Kaufen versus Mieten
Es droht der nächste Zoff um den Eigenmietwert

Seit Jahren steht die Besteuerung des Eigenmietwerts in der Kritik. Der Vorschlag, diesen abzuschaffen, findet eine breite Zustimmung. Die Details der Umsetzung erweisen sich aber als Knacknuss.
Publiziert: 12.07.2019 um 09:57 Uhr
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Aktualisiert: 12.07.2019 um 12:30 Uhr
Die Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung wird allgemein begrüsst. Doch die Vorschläge, unter welchen Bedingungen dies geschehen soll, gehen auseinander. (Archivbild)
Foto: KEYSTONE/Walter Bieri

Endlich, endlich – der Eigenmietwert soll fallen. Die Wirtschaftskommission des Ständerats will die jahrzehntealte Forderung der Hüslibesitzer endlich in die Tat umsetzen. Im Gegenzug sollen Hauseigentümer aber gewisse Kosten nicht mehr von den Steuern abziehen können. Der Vorschlag trifft auf unterschiedlich offene Ohren.

Das ist der Eigenmietwert

Hausbesitzer, die in ihren eigenen vier Wänden wohnen, müssen bis jetzt die fiktive Miete als Einkommen versteuern. Es handelt sich beim Eigenmietwert also um eine bloss theoretische Einnahme, die der Hausbesitzer erzielen könnte, wenn er seine Liegenschaft vermieten würde.

Heute kann der Hauseigentümer, der die Liegenschaft selbst bewohnt, die steuerliche Mehrbelastung durch den Eigenmietwert mit zahlreichen Abzugsmöglichkeiten kompensieren: Er kann Unterhaltsarbeiten an der Immobilie und die Schuldzinsen steuerlich geltend machen. Letzteres ist der Grund dafür, weshalb viele ihre Hypothekarschulden nicht zurückzahlen.

Hausbesitzer, die in ihren eigenen vier Wänden wohnen, müssen bis jetzt die fiktive Miete als Einkommen versteuern. Es handelt sich beim Eigenmietwert also um eine bloss theoretische Einnahme, die der Hausbesitzer erzielen könnte, wenn er seine Liegenschaft vermieten würde.

Heute kann der Hauseigentümer, der die Liegenschaft selbst bewohnt, die steuerliche Mehrbelastung durch den Eigenmietwert mit zahlreichen Abzugsmöglichkeiten kompensieren: Er kann Unterhaltsarbeiten an der Immobilie und die Schuldzinsen steuerlich geltend machen. Letzteres ist der Grund dafür, weshalb viele ihre Hypothekarschulden nicht zurückzahlen.

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Grundsätzlich einverstanden mit dem Vorschlag zeigen sich die Hauseigentümer als Direktbetroffene. Viele ihrer Forderungen seien aufgenommen worden, schreibt der Hauseigentümerverband (HEV) in einer Stellungnahme. Bei den Mieterinnen und Mietern findet der Vorschlag dagegen kein Gehör. Aus ihrer Sicht führt er zu einer «massiven Schlechterstellung der Mieterinnen und Mieter».

Steuereinnahmen werden sinken

Wie die Grünen befürchten die Mieterinnen und Mieter, dass wegen der geringeren Steuereinnahmen des Bundes, der Kantone und Gemeinden die öffentlichen Leistungen abgebaut werden könnten. Dies habe für Mieterinnen und Mieter weiter schlimmere Folgen als für Hüslibesitzer, da letztere in der Regel ein höheres Einkommen hätten.

Das würde nicht nur zu einer Ungleichbehandlung von Eigentümern und Mietern führen, sondern auch ein Loch in die Finanzierung der Wohnbauförderung reissen. Eine Reform der Wohneigentumsbesteuerung sei nur denkbar, wenn sie auch die ökonomische Situation der Mieterinnen und Mieter verbessere.

Linke befürchten Steuergeschenke für Reiche

Aus Sicht der SP würde der Systemwechsel die Wohneigentümer noch stärker als heute gegenüber der Mehrheit der Mietenden besserstellen und zudem für wohlhabende Hausbesitzer Möglichkeiten zur Steueroptimierung schaffen. Grundsätzlich wäre die Partei für eine Revision der Gesetzgebung, allerdings nicht in der vorliegenden Form. Die aktuelle Vorlage erreiche die angestrebten Ziele nicht.

Gar keinen Handlungsbedarf sieht indes die Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und -direktoren (FDK). Die Wohneigentumsbesteuerung sei verfassungsrechtlich, ökonomisch und steuersystematisch gerechtfertigt und ausgewogen.

Im Parlament dürfte die Eigenmietwert-Abschaffung trotzdem eine breite Mehrheit finden. SVP, FDP, CVP, GLP und BDP unterstützen die Revisionsvorlage im Grundsatz. Der Zeitpunkt für den Systemwechsel sei aufgrund des aktuell tiefen Zinsniveau optimal, findet etwa die CVP.

Bei den Abzügen ist Zoff programmiert

Umstritten ist die Frage, inwiefern im Gegenzug zum Erlass der Besteuerung des Eigenmietwerts gewisse bislang mögliche Steuerabzüge aufgehoben werden sollen. Gemeint sind damit Abzüge für Unterhaltskosten, Kosten der Instandstellung von neu erworbenen Liegenschaften, die Versicherungsprämien und die Verwaltung durch Dritte.

Während es die FDP, CVP und GLP als folgerichtig und systemkonform erachten, wenn diese Abzüge aufgehoben werden, will die SVP an diesen festhalten. Der Schweizerisch-Liechtensteinische Gebäudetechnikverband befürchtet zudem gar Schwarzarbeit, sollten diese Abzüge nicht mehr geltend gemacht werden können.

Wers Klima schont, soll belohnt werden

Weitgehende Einigkeit herrscht dafür bei der Frage, ob auch die Möglichkeit zum Steuerabzug von Aufwänden bei Energiespar- und Umweltschutzinvestitionen, denkmalpflegerischen Kosten sowie Rückbaukosten aufgehoben werden soll. Wenn der Bund in seiner Energie- und Umweltpolitik Zielvorgaben verabschiede, solle er auch die steuerlichen Anreize beibehalten, lautet der Tenor.

SVP, CVP, GLP und BDP erachten es als wichtig, dass trotz Revision die Immobilien instand gehalten und die energiepolitischen Ziele nicht aus den Augen verloren werden. Andernfalls wird befürchtet, dass nicht mehr energetisch saniert wird, wenn die Rechnungen nicht mehr den Steuern abgezogen werden können.

Nur die FDP unterstützt die Aufhebung dieser Abzüge auf Bundesebene. Die Kantone sollen diese Abzüge aber weiterhin zulassen können.

Anreiz zur Verschuldung

Ein weiterer Kritikpunkt am heutigen System ist, dass es Anreize zur Verschuldung setzt, da Wohneigentümer bei den Steuern einen Schuldzinsabzug geltend machen können. Die Revision will diesen Anreiz ausmerzen. Wie das geschehen soll, ist aber noch unklar. Die Wirtschaftskommission konnte sich nicht auf einen Weg einigen und stellt fünf Varianten zur Diskussion.

Am meisten Zuspruch – nämlich von FDP, SVP und dem Hauseigentümerverband – erhält jene Variante, wonach die privaten Schuldzinsen zu 100 Prozent im Umfang der steuerbaren Vermögenswerte abzugsfähig sind. Für die FDP kämen auch 80 Prozent infrage.

Jene Version, wonach private Schuldzinsen gar nicht mehr abgezogen werden können, wird etwa von der BDP unterstützt. Bei einem angenommenen Zinssatz von 3,5 Prozent würde das dem Bund 670 Millionen Franken Mehreinnahmen bringen, den Kantonen 1,35 Milliarden. Das Geld fehlt aber anschliessend im Portemonnaie der Haushalte.

Da wartet noch viel Arbeit

Nach Meinung der SP führen beim gegenwärtigen Zinsniveau alle fünf Versionen zu grossen Steuerausfällen.

Nun ist es an der Kommission, aus den verschiedenen Rückmeldungen eine mehrheitsfähige Vorlage zu zimmern. Im Parlament wird sich schliesslich zeigen, ob die Diskussion um die Besteuerung des Eigenmietwerts ein Ende findet – oder ob sie sich viele Jahre weiterzieht.

(SDA/sf)

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