Im Kampf gegen CO2-Gesetz
Coop und Migros finanzieren Fake News

Während die Detailhändler Migros und Coop auf Grün machen, kämpfen ihre Tankstellen-Töchter gegen das CO2-Gesetz. Mitunter auch mit Falschinformationen.
Publiziert: 06.05.2021 um 01:34 Uhr
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Aktualisiert: 08.05.2021 um 13:49 Uhr
Aline Leutwiler

Der Abstimmungskampf um das CO2-Gesetz ist in vollem Gang. Auch der Verband der Erdöl-Importeure, Avenergy Suisse, mischt mit. «Das neue CO2-Gesetz kostet viel und bringt nichts. Es führt zu mehr Bürokratie, mehr Verboten, mehr Vorschriften und neuen Steuern und Abgaben», so die Lobbyorganisation.

Doch die Erdöl-Importeure belassen es nicht bei einem harmlosen politischen Statement. Der Verband verbreitet auch Falschinformationen. Eine ganze Ausgabe widmet das Verbands-Magazin «Avenue» dem Thema CO2 – und nimmt es dabei mit den Fakten nicht immer so genau.

Einmal dafür, einmal dagegen

Das wirft auch ein schiefes Licht auf die beiden Detailhändler Coop und Migros. Ihre Tochterfirmen, die Tankstellenbetreiberinnen Migrol und Coop Mineraloel AG, sitzen im Vorstand von Avenergy. Während sich die beiden Detailhändler ökologisch engagieren und als Mitglieder der IG Detailhandel für das CO2-Gesetz weibeln, finanzieren sie gleichzeitig Fake News der Gegner.

Das CO2-Gesetz wird bekämpft. Unter anderem vom Verband Avenergy.
Foto: Keystone
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Der renommierte Klimaphysiker Reto Knutti (47) von der ETH wirft Avenergy unter anderem vor, dass das erwähnte Heft falsche Zitate enthalte, Daten selektiv verwende und die Darstellungen irreführend seien. Sein Fazit: «Wissenschaftlich ungenügend, voller Fehler, irreführend und im Vorfeld der Abstimmung zum CO2-Gesetz höchst problematisch.»

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So schreibe Avenergy beispielsweise, dass Klimamodelle den Wasserdampf nicht berücksichtigen würden. Das stimme nicht. Zudem würden Daten von 2005 statt 2021 verwendet. Und in einer Grafik zu den CO2-Emissionen der Schweiz die beiden grössten Emissionsquellen, Verkehr und Gebäude, einfach ignoriert.

Verband weist Vorwürfe von sich

Der Verband wehrt sich gegen die Kritik. «Die aktuelle Ausgabe des Magazins ist für ein Publikum gedacht, das sich nicht vertieft mit der Materie beschäftigen kann oder will. Das beinhaltet natürlich auch Vereinfachungen. Die beanstandeten wissenschaftlichen Ungenauigkeiten betreffen bestenfalls Nebenschauplätze», sagt Geschäftsführer Roland Bilang (58). Man bestreite die negativen Folgen des Klimawandels keinesfalls, sondern zeige auf, wie die Branche CO2 senke.

Im Heft wird allerdings auch behauptet, dass «dank CO2» die Erde «grüner» werde. So hätten die Grünflächen in den vergangenen Jahrzehnten um 25 bis 50 Prozent zugenommen, wie eine Studie gezeigt habe. Das ist falsch. Nicht die Grünfläche hat zugenommen, sondern 25 bis 50 Prozent der bestehenden Grünflächen seien üppiger geworden, wie Knutti hervorhebt.

Bilang gibt zu: «In einem Fall ist uns tatsächlich ein Interpretationsfehler unterlaufen, dahinter steckt keine Absicht.» Den Vorwurf, absichtlich Fehlinformation zu verbreiten, weist er vehement zurück.

Migros und Coop reagieren zurückhaltend

Die Migros, die sich mit der Kampagne «Generation M» für Nachhaltigkeit starkmacht, will zu den kritisierten Aussagen von Avenergy keine Stellung nehmen. Die Migros engagiere sich seit Jahren konsequent und freiwillig für die Reduktion der CO2-Emissionen, heisst es auf Anfrage. Öffentlich von den Falschinformationen distanzieren will sich der Detailhändler indes nicht: «Die Entscheidung zum CO2-Gesetz liegt nun beim Stimmvolk.»

Bei Coop, dessen Nachhaltigkeitsstrategie den Slogan «Taten statt Worte» trägt, tönt es ähnlich. Auch der andere orange Riese distanziert sich auf Anfrage nicht von Avenergy-Behauptungen. «Bei der Beurteilung der IG Detailhandel steht die Abwägung der Gesamtinteressen im Zentrum. Avenergy verfolgt spezifische Interessen», teilt die Medienstelle nur mit.

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