeinheit finanzieren lassen, aber offenbar immer noch genug Geld vorhanden ist, um die Aktionäre mit grosszügigen Zahlungen zu bedenken.

Die Swatch-Group des Hayek-Klans schüttet 181 Millionen Dividenden aus – obwohl man 240 Millionen an Kurzarbeitsentschädigung erhalten hatte.
Foto: Thomas Meier
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2020 noch gescheitert

Die SP hatte vergangenen Frühling eine Motion eingereicht, die es Unternehmen, die Kurzarbeits-Entschädigungen erhalten, verbieten sollte, im laufenden und nächsten Jahr Dividenden zu zahlen. Der Vorstoss wurde im Nationalrat mit 93 zu 88 Stimmen bei 11 Enthaltungen angenommen, im Ständerat erhielt er aber keine Mehrheit.

Die Motion widerspreche dem Ziel der Kurzarbeit, die Arbeitsplätze zu erhalten – vielmehr führe ein solches Dividendenverbot zu Entlassungen, warnte der Schweizerische Arbeitgeberverband damals. Das Hauptargument der Gegner war aber: «Die Dividenden betreffen das Geschäftsjahr 2019.» Deswegen stimmte Mitte-Fraktionspräsidentin Andrea Gmür (56) gegen die Motion – obwohl sie «Sympathien für das Anliegen» hege.

«Keine schamlose Bedienung an Steuergeldern mehr!»

Viele Schweizerinnen und Schweizer verbrachten aber nicht nur den Frühling, sondern einen Grossteil des letzten Jahres in Kurzarbeit. Damit die Unternehmen möglichst ihre Arbeitskräfte behalten, hat der Steuerzahler tief in die Tasche greifen müssen.

Nun findet Meyer: «Die Argumente vom letzten Jahr ziehen nicht mehr.» Schliesslich können sich die Firmen nun nicht mehr dahinter verstecken, die Dividenden würden ja fürs Jahr vor der Corona-Pandemie ausbezahlt. Wer jetzt noch Gewinne an Aktionärinnen und Aktionäre ausschütte, obwohl man Kurzarbeitsentschädigungen erhalten habe, bediene sich schamlos an Steuergeldern.

«Selbstbedienungsmentalität»

Ein Wink mit dem Zaunpfahl an Konzerne wie die Swatch Group. Die Uhrenfirma hatte im letzten Jahr ganze 240 Millionen Franken an Kurzarbeitsentschädigung erhalten. Ihren Aktionären winken voraussichtlich trotzdem 181 Millionen Franken an Dividenden.

SP-Nationalrätin Meyer betont: «Diese Selbstbedienungsmentalität macht mich richtig wütend.» Es könne nicht sein, dass hunderttausende Menschen schmerzliche Lohneinbussen hinnehmen müssten und KMUs und Selbstständige ums finanzielle Überleben kämpften, während sich unverantwortliche Eigentümerinnen und Eigentümer Millionendividenden von der Allgemeinheit finanzieren liessen, schimpft sie. «Wir müssen die Corona-Profiteure endlich stoppen.»

Reichen die Argumente dieses Jahr?

Nicht nur mit politischen Vorstössen wollen die Sozialdemokraten gegen die die «Selbstbedienungsmentalität» der Grosskonzerne vorgehen – nein, die SP lanciert auch eine Kampagne. «Es gilt der Bevölkerung aufzuzeigen, dass sich einige wenige an der Allgemeinheit bereichern», doppelt Kampagnenleiter Flavien Gousset (23) nach. Schon letzten Frühling wurde eine Petition dazu von 36'000 Menschen unterzeichnet.

Um ihr Anliegen im Parlament voranzutreiben braucht Mattea Meyer vorerst «nur» 13 Unterstützer – das wäre eine knappe Mehrheit in der SGK. Es wird sich weisen, ob die Rechtfertigung aus dem letzten Jahr tatsächlich nicht mehr zieht.


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