«Die Verantwortung liegt definitiv bei Bombardier»
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Streitthema Bombardier-Züge:«Die Verantwortung liegt definitiv bei Bombardier»

FV Dosto hat Kinderkrankheiten ohne Ende
Bombardier hat den Mund zu voll genommen

Die Politik will wissen, wer Schuld an dem ganzen Debakel rund um den neuen Zug der SBB ist.
Publiziert: 11.02.2019 um 23:56 Uhr
Andreas Meyer, CEO der SBB, verspricht, dass der neue Doppelstockzug FV Dosto noch vor dem Sommer im Fernverkehr eingesetzt wird.
Foto: Keystone
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Sermîn FakiPolitikchefin

Er wackelt und schwankt, die Türen schliessen nicht zuverlässig, die Klimaanlage zickt – der neue Doppelstockzug FV Dosto von Bombardier macht vor allem eins: Probleme. Falls er denn überhaupt fährt. Noch immer kommt es jeden Tag zu Störungen bei einem der zwölf Dosto-Züge, die derzeit auf dem Schweizer Netz unterwegs sind.

Gestern nun mussten die Spitzen von SBB und Bombardier bei der Verkehrskommission des Nationalrats antraben (BLICK berichtete). Denn die Politik hat die Geduld verloren. Sie will wissen, wer schuld am Debakel ist. Für SBB-Chef Andreas Meyer (57) ist klar: «Der Hersteller», wie er BLICK sagte. Und er gab zu: «Mir stinkt es.» Aber derzeit gebe es nichts anderes, als zusammen mit Bombardier zu schauen, dass der Zug endlich ins Rollen kommt.

1,9 Milliarden Franken

Was Meyer auch sagte: Bombardier hat den Mund bei der Offerte ein bisschen voll genommen. Die Kanadier hätten vor zehn Jahren in ihrer Offerte viel versprochen und mit Garantien unterlegt – «jetzt müssen sie liefern», so Meyer.

Dass Bombardier den SBB vor zehn Jahren das Blaue vom Himmel herunter versprach, verwundert nicht. Der Auftrag war mehr als nur lukrativ. 
1,9 Milliarden Franken lassen sich die SBB die insgesamt 
59 Züge kosten – eine Jahrhundertausschreibung.

Ob alles optimal lief bei dieser Ausschreibung, das soll die Geschäftsprüfungskommission (GPK) untersuchen, hat die Kommission beschlossen. Sie soll auch Antworten auf viele der Fragen finden, die in der Verkehrskommission unbeantwortet blieben.

Strecke St. Gallen–Genf noch vor den Sommerferien

Klar ist heute nur: Die Anforderungen an die Hersteller waren extrem hoch. Die SBB bestellten einen Zug, der noch nicht existierte. Doppelstöckig und geräumig genug, um mehr Passagiere zu befördern. Schnell in den Kurven, um die Reisezeit zwischen Bern und Lausanne sowie St. Gallen und Zürich unter eine Stunde zu drücken.

Bombardier versprach das alles und obendrein auch noch energiesparender zu sein. Auf dem Papier haben die Kanadier geliefert. In der Praxis nicht.

Damit steht der nächste Krach bereits im Haus: Meyer hat offenbar nicht vor, die vereinbarten 1,9 Milliarden Franken komplett zu bezahlen. Stattdessen will er den Schaden durch die Pannen und Lieferschwierigkeiten des Herstellers vom Gesamtpreis abziehen. Das dürfte eine heftige Auseinandersetzung werden.

Für Bombardier sind die Probleme jedoch nur «Kinderkrankheiten», wie Schweiz-Chef Stéphane Wettstein (59) sagte. Man glaubt dort an den Zug. Schon bald kann sich Bombardier beweisen: Meyer kündigte an, der erste FV Dosto solle noch vor den Sommerferien auf der Paradestrecke St. Gallen–Genf fahren.

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