Geschwärzter Bericht zu Waffenexporten
Das wollte der Bund verheimlichen

Der Bund zensierte Teile eines kritischen Berichts zur Waffenexport-Praxis der Schweiz. Jetzt wird bekannt, was hinter den geschwärzten Zeilen stand.
Publiziert: 05.09.2018 um 20:13 Uhr
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Aktualisiert: 19.12.2022 um 19:06 Uhr
Sermîn Faki

Mitten in die hitzige Debatte um die geplante Lockerung der Schweizer Waffenexportregeln liess die Eidgenössische Finanzkontrolle am Montagabend eine Bombe platzen: Die obersten Finanzaufseher zeigten in einem Bericht auf, dass die strengen Schweizer häufig umgangen werden (BLICK berichtete).

Viele Details blieben allerdings im Dunkeln – denn auf Geheiss des Wirtschaftsdepartements und des dort angesiedelten Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) wurden Teile des Berichts geschwärzt. Die SRF-Sendung «Rundschau» kam nun in den Besitz einer ungeschwärzten Version. Und der bringt neue Erkenntnisse.

Kontrolleure finden Waffen nicht

Vor allem zeigt er, dass der Bund nicht garantieren kann, dass die ausgelieferten Waffen nur in den Händen bleiben, für die sie bestimmt waren. Seit 2012 führt das Seco Kontrollen zu den exportierten Rüstungsgütern durch. Diese sogenannten «Post Shipment Verifications» zeigen eklatante Lücken in der Exportpolitik auf: So konnten beispielsweise 2014 in Brasilien nur elf von 26 gelieferten Piranha-Panzer gefunden werden, in der Ukraine nur 25 Prozent aller exportierten Gewehre. Ein Jahr später konnte das Seco in Mexiko sogar nur 113 von 500 Gewehren ausfindig machen.

Wie der SonntagsBlick publik machte, landeten Schweizer Ruag-Handgranaten bei Islamisten in Syrien.
Foto: ZVG
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Dennoch ist das Seco sicher, dass die Gewehre nicht weitergegeben wurden. Es teilte der «Rundschau» mit, dass weder physische Kontrollen, noch fotographische Belege «irgendwelche Hinweise ergaben, dass sich die Waffen nicht mehr beim Endempfänger befinden». Nur: Wo sie sind, weiss das Seco nicht.

Per Schleichweg nach Katar

Geschwärzt wurde im EFK-Bericht auch ein weiteres Beispiel, wie die strengen Regeln von den Rüstungsherstellern umgangen werden können: Der bundeseigene Rüstungskonzern Ruag wollte Minenwerfer vom Typ Cobra via Finnland nach Katar exportieren – weil direkte Exporte nach Katar wegen des Jemenkriegs nicht erlaubt sind. Eine Firma hätte die Minenwerfer dort in finnische Panzer montiert. Kurz vor der SRF-Sendung stoppte die Ruag das Projekt jedoch, wie die «Rundschau» selbst sagte.

Die Ruag widerspricht. Es habe sich nicht um ein Gesuch, sondern um eine unverbindliche Voranfrage gehandelt. «Ruag hat keine Absicht, Kriegsmaterial nach Katar zu liefern», so Sprecherin Kirsten Hammerich zu BLICK. Zudem habe die Ruag die Voranfrage bereits vor vier Monaten und völlig unabhängig von der «Rundschau» zurückgezogen.

Das war der grösste Profiteur

Im ungeschwärzten EFK-Bericht findet sich zudem eine Statistik zu den Ausfuhrgesuchen. Daraus wird klar, dass die Bundesverwaltung bei fast allen Gesuchen grünes Licht erteilt. 2016 wurden 2395 Anträge mit einem Volumen von 2'195 Millionen Franken bewilligt, lediglich 29 Gesuche mit einem Wert von 17 Millionen Franken wurden abgelehnt.

Der ungeschwärzte Bericht zeigt auch, welche Firmen am meisten exportieren: Wie BLICK weiss, war 2016 der grösste Profiteur Rheinmetall Air Defence. Er lieferte Waffensysteme im Wert von 180 Millionen Franken – und war damit für 36 Prozent aller Exporte verantwortlich.

Auf dem zweiten Platz landete die Munitionsfirma Ruag Ammotec mit 38,9 Millionen Franken und neun Prozent aller Exporte. Auf Platz dann die Rheinmetal-Tochter RWM, die Munition im Wert von 37,3 Millionen exportierte.

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