FDP rechnet mit 97 Rytz-Stimmen
Wann darf Cassis zufrieden sein?

Ignazio Cassis dürfte sich am Mittwoch als Bundesrat behaupten. Doch einen kleinen Dämpfer wird es geben. Der Tessiner könnte ein sehr schlechtes Resultat einfahren.
Publiziert: 08.12.2019 um 23:30 Uhr
Dass Regula Rytz am Mittwoch zur Bundesrätin gewählt wird, ist unwahrscheinlich.
Foto: Keystone
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Sermîn FakiPolitikchefin

Dass Aussenminister Ignazio Cassis (58) bis Weihnachten sein Büro im Bundeshaus West räumen muss, glaubt zwei Tage vor der Bundesratswahl am Mittwoch kaum noch jemand. Glücklich unter dem Christbaum in Montagnola TI sitzen wird er aber kaum. Denn auch wenn Cassis seinen Sitz verteidigt, wird er für einen wiedergewählten Bundesrat ein schlechtes Ergebnis einfahren.

BLICK weiss: In der FDP rechnet man damit, dass die Grünen-Herausforderin Regula Rytz (57) 97 Stimmen macht. Bei möglichen 246 Stimmen – so viele National- und Ständeräte gibt es – kann Cassis nur auf 149 Stimmen hoffen.

Bekommt auch Christa Rigozzi wieder Stimmen?

Und zwar im besten Fall. Denn, wie ein Blick auf die Gesamterneuerungswahlen seit 20 Jahren zeigt, legen manche Parlamentarier einen leeren Wahlzettel ein, andere schreiben Namen auf – etwa den eines anderen Nationalrats. Auch die Tessiner Ex-Miss-Schweiz Christa Rigozzi (36) wurde schon aufgeschrieben. Um die 20 Stimmen gehen pro Wahl so jeweils «verloren».

Damit droht Cassis ein historisch schlechtes Ergebnis – zumal gemäss «NZZ am Sonntag» in der CVP Pläne gewälzt werden, statt Cassis oder Rytz Namen von GLP-Politikern aufzuschreiben.

Auch in SVP und FDP gibt es Leute, die Cassis einen Denkzettel verpassen wollen. Schlossen sich nach der Grünen-Kampfansage die Reihen hinter ihm, sind nun wieder einige versucht, leer einzulegen oder aber jemand anders aufzuschreiben. Denn von Rytz geht ja nun keine Gefahr mehr aus.

Leuenberger und Dreifuss kamen auf 150 Stimmen

Doch was wäre ein schlechtes Ergebnis? Für einen Vergleich bietet sich die Bundesratswahl vom 15. Dezember 1999 an. Damals war die SVP in der gleichen Situation wie die Grünen heute: Als klare Wahlsiegerin hatte die SVP einen Anspruch auf einen zweiten Bundesratssitz und wollte diesen mit Christoph Blocher (79) erobern. Blocher trat damals gegen die beiden SP-Magistraten Ruth Dreifuss (79) und Moritz Leuenberger (73) an.

Wie wohl Rytz 20 Jahre später, scheiterte auch Blocher am Machtkartell der Bundesratsparteien. Er erhielt nur 58 Stimmen aus seiner eigenen Fraktion. Was Dreifuss und Leuenberger respektable Ergebnisse von 148 und 154 Stimmen bescherte. Für Cassis kaum zu erreichen.

Kann Cassis Widmer-Schlumpf überflügeln?

Wirklich blamabel wäre Cassis' Resultat aber, wenn er nicht einmal das Ergebnis von Eveline Widmer-Schlumpf (63) bei ihrer Wiederwahl 2011 erreichen könnte. Denn obwohl der Anspruch der BDP als Kleinpartei klar nicht gegeben war, wurde sie mit 131 Stimmen gewählt. Und zwar, obwohl es mit Jean-François Rime (69) und Hansjörg Walter (68) zwei ernst zu nehmende SVP-Kandidaten gab.

Bis 10 Uhr muss Cassis zittern

Am Mittwoch steht nur ein Geschäft auf der Traktandenliste des Parlaments: die Bestellung der Landesregierung. Ab 8 Uhr wird der Bundesrat gewählt. Interessanteste Wahl wird diejenige von Aussenminister Ignazio Cassis (58) – denn die Grünen haben angekündigt, den Sitz mit Präsidentin Regula Rytz (57) anzugreifen.

Dass sie Erfolg haben, ist unwahrscheinlich. Wirklich sicher kann sich Cassis aber erst kurz nach 10 Uhr sein. Denn weil die Bundesräte nach ihrer Amtsdauer gewählt werden, kommen erst Ueli Maurer (69), Simonetta Sommaruga (59), Alain Berset (47) und Guy Parmelin (60) an die Reihe. Solange muss Cassis also zittern.

BLICK berichtet ab 7.40 Uhr live aus dem Bundeshaus. Wahlforscher Claude Longchamp (62), bekannt aus vielen Abstimmungssendungen als «Mann mit der Fliege», wird die Wahl der Landesregierung aus der Wandelhalle analysieren.

Politikwissenschaftler Claude Longchamp kommentiert die Bundesratswahl für BLICK.

Am Mittwoch steht nur ein Geschäft auf der Traktandenliste des Parlaments: die Bestellung der Landesregierung. Ab 8 Uhr wird der Bundesrat gewählt. Interessanteste Wahl wird diejenige von Aussenminister Ignazio Cassis (58) – denn die Grünen haben angekündigt, den Sitz mit Präsidentin Regula Rytz (57) anzugreifen.

Dass sie Erfolg haben, ist unwahrscheinlich. Wirklich sicher kann sich Cassis aber erst kurz nach 10 Uhr sein. Denn weil die Bundesräte nach ihrer Amtsdauer gewählt werden, kommen erst Ueli Maurer (69), Simonetta Sommaruga (59), Alain Berset (47) und Guy Parmelin (60) an die Reihe. Solange muss Cassis also zittern.

BLICK berichtet ab 7.40 Uhr live aus dem Bundeshaus. Wahlforscher Claude Longchamp (62), bekannt aus vielen Abstimmungssendungen als «Mann mit der Fliege», wird die Wahl der Landesregierung aus der Wandelhalle analysieren.

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