Im Streit mit Italien
Schweiz soll Druck für Ausschaffungen erhöhen

Wer kein Anrecht auf Asyl hat, wird ausgeschafft. Doch das müsse effizienter geschehen, findet die staatspolitische Kommission des Nationalrats.
Publiziert: 10.11.2023 um 18:49 Uhr
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Aktualisiert: 10.11.2023 um 19:21 Uhr

Seit Monaten weigert sich Italien, Flüchtlinge zurückzunehmen, obwohl das Land müsste. Nun haben Schweizer Parlamentarier die Nase voll. Die staatspolitische Kommission des Nationalrats will «maximalen Druck auf Italien ausüben, damit das Land seinen Verpflichtungen nachkommt», schreibt sie in einer Mitteilung. Sie stimmt einem entsprechenden Vorstoss von FDP-Ständerat Damian Müller (39) zu.

Streitpunkt zwischen der Schweiz und seinem Nachbarn ist das Dublin-Abkommen. Dieses regelt die Behandlung von Asylgesuchen. So sollen in den meisten Fällen jene Länder zuständig sein, in denen die Asylsuchenden als Erstes angekommen sind. Reist eine Person dennoch weiter in ein anderes Land, soll sie wieder zurückgeschickt werden. Doch Italien verweigert seit Dezember 2022 Rücknahmen.

Bundesrat soll in Brüssel intervenieren

Der Schweiz sind die Hände gebunden. Die Asylsuchenden bleiben hier und der Bund trägt die Kosten. Solange Italien stur bleibt, geschieht nichts. Doch nun soll der Bundesrat in Brüssel Druck machen.

Ohne Anrecht auf Asyl müssen Migranten die Schweiz verlassen – doch oft ist das kaum möglich.
Foto: IMAGO/Antonio Balasco
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Die Nationalratskommission fordert, dass er im Rat der Justiz- und Innenminister der EU interveniert. Die Schweiz soll die Europäische Kommission auffordern, «alle notwendigen Massnahmen zu ergreifen», damit sich Italien an das Abkommen hält, heisst es im Vorstoss.

Zudem beschäftigte sich die Kommission mit der Rückführung von abgelehnten Asylsuchenden. So nahm sie eine Motion von SVP-Ständerat Werner Salzmann (61) mit 17 zu 8 Stimmen an. Diese fordert eine «Rückführungsoffensive von Straftätern und Gefährdern». Der Bundesrat soll ein Konzept vorlegen, wie die Schweiz mehr Betroffene ausweisen kann. Auch seien mehr Rücknahmeabkommen abzuschliessen sowie die freiwillige Heimkehr zu fördern.

Zwangsweise Rückkehr oft schwierig

Der Ständerat hatte im Sommer noch Sanktionen gegen unkooperative Länder verlangt. Etwa die Kürzung von Entwicklungshilfen. Die Nationalratskommission strich diese Forderung aber wieder heraus. Dem Vernehmen nach, weil Entwicklungshilfe nicht per se etwas Staatliches sei, sondern oft durch Nichtregierungsorganisationen betrieben werde.

Auch hat die Kommission zwei anderen Vorstössen eine Abfuhr erteilt. Beide hatte FDP-Ständerat Müller eingereicht. Geht es nach ihm, soll die Schweiz abgewiesene Eritreer in ein Drittland schicken. Denn die eritreischen Behörden akzeptieren keine zwangsweise Rückkehr ihrer Staatsbürger. Genauso wie Algerien. Daher forderte Müller – so wie SVP-Salzmann –, dass Massnahmen gegen stänkernde Länder ergriffen werden.

Noch im Sommer stiessen diese beiden Anliegen im Ständerat auf Zuspruch. Für die Nationalratskommission aber gehen sie zu weit. Die Mehrheit ist der Ansicht, die Situation mit Algerien habe sich ohnehin verbessert. Über alle vier Vorlagen entscheidet als Nächstes der Nationalrat in der Wintersession. Stimmt er einzelnen Vorhaben zu, muss der Bundesrat aktiv werden. (rba)

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