Gewählt, aber in Asien unterwegs
Verstossen Wermuths Ferien gegen Parlamentsgesetz?

Das Parlament macht die Gesetze fürs ganze Land. Man dürfte erwarten, dass sich auch die Parlamentsmitglieder an diese halten müssen. Ganz so streng nimmt man es in Bundesbern aber nicht. Das zeigt exemplarisch die Ferienabwesenheit von SP-Chef Cédric Wermuth.
Publiziert: 29.02.2024 um 07:01 Uhr
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Aktualisiert: 10.05.2024 um 20:46 Uhr
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Pascal TischhauserStv. Politikchef

Cédric Wermuth (38) ist zurück. Der SP-Co-Präsident und Nationalrat hatte eine zweimonatige Auszeit genommen. Wie er berichtet, erholte er sich mit seiner Familie bei Ferien in Vietnam und auf den Philippinen.

Der SPler hatte nach den Wahlen im Herbst und der Ersatzwahl für den abgetretenen Bundesrat Alain Berset (51) richtig abgeschaltet. Seine Parlamentsarbeit ruhte seit Weihnachten, in den Kommissionen liess er sich vertreten.

Im Gesetz steht es anders

Dabei ist das Parlamentsgesetz klar: «Die Ratsmitglieder sind verpflichtet, an den Sitzungen der Räte und Kommissionen teilzunehmen», heisst es in Artikel 10. National- und Ständeräte können den Sitzungen aber beispielsweise aus gesundheitlichen Gründen fernbleiben. Solche führte Wermuth nicht ins Feld.

SP-Co-Präsident Cédric Wermuth weilte zwei Monate lang in den Ferien.
Foto: Keystone
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Auf Anfrage an die Leitung des Nationalrats antwortet der höchste Schweizer persönlich. Nationalratspräsident Eric Nussbaumer (63) bestätigt «die gesetzliche Verpflichtung der Ratsmitglieder zur Teilnahme an den Sitzungen und Räten». Auf weitere Fragen geht Wermuths Parteikollege Nussbaumer nicht ein.

Er verweist jedoch auf das Geschäftsreglement des Nationalrats, in dem es in Artikel 18 heisst, dass Kommissionsmitglieder sich vertreten lassen können. Nur: Die Möglichkeit, dass jemand einspringt, wenn ein Parlamentsmitglied krank ist, entbindet dieses nicht von der Anwesensheitspflicht.

Wermuth widerspricht Nussbaumer

Dieser Sicht widerspricht Wermuth – und damit auch der Ratsleitung. Von einer Verletzung des Parlamentsgesetzes könne keine Rede sein, das sei eine «Fehleinschätzung». «Abwesenheiten von Ratsmitgliedern kommen praktisch bei jeder Kommissionssitzung vor. Dies aus den unterschiedlichsten privaten und beruflichen Gründen.» Wie Nussbaumer verweist auch Wermuth auf Artikel 18. «An Sessionstagen habe ich selbstverständlich nicht gefehlt.»

Der SP-Politiker weist auf eine Praxis hin, die sich quer durch die Parteien breitgemacht hat. Auch aus der SVP ist bekannt, dass Fraktionsmitglieder sehr frei an Kommissionssitzungen teilnehmen oder sich vertreten lassen. Doch hier steht die Praxis dem Parlamentsgesetz entgegen.

Wermuth geht nicht auf die Frage ein, ob er die finanzielle Entschädigung für sein Nationalratsmandat, die er von der Eidgenossenschaft erhält, anteilmässig für die zwei Ferienmonate zurückgibt oder spendet. Auch nicht darauf, wie er seine Abwesenheit finanziell innerhalb seiner Partei geregelt hat.

«Merci, Mattea»

Co-Präsidentin Mattea Meyer (36) hatte während Wermuths Abwesenheit die SP-Führung alleine besorgen müssen. «Ich bin sehr dankbar, dass Mattea und die Partei meiner Familie und mir diese Auszeit von den Kommissionssitzungen und der Parteiarbeit nach der ausserordentlichen Belastung im Wahljahr ermöglicht haben», schreibt er Blick. Sie teilten das höchste Parteiamt, um die Balance zwischen der Verantwortung des Amtes und Familienzeit wahren zu können.

Höchster Schweizer sieht keinen Verstoss

Anlässlich eines Vorstosses hat sich das Büro des Nationalrats Anfang Mai zur Auszeit von Cedric Wermuth (38) geäussert: «Es ist den Ratsmitgliedern überlassen, wie sie die Arbeit für das Parlament einteilen und wie weit diese eine Anwesenheit in Bern voraussetzt», heisst es in der Antwort auf einen Vorstoss von SVP-Nationalrat Andreas Glarner (61). Zu Deutsch: Aus Sicht des Büros ist es völlig in Ordnung, eine zweimonatige Auszeit zu nehmen, so wie Wermuth das Anfang Jahr tat. Dem schliesst sich auch Nationalratspräsident Eric Nussbaumer (63) an: «Es liegt meiner Einschätzung nach kein Verstoss gegen das Gesetz und die damit verbundenen Ausführungsbestimmungen vor.» (sf)

Anlässlich eines Vorstosses hat sich das Büro des Nationalrats Anfang Mai zur Auszeit von Cedric Wermuth (38) geäussert: «Es ist den Ratsmitgliedern überlassen, wie sie die Arbeit für das Parlament einteilen und wie weit diese eine Anwesenheit in Bern voraussetzt», heisst es in der Antwort auf einen Vorstoss von SVP-Nationalrat Andreas Glarner (61). Zu Deutsch: Aus Sicht des Büros ist es völlig in Ordnung, eine zweimonatige Auszeit zu nehmen, so wie Wermuth das Anfang Jahr tat. Dem schliesst sich auch Nationalratspräsident Eric Nussbaumer (63) an: «Es liegt meiner Einschätzung nach kein Verstoss gegen das Gesetz und die damit verbundenen Ausführungsbestimmungen vor.» (sf)

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