Immobilien von Bund, SBB und Post spülen Privaten Millionen in die Kasse
Diese Filetstücke sind schon weg

Der Kluge kam schon zum Zuge: Staatsbetriebe und Bund warfen in den letzten Jahren Immobilien mit viel Potenzial auf den Markt. Wer am meisten bot, kam zum Zug. Ergebnis des Monopoly mit Volksvermögen: Viele Filetstücke sind schon weg! BLICK zeigt, wo die Post abgegangen ist.
Publiziert: 09.04.2018 um 23:47 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 01:50 Uhr
Die SBB verkauften mit dem Gotthardgebäude am Schweizerhofquai in Luzern ihr Tafelsilber an die börsenkotierte Immobiliengesellschaft Swiss Prime Site.
Foto: Sigi Tischler
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Cinzia Venafro, Florian Wicki, Sermîn Faki

Hoch über Bern – mit Blick auf Eiger, Mönch, Jungfrau und Altstadt – thront der ehemalige Post-Hauptsitz Schönburg an einer Top-Lage. Nachdem die Post in ihr neues Hauptquartier beim Bahnhof Wankdorf eingezogen ist – zur Miete übrigens –, wollte sie das alte loswerden. 2009 ging das kreuzförmige Gebäude an den Immobilienfonds der Credit Suisse, der es 2014 an die börsenkotierte Immobiliengesellschaft Swiss Prime Site AG (SPS) verkaufte.

Diese baute das Areal um: Bald sollen 140 hochwertige Wohnungen und Stadthäuser bezugsbereit sein – für Monatsmieten bis zu 3500 Franken. Ein Design-Hotel, eine Coop-Filiale und ein Fitness-Center komplettieren das Angebot.

Seit 2014 werden keine Top-Liegenschaften mehr verkauft

Schönburg ist nicht das einzige Filetstück, das die Post verkauft hat. Für je mehr als 20 Millionen Franken gingen auch Immobilien in Lausanne, Luzern und St. Gallen in neue Hände über. Was der gelbe Riese heute bereut. Daher verpasste er sich 2014 eine neue Strategie. Seither werden nur noch Liegenschaften mit einem Wert unter zwei Millionen Franken verkauft.

In Luzern boten die SBB 2016 ihr Tafelsilber feil: Und SPS zahlte 78 Millionen Franken für das altehrwürdige Gotthard-Gebäude am Schweizerhofquai. Pikant: Hauptmieter des 1875 errichteten Denkmals ist das Bundesgericht. Kurz nach dem Verkauf freute sich Peter Lehmann, der heutige CEO von SPS, vollmundig: «Mit dem Gotthardgebäude ergab sich die seltene Gelegenheit, ein historisch wertvolles Gebäude von nationaler Bedeutung zu erwerben. An bester Lage, in hervorragendem Zustand und mit einem Mieter höchster Bonität ...»

Schon 2009 begannen die SBB mit dem eigenen Prestigeprojekt, der Europaallee in Zürich. Bis spätestens 2020 sollen in der Nähe des Hauptbahnhofs 6000 Arbeitsplätze, 400 Wohnungen und 700 Parkplätze entstehen. Einziger Wermutstropfen: Das Baufeld C, wo heute die UBS-Filiale steht, würden die SBB heute nicht mehr an die Grossbank verkaufen, sondern das ganze Grundstück für sich behalten. Das Wertsteigerungspotenzial des Bodens sei zu gross, um ihn abzustossen.

Foto: BLICK

Erst im Dezember verkauften die SBB noch ein Glanzstück

Daher streben auch die SBB an, «mittelfristig weniger Areale zu veräussern, sondern diese vermehrt selber zu entwickeln», wie Sprecher Olivier Dischoe sagt. Doch noch Ende 2017 verscherbelte der Konzern ein Grundstück mit Potenzial: Am Genfer Bahnhof Lancy entsteht der neue Stadtteil Esplanade de Pont-Rouge. Auf dem von den SBB verkauften Filetstück, der Landparzelle Esplanade 4, baut nun SPS für rund 260 Millionen Franken eine 15-stöckige Büro-Immobilie. «Hier werden wir Raum für rund 1500 neue Arbeitsplätze schaffen», so SPS-Sprecher Markus Waeber.

Wie hoch die Mieten sein werden, ist noch nicht bekannt. Gemäss Visualisierung wird es aber ein Stadtteil für Besserverdienende. Warum die SBB die Parzelle verkauft haben, sagen sie nicht. Stattdessen verweisen sie auf die Medienmitteilung des Käufers, die das Potenzial in den höchsten Tönen rühmt.

Business-Apartments statt günstigere Wohnungen

Nicht nur die Staatsbetriebe, auch der Bund spielt gern Monopoly: Ende 2018 verlässt die Eidgenössische Alkoholverwaltung ihren Hauptsitz an der Berner Länggasse. Was der Bund nutzte, um die Liegenschaft zum Richtpreis von rund 35 Millionen Franken auszuschreiben. Da konnte die Stadt Bern – die gern günstige Wohnungen auf dem Areal gebaut hätte – nicht mithalten. Ihr Höchstgebot betrug «nur» rund 18 Millionen.

Den Zuschlag erhielt die Luzerner Firma Glandon Apartments AG, spezialisiert auf Business-Apartments. Der Verkauf sorgte für heftige Kritik und brachte Grünen-Chefin Regula Rytz (56) sogar dazu, im Nationalrat einen Vorstoss einzureichen. Sie fordert den Bund auf, bei Verkauf von Liegenschaften in Zukunft mehr Gewicht auf den Gemeinnutzen als auf die Rendite zu legen. Die lapidare Antwort: Verkäufe seien nicht dazu da, Wohnungspolitik zu betreiben. Für SP-Nationalrätin Jacqueline Badran ist das klar «Verfassungsbruch»: «Es ist eine Schande, wie sorglos mit unserem Boden umgegangen wird», so die Zürcherin.

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