Gewerkschaftsbund zieht Vergleich zur AHV
So viel teurer kommt die dritte Säule

Die Bürgerlichen wollen die dritte Säule ausbauen. Die Linke läuft Sturm, denn sie will die AHV stärken. Nun legt der Gewerkschaftsbund neue Vergleichszahlen vor.
Publiziert: 02.11.2021 um 10:16 Uhr
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Aktualisiert: 02.11.2021 um 11:26 Uhr
Ruedi Studer

Jetzt geht es hart auf hart: Die nationalrätliche Sozialkommission hat den Sozialpartner-Kompromiss in der beruflichen Vorsorge (BVG) definitiv vom Tisch gefegt. Einen Rentenzuschlag, um die zunehmende Rentenlücke auszugleichen, erhält nur noch eine Minderheit. Der Grossteil der Pensionskassen-Versicherten geht bei der neuen BVG-Reform leer aus.

Doch es kommt noch dicker: Die bürgerliche Mehrheit hat ein fettes 500-Millionen-Steuergeschenk für Gutverdiener ins Paket gepackt: Die steuerfreien Maximalbeiträge an die dritte Säule – also die private Vorsorge – sollen erhöht werden. Davon profitiert nur, wer genügend Geld flüssig hat. Aktuell sind es knapp 11 Prozent der Versicherten, die sich den Maximalbeitrag überhaupt leisten können. Das heisst: Auch hier geht Otto Normalverdiener leer aus.

Linke und Gewerkschaften laufen Sturm gegen die Neuerung. Sie stehen gleich doppelt in Verteidigungshaltung. Nicht nur bei den Pensionskassen, sondern auch bei der AHV-Reform ziehen die Bürgerlichen eine harte Linie durch. Bei beiden Vorlagen droht das Referendum.

Was kostet die Altersvorsorge?
Foto: imago images/photothek
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Dritte Säule kommt teurer

Nun versucht der Schweizerische Gewerkschaftsbund den Befreiungsschlag. Mit einer neuen Studie zum Preis-Leistungs-Verhältnis von AHV und privater Vorsorge geht er in die Offensive. Die Studie berechnet dabei in verschiedenen Berufen, wie viel man in die AHV einzahlt und welche Rente man im Alter dafür bekommt. Danach folgt der Vergleich: Wie viel muss in die private Vorsorge einbezahlt werden, um auch in der dritten Säule eine gleich hohe Rente zu erhalten.

Dabei wird jeweils mit Frauen und Männern gerechnet, die ab 21 Jahren AHV einzahlen und 2063 in Rente gehen.

Das Resultat: Eine Verkäuferin müsste monatlich 488 Franken mehr einbezahlen – also gut 9 Lohnprozente zusätzlich. Ein Strassenbauarbeiter müsste 432 Franken mehr berappen. Bei einer Gesundheits-Fachfrau würden die monatlichen Mehrkosten sogar 571 Franken betragen.

Doch auch Gutverdienende kommt die dritte Säule teurer zu stehen: Eine Oberärztin müsste monatlich 475 Franken aufwenden. Eine Assistenzprofessorin immerhin noch 150 Franken.

Fast doppelt so teuer

Alleinstehende Frauen mit mittleren Einkommen bezahlen während ihres Erwerbslebens heute gut 300'000 Franken in die AHV ein. Müssten sie dieselbe Rente privat ansparen, wäre das fast doppelt so teuer, so die Studie. «Sie sparen dank der AHV über 250'000 Franken.» Und auch alleinstehende Männer fahren gemäss den Berechnungen besser.

Dass die AHV das Rennen macht, liegt insbesondere am Solidaritätsprinzip in der AHV. Die Beiträge werden auf die vollen Löhne gezahlt. Reiche zahlen also deutlich mehr in die AHV ein, als sie später effektiv beziehen. Während die Beiträge nach oben offen sind, ist die AHV-Rente selbst gedeckelt – auf maximal 2390 Franken für Alleinstehende und 3555 Franken für Ehepaare. Eine klassische Umverteilung von oben nach unten also.

«Die AHV schlägt mit ihrem Preis-Leistungs-Verhältnis die private Vorsorge um Längen», zieht der Gewerkschaftsbund in einer Mitteilung Fazit. Für 90 Prozent der Bevölkerung koste ein Rentenfranken in der AHV weniger als in der 3. Säule. «Eine übergrosse Mehrheit der Berufstätigen bezahlt dank der AHV deutlich weniger, als wenn sie die gleiche Rente über die private Vorsorge ansparen müssten.»

Gewerkschaften wollen 13. AHV

Ein Ausbau der dritten Säule wie nun in der BVG-Reform vorgeschlagen sei daher «sozialpolitisch und volkswirtschaftlich falsch». Für die Gewerkschaften ist vielmehr klar, dass die AHV gestärkt – also ausgebaut – werden muss. «Eine 13. AHV-Rente ist die beste Lösung, um die grösser werdende Rentenlücke der Berufstätigen zu schliessen.»

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