Interne Dokumente zeigen – F-35 kämpft mit technischen Problemen
Armee hat Zweifel an US-Kampfjet

Der amerikanische F-35 kämpft mit technischen Problemen. Das geht aus internen Dokumenten der Armee hervor. Diese äussert Zweifel am Jet, genauso wie die US-Behörden. Der Hersteller will davon nichts wissen.
Publiziert: 23.07.2020 um 09:48 Uhr
|
Aktualisiert: 25.09.2020 um 09:06 Uhr
Daniel Ballmer

Das Verteidigungsdepartement (VBS) hat Zweifel an einem der vier Flugzeugtypen, deren Kauf sich die Schweiz überlegt. Das zeigen interne Dokumente. Dabei geht es um das US-Tarnkappenflugzeug F-35: «Wir haben allen Grund, die Überschallfähigkeiten des F-35A infrage zu stellen», zitiert die Zeitung «La Liberté» aus dem Papier.

Das Problem: Beim F-35 würden die Typen B und C «unter ernsthaften Problemen bei der Verwendung des Nachbrenners» leiden. Der Nachbrenner des Triebwerks verleiht dem Jet zusätzlichen Schub, um Überschallgeschwindigkeit zu erreichen. Beim F-35 aber führe er rasch zur Überhitzung des Flugzeughecks.

US-Verteidigungsministerium räumt Mängel ein

Die Hitze könne zu Blasenbildung an der Tarnkappen-Schicht führen. Auch empfindliche Sensoren könnten beschädigt werden. Das US-Verteidigungsministerium räumte bereits im April ein, «die Mängel nicht beheben zu können». Daher sei die Weisung eingeführt worden, den Nachbrenner nur noch sehr kurzfristig einzusetzen.

Der amerikanische F-35 kämpft mit technischen Problemen. Nun soll auch noch der Nachbrenner rasch zur Überhitzung des Flugzeughecks führen.
Foto: mauritius images
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Was heisst das für die Schweiz? Zur Erinnerung: Am 27. September stimmen wir über den Kauf neuer Kampfjets ab. Kostenrahmen: maximal sechs Milliarden Franken. Noch offen sind die genaue Zahl und das Modell. Bei einem Ja an der Urne will der Bundesrat seine Wahl unter den vier konkurrierenden Kandidaten Ende des Jahres treffen. So soll ein Debakel wie bei der Ablehnung des schwedischen Gripen 2014 verhindert werden.

Schweizer Militär schöpft Verdacht

Bei der Schweizer Armee sei nun aber der Verdacht aufgekommen, dass beim F-35 nicht nur die Typen B und C mit Schwierigkeiten beim Nachbrenner zu kämpfen haben, schreibt «La Liberté». Von den Problemen betroffen sein könnte auch Typ A, der es bei der Schweizer Beschaffung in die engere Auswahl geschafft hat.

Gegenüber BLICK will Hersteller Lockheed Martin von den Problemen nichts wissen. «Piloten können den F-35 bis an die äussersten Grenzen von Geschwindigkeit und Höhe bringen, ohne das Flugzeug dauerhaft zu beschädigen», schreibt der US-Konzern. Anders sieht das die US-Luftwaffe, die die Flugzeiten bei hoher Geschwindigkeit begrenzt hat.

Bei Tests werde der F-35 wiederholt an die Grenzen der Leistungsfähigkeit getrieben, um die langfristige Sicherheit während der erwarteten Lebensdauer des Jets zu gewährleisten, so Lockheed Martin. Und weiter: «Es ist höchst unwahrscheinlich, dass diese spezifischen Überschall-Testflugbedingungen in einem realen Kampfszenario auftreten, geschweige denn wiederholt im selben Flugzeug.»

Gegenüber «La Liberté» hatte Lockheed Martin noch argumentiert, dass der F-35A keine Probleme habe, da der Nachbrenner nicht die gleichen Eigenschaften wie die Modelle B und C aufweise. Nun soll es gar kein Problem mehr geben.

Testergebnisse bleiben geheim

Das zuständige Bundesamt für Rüstung (Armasuisse) äussert sich kaum zu einzelnen Flugzeug-Typen. Sprecher Kaj-Gunnar Sievert stellt aber klar, dass der F-35A «das gleiche Versuchsprogramm wie die anderen Kandidaten absolviert hat, darunter auch eine Luftpolizei-Mission im Überschallbereich». Die Ergebnisse dieser Tests bleiben geheim.

Die Mängelliste des US-Jets wird länger und länger. Erst kürzlich berichtete BLICK, dass der F-35 Blitze meiden muss. Bei einem Einschlag könnte er explodieren, räumte Lockheed Martin ein. Bereits der Prüfbericht des US-Verteidigungsministeriums vom Februar zählte 873 Software-Mängel auf. Hinzu kamen Probleme bei der Treffsicherheit der Bordkanone.

«Es wäre absurd, wenn der US-Tarnkappenbomber F-35 am Schluss zu langsam wäre für luftpolizeiliche Abfangdienste», kommentiert SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf (51). «Das Grundproblem ist: Die wirklichen sicherheitspolitischen Bedürfnisse der Schweiz stehen bei diesem Projekt nicht im Vordergrund.» Sonst würde das VBS den SP-Vorschlag für den Kauf leichter Kampfjets ernsthaft prüfen, ist Seiler Graf überzeugt. Es evaluiere aber lieber Jets, die für den klassischen Kriegseinsatz entwickelt wurden.

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Neue Kampfjets – Darum geht's am 27. September

Bundesrat und Parlament wollen ab 2025 für sechs Milliarden Franken neue Kampfjets beschaffen. Diese sollen die bestehende Flotte aus F/A-18- und Tiger-Jets ablösen. Doch dagegen haben die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA), die SP und die Grünen das Referendum ergriffen. Abgestimmt wird am 27. September.

Die Gegner argumentieren vorab mit zu hohen Kosten. Zudem sei die Schweizer Luftwaffe im internationalen Vergleich auch nach der Ausmusterung der Tiger-Jets gut gerüstet. Zur Erfüllung des Luftpolizei-Auftrags genügten die vorhandenen F/A-18. Diese seien erst kürzlich auf den neusten Stand der Technik gebracht worden.

Aus Sicht der Befürworter – FDP, SVP, CVP, BDP, GLP und EVP – ist ein Ersatz hingegen unbedingt nötig. Sie argumentieren zudem damit, dass die Flugzeuge ausschliesslich aus dem normalen Armeebudget finanziert werden sollen. Welcher Flugzeugtyp beschafft werden soll, wird der Bundesrat erst nächstes Jahr entscheiden.

Das Verteidigungsdepartement (VBS) wollte schon einmal neue Jets kaufen, bekam aber eine Abfuhr: 2014 lehnten über 53 Prozent der Schweizer Stimmbürger den Gripen ab. Nun startet das VBS einen neuen Versuch. Neben den sechs Milliarden für neue Jets will es für weitere zwei Milliarden eine bodengestützte Luftverteidigung (Bodluv) kaufen.


Bundesrat und Parlament wollen die in die Jahre gekommene Schweizer Flotte durch neue Kampfflugzeuge ersetzen.
Keystone

Bundesrat und Parlament wollen ab 2025 für sechs Milliarden Franken neue Kampfjets beschaffen. Diese sollen die bestehende Flotte aus F/A-18- und Tiger-Jets ablösen. Doch dagegen haben die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA), die SP und die Grünen das Referendum ergriffen. Abgestimmt wird am 27. September.

Die Gegner argumentieren vorab mit zu hohen Kosten. Zudem sei die Schweizer Luftwaffe im internationalen Vergleich auch nach der Ausmusterung der Tiger-Jets gut gerüstet. Zur Erfüllung des Luftpolizei-Auftrags genügten die vorhandenen F/A-18. Diese seien erst kürzlich auf den neusten Stand der Technik gebracht worden.

Aus Sicht der Befürworter – FDP, SVP, CVP, BDP, GLP und EVP – ist ein Ersatz hingegen unbedingt nötig. Sie argumentieren zudem damit, dass die Flugzeuge ausschliesslich aus dem normalen Armeebudget finanziert werden sollen. Welcher Flugzeugtyp beschafft werden soll, wird der Bundesrat erst nächstes Jahr entscheiden.

Das Verteidigungsdepartement (VBS) wollte schon einmal neue Jets kaufen, bekam aber eine Abfuhr: 2014 lehnten über 53 Prozent der Schweizer Stimmbürger den Gripen ab. Nun startet das VBS einen neuen Versuch. Neben den sechs Milliarden für neue Jets will es für weitere zwei Milliarden eine bodengestützte Luftverteidigung (Bodluv) kaufen.


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