Gegen die Energiekrise
Bundesrat will schnellere Bewilligungsverfahren für Kraftwerke

Die Energiekrise ist nach wie vor ein grosses Thema. Um in Zukunft genug Strom zu haben, will der Bundesrat die Bewilligungsverfahren für Kraftwerke beschleunigen.
Publiziert: 22.06.2023 um 10:53 Uhr
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Aktualisiert: 22.06.2023 um 12:50 Uhr

Solarkraftwerke, Windparks und Wasserkraftwerke von nationalem Interesse sollen schneller geplant und bewilligt werden. Zum dafür vorgesehenen Beschleunigungserlass des Bundesrates kann sich nun das Parlament äussern.

Heute kann es bis zu 20 Jahre dauern, bis eine Anlage projektiert und bewilligt ist. Dies zeigen die Verzögerungen beim Mega-Solarprojekt in Grengiols VS. Mit den vom Bundesrat in der Botschaft an die Räte vorgeschlagenen Änderungen des Energiegesetzes soll das für Anlagen von nationalem Interesse künftig schneller gehen. Der Bundesrat möchte, dass das Parlament die Vorlage schon ab kommendem August berät.

Weniger Einsprachemöglichkeiten

Einerseits soll der Ausbau der einheimischen Stromproduktion aus Sonnenenergie sowie Wind- und Wasserkraft helfen, die am Sonntag an der Urne gutgeheissenen und nun gesetzlich verankerten Klimaziele zu erreichen. Andererseits soll der Ausbau die Abhängigkeit der Schweiz vom Ausland verringern.

Für Solar- und Windkraftanlagen soll es in den Kantonen neu ein konzentriertes Plangenehmigungsverfahren geben, wie das Amt für Raumentwicklung (ARE) am Donnerstag schrieb. Der Standortkanton allein soll in Zukunft den Bau von Anlagen sowie deren Erweiterungen und Erneuerungen bewilligen.

Er soll auch jene Bewilligungen aussprechen, die heute die Gemeinde erteilt. Die Gemeinden sollen aber nicht aussen vor bleiben, sondern früh ins Verfahren einbezogen werden. Genaue Vorgaben dazu macht das Gesetz den Kantonen indes nicht.

Um die Energiekrise abzuwenden, will der Bundesrat die Bewilligungsverfahren für Kraftwerke beschleunigen. Im Bild der Stausee Gigerwald.
Foto: Sven Thomann
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Maximal 180 Tage

Das konzentrierte Verfahren, das von der Nutzungsplanung bis zur Baubewilligung geht, soll verhindern, dass ein Projekt in Etappen aufgeteilt wird und jeder einzelne Entscheid bis vor Bundesgericht angefochten werden kann. Das Verfahren soll innerhalb von 180 Tagen ab Vorliegen aller Unterlagen abgeschlossen sein.

Bei Wasserkraftwerken will der Bundesrat aber beim bisherigen zweiteiligen Verfahren bleiben. Nach Angaben in der Botschaft will das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) in diesem Punkt einer Forderung der Kantone und der Strombranche nachkommen.

Weiter schlägt der Bundesrat einen verkürzten Rechtsweg für die Planung und den Bau von Solar-, Windkraft- und auch Wasserkraftanlagen vor. Auf kantonaler Ebene sollen Beschwerden nur noch an das obere kantonale Gericht möglich sein. Dieses soll nach Vorliegen aller Unterlagen in 180 Tagen entscheiden. Dieser Entscheid kann vors Bundesgericht gezogen werden.

Lokale und auch kantonale Organisationen dürfen keine Einsprachen machen

Einsprache erheben können sollen nur noch Standortgemeinden und -kantone sowie national tätige Organisationen. Das ARE nennt als Beispiele den WWF, Pro Natura und die Stiftung Landschaftsschutz. Lokale und auch kantonale Organisationen sollen nach dem Willen des Bundesrates gegen Planungen keine Beschwerden mehr führen können.

Schneller gehen mit Projekten soll es auch, indem die Kantone in ihren Richtplänen Gebiete bezeichnen, die sich für Solar- und Windkraftanlagen eignen, mit Rücksicht auf Interessen von Landschaftsschutz, Biotopen, Wald und Landwirtschaft. Sind in einem solchen Gebiet Anlagen von nationalem Interesse geplant, braucht es im Richtplan keine auf jedes Projekt bezogene Grundlage mehr.

Auch Stromnetz-Ausbau wird beschleunigt

Schneller gehen soll auch die Planung für den Stromnetz-Ausbau. Der Bund soll darauf verzichten, für Höchstspannungsleitungen - sie führen von Kraftwerken zu lokalen und regionalen Verteilnetzen - ein Planungsgebiet festzusetzen. Neu soll ein Planungskorridor festgelegt und im Korridor dann die Leitungsführung bestimmt werden.

Der Beschleunigungserlass ist eine von vier Vorlagen zur Stärkung der einheimischen Stromversorgung. Bereits in Kraft ist der befristete «Solarexpress» für mehr Winterstrom. Im Sommer fügten die Räte einen ebenfalls befristeten «Windexpress» hinzu. Dieser soll Anfang 2024 in Kraft treten und es ermöglichen, planerisch weit fortgeschrittene Projekte rasch zu realisieren.

Im Parlament in Beratung ist schliesslich der sogenannte Mantelerlass, der die Versorgung der Schweiz mit erneuerbaren Energien regeln soll. Die Bestimmungen des Beschleunigungserlasses sind als Ergänzung des Mantelerlasses gedacht und sollen die befristeten «Express»-Vorlagen ablösen. (SDA/shq)


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