Keine Kohle mehr mit Kohle
Schweiz soll bis 2030 aus dem Kohlehandel aussteigen

Kohle gilt als dreckig und extrem klimaschädlich. Schweizer Firmen handeln mit dem Rohstoff als gäbe es den Klimawandel nicht. Doch damit soll bald Schluss sein.
Publiziert: 07.07.2023 um 00:52 Uhr
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Aktualisiert: 07.07.2023 um 22:40 Uhr
Dominique Schlund

In der Schweiz wird schon jetzt so gut wie keine Kohle mehr für die Energiegewinnung verbrannt – der Anteil an der Gesamtenergie beträgt weniger als ein Prozent. Doch der Klimawandel stoppt bekanntlich nicht an nationalen Grenzen. Und rechnet man die indirekten Emissionen unseres Landes mit ein, sieht es anders aus. Verbrennt man die ganze Kohle, die Schweizer Firmen fördern und handeln, übersteigt dies gar die jährlichen CO2-Emissionen der USA.

Rohstoffhändler von Schweizer Firmen betreiben Kohleminen auf der ganzen Welt und sorgen für gigantische Emissionen. Dies will die Nichtregierungsorganisation Public Eye nun mit einer Petition beenden. Diese fordert den kompletten Ausstieg der Schweiz aus dem Kohlehandel bis 2030. Über 25'000 Personen haben bereits unterschrieben.

500 Millionen Tonnen Kohle pro Jahr

Schweizer Rohstoffhändler und Minenbetreiber verdienen Milliarden mit dem Handel von Kohle. In von Schweizer Firmen betriebenen Minen werden jährlich rund 500 Millionen Tonnen abgebaut. Insgesamt werden 40 Prozent des weltweiten Kohlehandels in der Schweiz abgewickelt. «Die Schweiz hat mit dem Rohstoffhandelsplatz einen starken Hebel in der Hand. Wir können und müssen deshalb viel mehr für die Erreichung der Klimaziele machen», so Public Eye zu Blick.

Die NGO Public Eye fordert ein Verbot für den Handel mit Kohle ab 2030. Im Bild eine Mine und ein Kraftwerk in Deutschland.
Foto: imago images / Jochen Tack
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2022 wurden weltweit acht Milliarden Tonnen Kohle gefördert – so viel wie nie zuvor! Und das, obwohl man sich eigentlich mit den Pariser Klimazielen zu einer Reduktion verpflichtet hat. Neben den enormen klimatischen Auswirkungen von Kohle als Energieträger ist deren Abbau auch sehr oft mit gravierenden Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden verbunden.

Sehr viel Geld mit wenig Personal

Die Schweiz gilt als internationale Drehscheibe des Rohstoffhandels. Neben Kohle wickelt die Schweiz auch rund 35 Prozent des globalen Ölhandels ab – bei Stahl sollen es gar 60 Prozent sein. Dabei fliessen immense Geldsummen. 2022 betrug der Anteil des Rohstoffsektors am Schweizer Bruttoinlandprodukt (BIP) mehr als 10 Prozent. Bei 770 Milliarden (BIP 2022) Franken wären das rund 80 Milliarden. Damit trug der Rohstoffhandel erstmals mehr zum BIP bei als der gesamte Schweizer Finanzplatz.

Doch wieso ist die kleine Schweiz überhaupt so dick im Rohstoffgeschäft? Das liegt an der «historisch gewachsenen Mischung aus standortpolitischen Steuerprivilegien, starkem Finanzplatz, schwacher Regulierung und nachlässiger Embargo-Politik», so Public Eye. Trotz des riesigen Umsatzes, den die Rohstoffhändler generieren, beschäftigen sie wenige Angestellte. Schätzungen zufolge arbeiten in den rund 1000 Rohstoffunternehmen, die hier beheimatet sind, gerade einmal 10'000 Menschen.

Auch die Banken profitieren

Laut Recherchen von Public Eye sind schweizweit 245 Firmen am Handel mit dem umweltschädlichen Energieträger beteiligt, hauptsächlich die in Zug und Genf ansässigen Rohstoffriesen wie Glencore oder Adani. Doch auch die Schweizer Finanzbranche verdient fleissig mit. Indem sie den Rohstofffirmen immer neues Geld für den Ausbau ihrer Kohleprojekte vorschiesst.

Zwischen 2016 und 2022 sollen Schweizer Banken dem Kohlesektor Kredite im Rahmen von 3,15 Milliarden Franken gewährt haben. Daran beteiligt sind neben Credit Suisse und UBS auch diverse Kantonalbanken sowie die Schweizerische Nationalbank (SNB).

Die Politik ist gespalten

Bei der FDP ist man kein grosser Fan der Petition. «Ich habe keine grosse Sympathie für Kohle aufgrund der Emissionen. Aber ein Handelsverbot in der Schweiz würde nur unsere Wirtschaft schwächen, ohne die Emissionen zu verringern», sagt FDP-Nationalrat Olivier Feller (48). Solange sogar entwickelte Länder noch Kohle nachfragen würden, mache ein Handelsverbot keinen Sinn.

«Das ist eine alte Leier. Die Schweiz ist und bleibt ein hochattraktiver Standort für Rohstoffhändler. Kaum eine Firma würde wegen eines Kohleverbotes die Schweiz verlassen», entgegnet Public Eye.

Bei der SP begrüsst man den Vorstoss. «Die Schweiz ist eine Drehscheibe für Rohstoffe und trägt deshalb eine spezielle Verantwortung. Daher begrüsse ich den Vorstoss von Public Eye», sagt SP-Nationalrat Fabian Molina (32). Ausserdem sehe man, dass die Nachfrageregulierung nicht funktioniert, deshalb müsse man anfangen, das Angebot zu regulieren. «Kohle, die nicht gefördert wird, kann man auch nicht verbrennen», so Molina weiter.

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