Günstige Stadtwohnungen auch für Reiche? Zürcher Finanzvorsteher Leupi schockiert
«Ich kann nicht verstehen, was Rot-Grün da reitet»

Ausgerechnet das links-grüne Lager im Zürcher Gemeinderat kippte die Einkommenslimite aus der Verordnung zur Vergabe von günstigem Wohnraum. Nun droht das Referendum.
Publiziert: 11.01.2024 um 10:34 Uhr
Gerade in Zürich ist für viele kaum bezahlbarer Wohnraum zu finden. Daher wurde eigens das Planungs- und Baugesetz angepasst.
Foto: Keystone
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In Zürich eine günstige Wohnung zu finden, ist fast schon wie ein Sechser im Lotto. Der bezahlbare Wohnraum ist mittlerweile mehr als knapp. Damit aber auch jene eine Wohnung finden können, die nicht über genügend finanzielle Mittel verfügen, hat die Zürcher Stimmbevölkerung eigens das Planungs- und Baugesetz angepasst.

Seit 2019 können Gemeinden bei Auf- oder Umzonungen von privaten Investoren und Baugenossenschaften einen Mindestanteil an preisgünstigem Wohnraum einfordern. Für die Vergabe von günstigen Wohnungen gelten seither verschiedene Kriterien: unter anderem eine Einkommenslimite. So sollen sich eben gerade auch Menschen mit geringem Einkommen eine Wohnung leisten können.

Ausgerechnet Linke kippt Einkommenslimiten

Doch ausgerechnet SP, Grüne und AL kippten die Einkommenslimiten am Mittwoch im Gemeinderat mit 60 zu 52 Stimmen aus der Verordnung, berichtet der «Tages-Anzeiger». Getreu nach dem Motto «Für alle statt für wenige» sollen auch Reiche von günstigem Wohnraum profitieren können. Zudem setzten sie Ausnahmen bei der Wohnsitzpflicht und der Mindestbelegung durch.

Gerade der grüne Finanzvorsteher Daniel Leupi (58) reagierte ungewöhnlich scharf gegen das eigene politische Lager: «Ich kann nicht verstehen, was Rot-Grün da reitet.» Ohne Einkommenslimite würden jene benachteiligt, die solchen Wohnraum dringend benötigen.

«Schwarzer Tag für Zürcher Wohnungspolitik»

GLP-Vertreter Nicolas Cavalli sprach von einem «schwarzen Tag für die Zürcher Wohnungspolitik». Wenn nun plötzlich alle Anspruch auf eine günstige Wohnung hätten, werde der Mangel an solchen zusätzlich verschärft. Es könne doch nicht sein, dass etwa ein Millionär zur Kostenmiete allein in einer 5-Zimmer-Wohnung leben könne, wird er im «Tages-Anzeiger» zitiert.

Claudia Rabelbauer (EVP) warf der Linken «Augenwischerei» vor. Bei der Einkommenslimite gehe es ja genau darum, preisgünstige Wohnungen jenen zukommen zu lassen, die sie wirklich benötigten. Ein Referendum gegen die Vorlage sei so gut wie sicher.

SP: Kontrolle bedeutet Mehraufwand

Die SP verteidigte die Streichung der Einkommenslimiten. Alle, ob reich oder nicht, sollten Anspruch auf günstiges Wohnen haben. Möglichst alle sollten zur Kostenmiete leben können, so Sprecher Patrick Tscherrig. Niemand solle gezwungen werden, die «Rendite von Immobilienfirmen zu finanzieren».

Zudem würden mehr Vorschriften auch einen bürokratischen Mehraufwand bedeuten. Das wiederum mache den Bau von preisgünstigen Wohnungen unattraktiver. (dba)

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