Cassis besucht den Krater der Explosion
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Im zerstörten Hafen von Beirut
Cassis besucht den Krater der Explosion

Der Bundesrat legte eine Schweigeminute für die Opfer ein – und liess sich informieren, wie die Schweiz beim Wiederaufbau von Beirut hilft.
Publiziert: 07.04.2021 um 20:06 Uhr
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Aktualisiert: 09.04.2021 um 21:25 Uhr
Aussenminister Ignazio Cassis (59) besucht den zerstörten Hafen von Beirut.
Foto: Walid Rashid
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Christian Dorer (Text) und Walid Rashid (Fotos) aus Beirut

Die Schweizer Botschafterin Monika Schmutz Kirgöz (53) warnte uns vor dem Besuch des zerstörten Hafens: «Es stinkt, es hat tote Ratten, es ist hässlich. Aber es ist die Realität.» Am 4. August 2020 explodierten dort 2750 Tonnen Ammoniumnitrat. Die Wucht tötete 180 Menschen, verletzte 6500, machte 300'000 obdachlos.

Ohne die 60-jährigen, stabilen Getreidesilos der Schweizer Firma Bühler wäre es noch schlimmer gekommen: Die Kolosse stehen direkt neben dem Krater, schwer beschädigt, aber sie stehen noch. Sie haben etwa die Hälfte der Druckwelle absorbiert.

Auf seiner Nahost-Reise besucht Aussenminister Ignazio Cassis (59) derzeit Beirut. Die Zerstörung rund um den Hafen ist heute fast gleich wie vor acht Monaten: Hochhäuser ragen wie Skelette in die Luft, Schrott und Trümmer so weit das Auge reicht.

Ein Land am Abgrund

Der Libanon ist bankrott und ohne reguläre Regierung. Wegen der Inflation haben die Menschen ihre Ersparnisse verloren, viele haben nicht mehr genug zu essen, Strom gibt es nur an zwölf Stunden pro Tag. Bezahlen kann man nur noch in US-Dollar, und nur cash.

Cassis lässt sich am Ort der Explosion von lokalen Vertretern der Firma Bühler erklären, wie sie die Silos stabilisieren, die immer noch mit Getreide gefüllt sind, und wie dereinst ein neues Silo entstehen soll.

Cassis ruft zur Schweigeminute auf

Bewegt ruft Cassis seine Delegation zu einer Schweigeminute auf im Gedenken an die Toten und sagt zu Blick: «Ich fühle tiefe Solidarität mit den Opfern. Nach der ersten Welle der humanitären Hilfe bieten wir jetzt Unterstützung für den Wiederaufbau an.»

Tatsächlich war die Schweiz das allererste Land, das mit Hilfsgütern vor Ort war – bereits 40 Stunden nach der Explosion!

Sechs Millionen Franken stellte unser Land zur Verfügung. Zuerst beurteilten Schweizer Ingenieure, ob Menschen in ihre beschädigten Gebäude zurückkehren konnten. Dann wurden 19 Schulen und zwei Spitäler repariert. Eines dieser Spitäler wird dieser Tage eröffnet.

Doktor Cassis besucht ein Spital

Eine Krankenschwester der Babystation erzählte dem Bundesrat aufgewühlt, wie sie damals nach der Explosion sofort von zu Hause ins Spital gerannt sei, Verletzte links und rechts liegen lassen musste, um sich um die 18 Babys zu kümmern, die im zerstörten Spital lagen. Zum Glück hätten alle überlebt.

Jetzt erstrahlt das Spital in neuem Glanz. Ignazio Cassis und seine Gattin Paola sind beide Ärzte und konnten auch fachlich beurteilen, ob alles bereit ist für die Wiedereröffnung. «Alles ist top-top», freut sich der Bundesrat.

Die Botschafterin hatte übrigens recht mit ihrer Warnung: Der Gestank am Hafen geht nicht mehr aus Nase und Kleidern. Und unsere Schuhe mussten nach dem Hafenrundgang entgiftet werden.

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