Kampf gegen Blackouts
Kritik an geplanter Heizpolizei

Die Vorschläge des Bundesrats für den Fall einer Mangellage stossen auf Kritik bei Spitälern, Polizei und Parteien. Die SVP kritisiert die Pläne des eigenen Wirtschaftsminister Guy Parmelin scharf.
Publiziert: 10.12.2022 um 14:12 Uhr
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Aktualisiert: 10.12.2022 um 14:37 Uhr

Wie soll die Schweiz eine Strommangellage umgehen? Der Bundesrat hat vor knapp drei Wochen präsentiert, wie das geschehen soll. Unter anderem mit freiwilligem Stromsparen. Reicht das nicht aus, sollen Verbote in Eskalationsstufen verhängt werden. Je nachdem, wie angespannt die Lage wäre, sollen dann etwa Saunas, Rolltreppen oder Heizungen abgeschaltet werden. Im äussersten Notfall würde das Netz gebietsweise für einige Stunden abgeschaltet.

Wann diese Verbote und Einschränkungen ausgerufen werden, entscheidet der Bund in der konkreten Situation. Bis am Montag können sich Verbände und Parteien zu den Plänen äussern.

Aus den bisher eingegangen Antworten sieht man: So richtig Lust auf diese Pläne hat fast niemand.

Die SVP ist überhaupt nicht einverstanden mit dem Papier ihres Bundesrats Guy Parmelin zur Abwehr eine Strommangellage.
Foto: keystone-sda.ch
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Spitäler sehen Patienten gefährdet

So schreibt etwa der Spitalverband H+ in seiner Stellungnahme, dass systemrelevante Betriebe ganz ausgenommen werden sollen. «Für Spitäler, Kliniken und Pflegeinstitutionen ist eine unterbruchsfreie und vollständige Strombelieferung lebenswichtig», heisst es im Schreiben an den Bundesrat. Auf dem Spiel stehe die Versorgung der Patienten.

Der Wirtschaftsminister Guy Parmelin (63) stellte sich auf den Standpunkt, dass auch Betriebe mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen ihren Stromverbrauch reduzieren könnten. Das könne in nicht systemrelevanten Bereichen wie etwa der Cafeteria geschehen, schreibt der «Tages-Anzeiger». Grosse Spitäler wären aber von Netzabschaltungen ausgenommen, das beruhigte der Bundesrat schon im November.

Keine Zeit für Sauna-Polizei

Bereits in der ersten Eskalationssufe will die Regierung vorschreiben, dass in nicht genutzten Gebäuden und Stockwerken die Heizung auf Frostschutzeinstellung oder auszuschalten sei. Doch dies zu überprüfen, es sei unmöglich, wird nun reklamiert.

So schreibt die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) in ihrer Vernehmlassungsantwort, bei den Polizeikorps würden dafür keine Ressourcen zur Verfügung stehen – «auch nicht für Stichproben». Der Kanton Aargau spricht sich in seiner Vernehmlassungsantwort ebenfalls gegen eine Strom- und Heizungspolizei aus, die Private auf das Thermometer schaut.

SVP sieht sich in die DDR versetzt

Richtig unzufrieden ist auch die SVP. Sie weist, die Pläne ihres eigenen Bundesrats Parmelin «zur vollständigen Überarbeitung» zurück. Die Pläne seien «realitätsfremd, unverhältnismässig sowie in unhaltbarer Weise marktverzerrend.» Besonders empört ist sie darüber, dass der Bundesrat schreibt, die soziale Kontrolle würde eine gewisse Rolle spielen. «Dass sich nun Nachbarn kontrollieren und denunzieren sollen, erinnert an Methoden aus der DDR», schimpft die Partei. Das sei höchst verwerflich.

Die SP begrüsst die geplanten Bestrebungen eher. Sie stört sich aber daran, dass Haushalte schneller und drastischer von Einschränkungen betroffen wären als die Wirtschaft. So kann die Raumtemperatur in Privatwohnungen in Eskalationsstufe 3 auf 18 Grad begrenzt werden, während der Betrieb von Freizeitparks, Casinos und Diskotheken wird erst bei Eskalationsstufe vier verboten wird.

Auch Netflix würde schon bei Stufe drei untersagt!

Und bei Strommangel würden Skilifte unter Umständen noch laufen, während der Strom für Grossverbraucher bereits rationiert wäre. (sie)

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