Bestechung und Betrug haben zugenommen (Symbolbild)
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Jungpolitiker beissen bei Millionären auf Granit
Reiche geben ihre AHV nicht her

Die Jungen Grünliberalen wollen den Reichen die AHV-Rente streichen. Das kommt bei den meisten von ihnen schlecht an. Ex-Bankchef Oswald Grübel kritisiert die Idee als «Reichensteuer». Unternehmer Hausi Leutenegger dagegen findet den Vorschlag «sehr gut».
Publiziert: 20.05.2019 um 23:47 Uhr
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Aktualisiert: 21.05.2019 um 10:43 Uhr
Ex-Bankmanager Oswald Grübel: «Dieses Prinzip ist abzulehnen, weil es einfach eine Reichensteuer ist und langfristig nachteilig für die AHV sein würde.»
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Ruedi Studer, Ulrich Rotzinger, Dominik Hug und Patricia Broder

Nach dem Ja zum AHV-Steuer-Deal geht es bei der AHV bereits in die nächste Runde: Im August legt Sozialminister Alain Berset (47) seine Botschaft zur AHV-Reform 2021 vor. Kernpunkte sind die Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 und mehr Mehrwertsteuer für die AHV. 

Doch auch unkonventionelle Ideen finden nun Eingang in die Debatte. So wollen die Jungen Grünliberalen die AHV-Rente für Reiche streichen (BLICK berichtete). Tausende reiche Rentner wären von dieser Massnahme betroffen. BLICK hat bei einigen nachgefragt, was sie von der radikalen Idee halten.

Ex-Bankmanager Grübel gegen «Reichensteuer»

Der frühere CS- und UBS-Chef Oswald Grübel (75) begrüsst zwar, dass sich die Junge GLP Gedanken um die Altersversorgung macht. Doch damit hat es sich auch schon. «Leider enthält der Vorschlag als einzig Neues nur, dass Vermögende zwar bezahlen sollen, aber kein Anrecht auf Auszahlung haben, ausser wenn sie nicht mehr vermögend sind», sagt der Multimillionär. Dieses Prinzip lehnt er ab, «weil es einfach eine Reichensteuer ist und langfristig nachteilig für die AHV sein würde».

Die AHV sei die am logischsten aufgebaute Altersversicherung in Europa und funktioniere auch am besten, windet er dem Sozialwerk ein Kränzchen. Für ihn ist klar: «Wenn die Einnahmen der AHV die Ausgaben nicht decken, trotz Vollbeschäftigung, dann ist grundsätzlich etwas falsch an der Struktur und der Abgabensatz muss erhöht werden. Das ist alles, was dazu zu sagen ist.»

Hotelkönigin Ljuba Manz: «Reine Provokation»

Hotelkönigin Ljuba Manz (79) bringt die JGLP ganz aus dem Häuschen. «Meines Erachtens sind die Pläne der Jungen als reine Provokation angedacht», wettert sie. Viele Superreiche hätten eigenhändig für ihr Vermögen arbeiten müssen und über mehrere Jahrzehnte Beiträge in die AHV einbezahlt. «Würden Sie einem Arbeitnehmer, welcher sein Leben lang in die AHV Rente einbezahlt, am Tag des Bezuges diese verweigern?», fragt sie rhetorisch.

«Ich habe mein Leben lang in die AHV einbezahlt – auch heute, im Alter von 79 Jahren, zahle ich weiterhin meinen Anteil, da ich noch am Arbeiten bin», betont sie. Schon mit dem zurzeit geltenden System ist für sie klar: «Die Personen, welche hart arbeiten, um eine erfolgreiche berufliche Laufbahn vorlegen zu können, werden diskriminiert.» Trotzdem sei sie stets darum bemüht, «der Gesellschaft jenes zurückzugeben, was mir gegeben wurde».

Jetsetterin Dillier: «Das ist Schwachsinn»

Klartext an die Adresse der JGLP spricht auch Jetsetterin Vera Dillier (Alter geheim): «Der Vorschlag ist Schwachsinn. Jeder Mensch hat die gleichen Rechte.» Wer AHV einbezahle, solle sie später auch ausbezahlt bekommen. «Die Reichen leisten ohnehin schon den grössten Beitrag in die AHV-Kasse.»

SP-Nationalrätin Margret Kiener Nellen (66, BE) zählt zu den Vermögenden im Parlament. «Wir dürfen die Solidarität zwischen den Bevölkerungsgruppen nicht durch irgendwelche Ausgrenzungskriterien untergraben», erteilt sie der JGLP-Idee eine Absage. «Die Gutverdienenden beteiligen sich richtigerweise überproportional an der AHV-Finanzierung, das ist das Entscheidende. Deshalb sollen sie auch leistungsberechtigt bleiben.»

Ex-FDP-Nationalrat für generelle Rentenkürzung

Der Thurgauer Immobilienunternehmer und frühere FDP-Nationalrat Hermann Hess (67) findet den JGLP-Vorschlag «psychologisch ungeschickt. Einem Rentner gar keine Rente auszuzahlen, ist der falsche Ansatz.» So sorge die AHV bereits jetzt für eine gewaltige Umverteilung. Und mit der AHV-Streichung für Reiche werde zu wenig eingespart. 

«Wir müssen Milliarden sparen, nicht nur Millionen», sagt Hess. Ihm schwebt daher ein anderes, aber nicht weniger umstrittenes Modell vor: «Neben einem höheren Rentenalter braucht es auch tragbare Rentenkürzungen von drei bis fünf Prozent für alle. Nur in belegten Härtefällen soll jemand die bisherige Rente erhalten.» 

Leutenegger und von Rohr findens super

Unternehmer und Multimillionär Hausi Leutenegger (79) hingegen schlägt sich auf die Seite der Jungpolitiker. «Ich verschenke meine AHV seit Jahr und Tag meinen Freunden und alten Berufskollegen, denen es nicht so gut geht wie mir», sagt der Bob-Olympiasieger von 1972. «Ich finde den Vorschlag der Jungen GLP sehr gut, Superreiche sollten keine AHV-Rente erhalten, die brauchen sie doch gar nicht.» In der Schweiz gebe es leider zu viele andere Menschen, die dringend auf eine Rente angewiesen seien, so Leutenegger.

Gleicher Meinung ist Künstler Rolf Knie (69): «Ich gebe meine AHV einer alleinerziehenden Mutter mit zwei Kindern. Das ist mein Dankeschön an die Schweiz und die Stadt Rapperswil!»

Auch Rock-Millionär Chris von Rohr (67) lobt die Idee. «Meine AHV brauche ich für Steuern und um Bussen zu bezahlen», erzählt er. «Den Vorschlag der Jungen GLP finde ich diskussionswürdig. Die Superreichen in diesem Land sollten mit einem jährlichen Sonderbeitrag mithelfen, dass jene, die extrem knapp durchkommen, wenigstens nicht noch ihre karge AHV versteuern müssen.»

«Wir brauchen das Rentenalter 66 bis 2032»
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JFS zur Altersvorsorge:«Wir brauchen das Rentenalter 66 bis 2032»
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