Grosse Nachfrage nach Gesetzesänderung
Dutzende wollen das Geschlecht wechseln

Vom Mann zur Frau und umgekehrt: Seit 1. Januar ist es in der Schweiz möglich, ganz einfach das offizielle Geschlecht zu ändern. Die Nachfrage ist gross.
Publiziert: 09.01.2022 um 12:33 Uhr

Um Namen und Geschlecht zu ändern, war der Gang vor Gericht bis vor Kurzem unumgänglich. Am 1. Januar ist nun eine Gesetzesänderung in Kraft getreten. Neu ist es viel einfacher und günstiger, den offiziellen Geschlechtseintrag bei den Behörden zu ändern – es reicht dafür ein Termin beim Zivilstandsamt.

Erste Zahlen zeigen, wie sehr die Vereinfachung von Betroffenen herbeigesehnt worden ist. Dutzende Personen haben in den Kantonen bereits einen Antrag auf Änderung des Geschlechtseintrags gestellt. Allein in der Stadt Zürich sind in der ersten Januarwoche 20 Anträge eingegangen, schreibt die «NZZ am Sonntag». 8 sind es in Basel, 4 in Luzern, 5 in Winterthur, 14 in Genf. Der Kanton Bern hat 23 Gesuche registriert.

«Wahnsinnig schöne Begegnungen»

Meist sind es Personen unter 30 Jahren, die das offizielle Geschlecht ändern wollen. In einem Fall handelt es sich um eine minderjährige Person. Sie braucht für die Änderung das Einverständnis der Eltern.

Personen, die sich nicht mit dem offiziellen Geschlecht identifizieren, können es seit 1. Januar einfach ändern.
Foto: Thinkstock
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Beim Stellen der Anträge auf Geschlechtsänderung sei es zu «wahnsinnig schönen Erlebnissen und Begegnungen» gekommen, sagt Roland Peterhans, Teamleiter beim Zivilstandsamt der Stadt Zürich und Präsident des Schweizerischen Verbands für Zivilstandswesen, zur «NZZ am Sonntag». Die Betroffenen seien «einfach glücklich, dass sie ohne Umweg über das Gericht kommen können».

Schulungen für die Standesbeamten

In zahlreichen Zivilstandsämtern fanden im Vorfeld der Gesetzesänderung Schulungen statt, um das Personal mit der neuen Aufgabe vertraut zu machen. Denn es gibt genaue Vorgaben: Laut Gesetz darf jede Person den Geschlechtseintrag ändern lassen, die «innerlich fest davon überzeugt ist, nicht dem im Personenstandsregister eingetragenen Geschlecht zuzugehören». Weitere Voraussetzungen gibt es keine. Die Beamten dürfen also keine Begründung verlangen. Nur wenn ein «offensichtlicher Missbrauch» besteht, darf eine Änderung des Eintrags verweigert werden.

Die Behörden gehen aber nicht davon aus, dass das vorkommt. Fabio Palumno, Leiter des Zivilstandsamts Winterthur ZH, sagt: «Bei einem Verdacht sind wir bereit, mehr einzufordern von den Antragstellern, im Extremfall ein medizinisches Gutachten. Das soll aber die Ausnahme sein.» (lha)

«Ich hatte Angst, dass sich der Richter dagegen entscheidet»
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