Brigitte Blocher (†75) stürzte beim Wandern in den Tod
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Schwester von alt Bundesrat:Brigitte Blocher (†75) stürzte beim Wandern in den Tod

Illustrer Blocher-Clan
Die zehn Geschwister des SVP-Doyens

SVP-Doyen Christoph Blocher wurde 1940 in eine Grossfamilie geboren. Insgesamt hatte er zehn Geschwister. Doch die wenigsten tickten politisch wie er. Einige Schwestern stellten sich öffentlich gegen ihn.
Publiziert: 28.04.2020 um 20:20 Uhr
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Aktualisiert: 29.04.2020 um 08:50 Uhr
Ruedi Studer und Sermîn Faki

Brigitte Blocher (†75) und ihre Mitbewohnerin Sonja G.* (†75) wollten zusammen die Frühlingssonne geniessen. Doch sie kamen nicht von ihrer Wanderung zurück – die beiden sind im Glarnerland abgestürzt.

Brigitte Blocher war eine jüngere Schwester von SVP-Doyen und alt Bundesrat Christoph Blocher (79). «Wir haben Bescheid bekommen, dass es sich bei der am Osterwochenende abgestürzten Frau um meine Schwester Brigitte handelt. Es war ein tragischer Unfall beim Wandern», bestätigt er gegenüber BLICK.

«Ich habe meine Schwester vor etwa drei Wochen das letzte Mal gesehen. Sie war für mich der Inbegriff einer sozialen Frau – es war ihre Natur zu helfen, wo Hilfe nötig war», erzählt Christoph Blocher. Dabei sei sie immer sehr fröhlich gewesen. «So führte sie einmal über acht Wochen eine Bäckerei, damit die Bäckereibesitzerin eine Operation durchführen lassen konnte.» In den letzten Jahren habe sie sich um Senioren gekümmert, diese besucht und mit ihnen gesungen.

Brigitte Blocher (†75) und ihre Mitbewohnerin Sonja G.* (†75).
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Die Geschwister des SVP-Doyens

Es ist nicht das erste Mal, dass Blocher um eines seiner Geschwister trauert. Denn er wurde in eine Grossfamilie geboren – mit insgesamt elf Kindern, von denen mittlerweile sechs verstorben sind.

Ein illustrer Clan, der teils völlig unterschiedliche Wege ging, wie die Übersicht zeigt:

Gerhard Blocher (†82). Christoph und Gerhard Blocher waren auch Brüder im Geiste. Gerhard Blocher politisierte stramm konservativ. Er war bis zu seiner Pensionierung nicht nur Pfarrer von Hallau – manche nannten ihn gar «Papst von Hallau» –, sondern danach von 1998 bis Ende 2001 auch Präsident der Schaffhauser Gemeinde. 2007 wurde er auf einen Schlag schweizweit bekannt. In einem Dokumentarfilm, den SRF vor den damaligen Bundesratswahlen ausstrahlte, bezeichnete er das Bundeshaus als «Sauladen», zückte das Sackmesser und meinte: «Das heisst Nahkampf, das heisst Blut!» Der umstrittene Bruder war ein weiteres Argument für die Abwahl Christoph Blochers. Die beiden waren sehr eng verbunden.

Judith Giovannelli-Blocher (87). Sie ist das zweitälteste der elf Kinder. Sie machte eine Ausbildung zur Sozialarbeiterin und war Abteilungsleiterin der Fachhochschule für Sozialarbeit in Bern sowie freiberufliche Organisationsberaterin und Supervisorin. Bekannt wurde sie als Schriftstellerin, insbesondere mit ihrer Autobiografie «Der rote Faden», in der sie sich auch kritisch mit ihrer Kindheit in der Blocher-Familie auseinandersetzte. Sie verkörpert den politischen Gegensatz zu Christoph Blocher. Sie setzte sich für Benachteiligte ein, kämpfte für die Rechte der Frauen, engagierte sich für eine Mikrosteuer oder ein bedingungsloses Grundeinkommen. Zusammen mit anderen «Klima-Seniorinnen» verklagte sie den Bundesrat vor zwei Jahren wegen seiner laschen Klimapolitik. Ihr öffentlich ausgetragener Kampf mit Bruder Christoph sorgte immer wieder für Schlagzeilen. Heute lebt sie als Schriftstellerin mit ihrem Mann in Biel BE.

Sophie Blocher (†66). Sophie Blocher arbeitete elf Jahre lang als Krankenschwester und Hebamme für die Basler Mission in Ghana, studierte Theologie, arbeitete als Pfarrerin versteckte illegal Flüchtlingsfamilien, lebte alleine in einer Dreizimmerwohnung in Basel und gründete ein Obdachlosenheim. Jahrelang engagierte sie sich still für Benachteiligte und sagte nichts zur Politik ihres Bruders Christoph. Im Jahr 2000 brach die 2002 verstorbene Theologin ihr Schweigen. In einem Interview machte sie klar, dass sie das Heu kein bisschen auf der gleichen Bühne hätte wie ihr prominenter Bruder. Sie zog dabei gar Parallelen zu Hitler, äusserte sich aber differenziert: «Christoph ist kein Hitler! Ich glaube, er ist auch kein Rassist. Aber der Stil meines Bruders erinnert mich manchmal an Hitler.» Auch ihr Bruder habe «eine demagogische Macht». Die beiden Geschwister trennten Welten – sie hatten sich nicht viel zu sagen.

Andreas Blocher (76). Andreas Blocher war Gymnasiallehrer, Historiker und Publizist. Bekannt wurde er 1994 mit seinem Essay «Mein Bruder Christoph» – einer höchst kritischen Betrachtung des SVP-Politikers. Als Publizist schaltete sich Andreas Blocher in die politische Debatte ein und schlug 2002 eine Reform des Ständemehrs vor: Die Grosskantone sollten drei, die mittleren zwei und die kleinen eine Standesstimme erhalten.

Hedwig Blocher (77). Die Malerin und Dichterin wanderte in die USA aus. Sie lebt mittlerweile wieder in der Schweiz.

Gertrud Schneider-Blocher (74). Die Jüngste im Blocher-Bund ist Gertrud Schneider-Blocher. Sie lernte Kindergärtnerin und war als Familienberaterin und Katechetin tätig. Sie amtete auch als Sozialdiakonin der Kirchgemeinde Zürich-Felsenberg.

Therese Bach-Blocher (†70). Sie war gelernte Primarlehrerin und zog nach dem frühen Tod ihres Mannes ihre drei Kinder alleine auf. Sie engagierte sich für Flüchtlinge und war gegen den SVP-Kurs ihres Bruders. Sie war in der SP aktiv und warb für den Uno-Beitritt, den ihr Bruder zu verhindern suchte.

Miriam Blocher (†79). Sie lernte Hauspflegerin und verstarb 2018.

Martin Blocher (†48). Er war das älteste der elf Kinder. Er studierte Sprachwissenschaften und verstarb mit 48 Jahren nach einer Gelbsucht.

Brigitte Blocher (†75). Sie hatte früher als Hausbeamtin gearbeitet und – wie Bruder Christoph erzählt – für einige Wochen in einer Bäckerei ausgeholfen. Die Natur und das Wandern waren ihre grosse Leidenschaft. Sie wohnte zusammen mit einer ebenfalls verstorbenen Freundin in Linthal GL.

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