Keine Gottesdienste, Beerdigung im engen Familienkreis, Taufen nur im Notfall
Der Notstand trifft die Kirchen hart

Für die Pfarrer und Priester im Land hat der Corona-Nostand einschneidende Konsequenzen. Weil Gottesdienste ab sofort verboten sind, müssen sich Kirchgemeinden Alternativen überlegen.
Publiziert: 17.03.2020 um 16:15 Uhr
|
Aktualisiert: 10.12.2020 um 18:15 Uhr
Lea Hartmann und Ruedi Studer

Der Bundesrat legt wegen der Corona-Krise das öffentliche Leben lahm. Das trifft auch die Kirchen tief ins Mark. Alle öffentlichen Gottesdienste und religiösen Versammlungen sind seit Mitternacht schweizweit verboten. Wichtige Anlässe wie Erstkommunion, Firmungen, Konfirmationen, Hochzeiten oder Taufen werden verschoben.

Nur Beerdigungen dürfen noch durchgeführt werden, hält der Bundesrat in seiner Notverordnung fest. Allerdings nur im «engsten Familienkreis». Die Schweizer Bischofskonferenz weist die Gemeinden an, die Begräbnisfeiern «so einfach wie möglich und mit so wenigen Personen wie möglich» zu feiern. Die reformierten Landeskirchen haben ein Maximum von 15 – je nach Kanton manchmal sogar nur zehn – bis 20 Personen festgelegt. Grundsätzlich sind nur noch Beerdigungen auf dem Friedhof erlaubt, eine Abdankung in der Kirche ist derzeit nicht erlaubt.

Kein Weihwasser mehr

Allerdings bleiben die Pforten der meisten Kirchen für Gläubige offen, damit sie dort beten können. Bei den Katholiken wurden die Weihwasserbecken aber geleert. Auch die Beichte ist für Einzelpersonen weiterhin möglich. Einige Bistümer wollen auch bei «Nottaufen» einspringen – also bei Lebensgefahr für das Kind. Bei den Reformierten hingegen heisst es, dass Taufen «nicht vor versammelter Gemeinde» durchgeführt werden könnten.

Beerdigungen sind nur noch im kleinsten Familienkreis erlaubt.
Foto: imago images/Udo Gottschalk
1/7

«Erste Taufen müssen wir bereits absagen», sagt Dieter Gerster (54), reformierter Pfarrer in Oftringen AG. Sein Telefon klingelte in den vergangenen Stunden praktisch ununterbrochen. Seine Kirche habe bereits in den vergangenen Wochen die Auswirkungen des Coronavirus zu spüren bekommen. Kommen normalerweise 130 bis 160 Menschen am Sonntag in den Gottesdienst, waren es in den letzten Wochen nur gut die Hälfte.

Gottesdienste per Livestream

Nun, wo sämtliche Gottesdienste verboten sind, arbeiten die Kirchen mit Hochdruck daran, Alternativangebote auf die Beine zu stellen. Einige Pfarrer planen Video-Predigten, andere Gemeinden ein Audio-Angebot. Freikirchen warteten bereits vergangenen Sonntag mit professionell produzierten Gottesdienst-Livestreams auf. Das Bistum St. Gallen will am Mittwoch täglich live einen Gottesdienst aus der St. Galler Kathedrale online übertragen.

«Klar gibt es Fernsehgottesdienste und Bibel-TV schon jetzt», sagt der reformierte Pfarrer Gerster. «Aber wir haben gemerkt, dass es für manche Gemeindemitglieder wichtig ist, zwischendurch von uns zu hören.» Für die Kirchen besonders bedauernswert ist, dass just zwei der wichtigsten christlichen Feiertage in den Lockdown fallen: Karfreitag und Ostern. Der St. Galler Pfarrer Markus Unholz (58) überlegt sich mit seinem Team schon jetzt ein Spezialprogramm. «Wir planen, den Leuten eine Art Wegweisung zu schicken, wie sie Karfreitag und Ostern zu Hause feiern können. Mit einem Gebet, einer Anleitung zum Hausabendmahl und so weiter.»

«Auch in dieser Lage für die Menschen da sein»

Er betont: «Das Wichtigste ist, dass wir auch in dieser Lage für die Menschen da sind.» Gerade jetzt, wo alle Veranstaltungen ins Wasser gefallen sind, ist die Seelsorge für die Kirchen zentral. Der St. Galler Bischof Markus Büchel (70) schreibt in einem Brief an die Gemeinden: «Die Seelsorge muss gewährleistet bleiben, auch wenn alles reduziert ist.»

«Wir Pfarrer werden in den nächsten Tagen vor allem telefonieren, SMS, Mails und Kärtchen schreiben», stellt Pfarrer Gerster fest. Und auch sein Kollege Unholz sagt: «Das wichtigste Arbeitsinstrument ist jetzt das Telefon.» In einer ersten Phase rufe man bei älteren Gemeindemitgliedern an, die alleine sind. «Wir möchten ihnen die Gelegenheit geben, mit jemandem zu sprechen, und sie sensibilisieren.» Aber es gehe auch um ganz praktische Fragen: Braucht jemand Hilfe? Haben die Senioren jemanden zum Einkaufen? «Wir haben uns mit der Jugendarbeit zusammengetan und versuchen, wo nötig Jugendliche zu vermitteln, die älteren Menschen und anderen Risikogruppen helfen», berichtet Unholz.

Auch in anderen Kirchgemeinden ruft man zur Solidarität auf. Pfarrer animieren Konfirmanden dazu, einmal täglich die Grosseltern anzurufen, andere schlagen vor, lieben Menschen einen Brief zu schreiben. Denn, sagt Pfarrer Gerster: «Gerade in dieser Zeit sind wir besonders aufgerufen, füreinander zu schauen und achtsam miteinander umzugehen.»

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Massnahmen gegen Coronavirus

Der Bundesrat stuft am 16. März die Situation in der Schweiz neu als ausserordentliche Lage gemäss Epidemiengesetz ein. Sie erlaubt dem Bundesrat, in allen Kantonen einheitliche Massnahmen anzuordnen. Zuvor hat er die Kantone über diesen Schritt informiert. Ab dem 17. März um Mitternacht gelten folgende Regeln:

  • Öffentliche und private Veranstaltungen sind verboten.
  • Alle Läden, Restaurants und Bars werden bis mindestens am 26. April 2020 geschlossen.
  • Dasselbe gilt für Unterhaltungs- und Freizeitbetriebe wie Museen, Bibliotheken, Kinos, Konzert- und Theaterhäuser, Sportzentren, Schwimmbäder und Skigebiete werden geschlossen. Ebenso werden Betriebe geschlossen, in denen das
    Abstand halten nicht eingehalten werden kann, wie Coiffeursalons oder Kosmetikstudios.
  • Ausgenommen sind unter anderem Lebensmittelläden und die Gesundheitseinrichtungen.
  • Die Versorgung der gesamten Bevölkerung mit Lebensmitteln, Medikamenten und Waren des täglichen Gebrauchs ist sichergestellt: Es sind genügend Vorräte angelegt.
  • Lebensmittelläden, Take-aways, Betriebskantinen, Lieferdienste für Mahlzeiten und Apotheken bleiben geöffnet, ebenso Tankstellen, Bahnhöfe, Banken, Poststellen, Hotels, die öffentliche Verwaltung und soziale Einrichtungen.
  • Auch Werkstätten für Transportmittel können geöffnet bleiben.
  • Die Einreise in die Schweiz wird drastisch eingeschränkt, dazu werden Grenzkontrollen eingeführt.
  • Zur Unterstützung der Kantone in den Spitälern, bei der Logistik und im Sicherheitsbereich hat der Bundesrat den Einsatz von bis zu 8000 Armeeangehörigen bewilligt. Auch der Zivilschutz wird aufgeboten.
  • Bundesrat appelliert weiterhin an alle Bürger: «Abstand halten kann Leben retten!»
  • Der Bundesrat verzichtet vorerst auf eine allgemeine Ausgangssperre. Um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, hat er aber die Kontaktregeln verschärft. Gruppen über fünf Personen drohen Bussen von 100 Franken pro Person.
  • Die Arbeitgeber im Baugewerbe und in der Industrie werden zudem verpflichtet, die Empfehlungen des Bundes zur Hygiene und zum Abstandhalten einzuhalten. Betriebe, die sich nicht daran halten, sollen geschlossen werden.
  • Die Wirtschaft bekommt mehr Geld: Mit 32 Milliarden Franken beschliesst der Bundesrat wohl das grösste Konjunkturpaket der Schweizer Geschichte. Insgesamt stehen über 40 Milliarden Franken zur Verfügung.
  • Die Bewilligungsdauer von Kurzarbeit wird von 3 auf 6 Monate verlängert. Damit kann die Anzahl Gesuche minimiert und somit das Bewilligungsverfahren beschleunigt werden. Die Frist zur Voranmeldung für Kurzarbeit wird gänzlich aufgehoben.

  • Bei der Stellenmeldepflicht werden alle damit verbundenen Aufgaben und Pflichten für Arbeitgeber und die öffentliche Arbeitsvermittlung vorübergehend aufgehoben. Damit werden die Rekrutierungsprozesse beispielsweise für medizinisches Personal, die Pharmabranche, die Landwirtschaft oder die Logistik erleichtert.

  • Bei der Arbeitslosenversicherung wird auf das Einreichen des Nachweises von Arbeitsbemühungen verzichtet. Die versicherte Person muss den Nachweis der Arbeitsbemühungen aber spätestens einen Monat nach Ablauf der COVID-19-Verordnung 2 nachreichen.

  • Um Aussteuerungen zu vermeiden, erhalten alle anspruchsberechtigten Personen maximal 120 zusätzliche Taggelder.

  • Arbeitgeber dürfen für die Bezahlung der Arbeitnehmerbeiträge an die berufliche Vorsorge vorübergehend die von ihnen geäufneten Arbeitgeberbeitragsreserven verwenden. Diese Massnahme soll es den Arbeitgebern erleichtern, Liquiditätsengpässe zu überbrücken. Für die Arbeitnehmenden hat die Massnahme keine Auswirkungen.

  • Der Bundesrat hat zudem beschlossen, eine Bewilligungspflicht für die Ausfuhr von medizinischer Schutzausrüstung einzuführen.

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