Kahlschlag bei den Briefkästen
Das Ende der A-Post

Die Hälfte der gelben Briefkasten werden vor 9 Uhr morgens geleert. Faktisch bedeutet dies das Ende der A-Post. Im Parlament regt sich nun Widerstand gegen diesen Leistungsabbau.
Publiziert: 15.08.2021 um 00:52 Uhr
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Aktualisiert: 15.08.2021 um 11:11 Uhr
Simon Marti

Nur noch rund 1,7 Milliarden adressierter Briefe verteilte die Post im vergangenen Jahr – ein Rückgang um 5,6 Prozent im Vergleich zu 2019.

Das bleibt nicht ohne Folgen für den Service: Seit Ende Mai leert die Post etwa am Sonntag ihre Briefkästen kaum mehr; das Magazin «Saldo» hat festgestellt, dass von landesweit 14 000 gelben Kästen am Sonntag gerade noch 300 geleert werden.

Betroffen sind ländliche Gegenden, aber auch städtische Quartiere. In den Kantonen Jura, Nidwalden, Uri, Glarus und Thurgau leeren die Pöstler sonntags jeweils nur noch einen einzigen Briefkasten.

Seit Mai werden die allermeisten Briefkästen am Sonntag nicht mehr geleert.
Foto: Keystone
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Spardruck aufgrund tiefer Menge

Auch unter der Woche hat das neue Regime einschneidende Auswirkungen: Nur etwa die Hälfte aller Briefkästen wird nach 9 Uhr morgens geleert. Vielerorts bedeutet dies praktisch das Ende der A-Post: Couverts, die erst im Lauf des Vormittags eingeworfen werden, sind am Folgetag nicht am Ziel.

Die Post begründet die Einschnitte mit dem Spardruck aufgrund der schrumpfenden Briefmenge. Der Zürcher SVP-Nationalrat Mauro Tuena (49) will das nicht hinnehmen: «Das ist ein heimlicher Leistungsabbau. Und ein massiver noch dazu!» Es gehe nicht darum, das Briefkasten-Netz komplett im bisherigen Umfang beizubehalten. Aber einen Kahlschlag will Tuena nicht akzeptieren. «Das ist für die Privathaushalte mühsam», sagt er. «Fürs Gewerbe, die KMU, ist es geradezu schädlich.» So würden etwa später ausgelieferte Rechnungen auch später bezahlt.

Menge an Briefpost könnte weiter abnehmen

Postchef Roberto Cirillo (50) ist für Ende August in der zuständigen Fernmeldekommission des Nationalrats vorgeladen. Mauro Tuena verlangt, dass er dann alternative Lösungen aufzeige. Die sei die Post bislang schuldig geblieben.

Dabei stösst die Post in der Nationalratskommission nicht nur auf Unverständnis. Der Bündner Mitte-Parlamentarier Martin Candinas (40) kritisiert vielmehr die SVP. «Seien wir ehrlich: Entweder geben wir der Post die Möglichkeit, am Markt Gewinne zu erwirtschaften, mit denen sie den Service-public-Auftrag erfüllen kann – oder aber der Staat springt ein.» Beides lehne die SVP bekanntlich entschieden ab, sagt Candinas. «Es ist einfach nicht ehrlich, loszuschimpfen, wenn Abstriche gemacht werden.»

Das Volumen der Briefpost dürfte in Zukunft weiter abnehmen. «Ich glaube nicht, dass die heutigen Preise für Postsendungen noch lange zu halten sind», so Candinas. «Sonst wird es weitere Reduktionen beim Service public geben.»

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