Energiedebatte der Atomlobby
Atomlobby wirbt mit «Deville» – SRF prüft rechtliche Schritte

Die atomfreundliche Volksinitiative «Blackout stoppen» wirbt mit Ausschnitten aus der Satiresendung «Deville» um Unterschriften. Nun prüft SRF, ob es juristisch dagegen vorgehen will.
Publiziert: 22.04.2023 um 00:37 Uhr
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Aktualisiert: 18.01.2024 um 10:24 Uhr
Thomas Angeli, «Beobachter»
Beobachter

Die Schweiz müsse jetzt dringend für eine sichere, eigenständige sowie umwelt- und klimaschonende Stromversorgung sorgen: Das fordern die Initiantinnen und Initianten der Volksinitiative «Jederzeit Strom für alle (Blackout stoppen)», für die zurzeit Unterschriften gesammelt werden. Hinter der Initiative stehen Personen aus dem Umfeld des Energie-Clubs, eines erst vor wenigen Jahren gegründeten, aber finanziell gut gestellten Vereins der Atomlobby.

Das Initiativkomitee wirbt auf sozialen Medien intensiv um Stimmen. In den vergangenen Wochen postete das Komitee auf Facebook, Instagram und Twitter jedoch nicht nur eigene Inhalte, sondern nutzte auch kurze Ausschnitte aus der Satiresendung «Deville» von SRF vom 19. März 2023. Diese Posts wurden auch auf Facebook und Instagram beworben. Allein zwischen Mitte März und Mitte April gab das Initiativkomitee auf den beiden Plattformen zusammen knapp 3200 Franken für Werbung aus.

Zur Person

Thomas Angeli ist seit 1999 Redaktor beim Beobachter. Er mag investigative Recherchen und engagiert sich beim Verein Lobbywatch.

Thomas Angeli ist seit 1999 Redaktor beim Beobachter. Er mag investigative Recherchen und engagiert sich beim Verein Lobbywatch.

Aus dem Zusammenhang gerissen

In den verwendeten Ausschnitten wird der Eindruck erweckt, dass Moderator Dominic Deville (48) über ein Revival der Atomkraft berichtet und die Initiative befürwortet. So ist unter anderem zu sehen, wie er auf eine Umfrage des Instituts Sotomo verweist, wonach Jugendliche wieder vermehrt Atomkraft befürworten. Am Schluss wird denn auch die Website von «Blackout stoppen» eingeblendet.

Dominic Deville bringt die Verwendung von Ausschnitten seiner Sendung durch die Atomlobby «nicht zum Strahlen».
Foto: SRF/Oscar Alessio
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Die zitierten Passagen sind aus dem Zusammenhang gerissen. Tatsächlich macht sich Deville nur Sekunden später über die «Atomjugend» lustig: «Ihr macht euch Sorgen um die radikale Klimajugend oder Neonazis wie die ‹Neue Tat› und ‹Eisenjugend›?», fragt er. «Das ist alles Pipifax. Jetzt kommt die Atomjugend!»

Beobachter
Artikel aus dem «Beobachter»

Dieser Artikel wurde aus dem «Beobachter» übernommen. Weitere spannende Artikel findest du auf www.beobachter.ch.

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Dieser Artikel wurde aus dem «Beobachter» übernommen. Weitere spannende Artikel findest du auf www.beobachter.ch.

Es dürfte eine Aussage sein, die den Initiantinnen und Initianten von «Blackout stoppen» deutlich weniger in den Kram passt. Entsprechend wird sie in den Facebook- und Instagram-Posts des Komitees nicht gezeigt.

Deville und SRF findens nicht lustig

Dominic Deville hat die Posts von «Blackout stoppen» gesehen. Sie brächten ihn «nicht unbedingt zum Strahlen», sagt er: «Letztlich stehen hinter der Initiative genau diejenigen Kreise, die mir immer wieder vorwerfen, dass ich als Satiriker alles aus dem Kontext reisse. Und jetzt machen sie genau dies.»

Auch SRF ist nicht amüsiert, dass das Initiativkomitee Ausschnitte aus «Deville» verwendet. Die Unabhängigkeit gehöre zu den zentralen Werten journalistischer Arbeit, sagt Mediensprecher Florian Ott. SRF erlaube deshalb grundsätzlich keine Nutzung seiner Inhalte für politische oder kommerzielle Werbung: «SRF prüft nun rechtliche Schritte.»

Der Energie-Club Schweiz gibt sich gelassen. Man sei davon ausgegangen, dass «die Verwendung des Materials kein Problem darstellt», schreibt Präsidentin Vanessa Meury auf Anfrage: «Die Vertreter unseres Komitees wurden von SRF auch nicht gefragt, ob die in der Sendung eingeblendeten Porträtbilder und Materialien verwendet werden dürfen.» Falls die Verwendung des Materials ein Problem darstelle, könnten die Verantwortlichen von SRF «gern gutschweizerisch mit dem Initiativkomitee Kontakt aufnehmen».

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