Kommentar zum Klimacamp
Die Arroganz der besseren Menschen

Das Protestcamp auf dem Bundesplatz ist ein Ausdruck der Arroganz und Demokratieverachtung der Klimaaktivisten – toleriert von der hilflos wohlwollenden Berner Stadtregierung. Kommentar von BLICK-Chefredaktor Andreas Dietrich.
Publiziert: 21.09.2020 um 23:23 Uhr
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Aktualisiert: 22.09.2020 um 23:01 Uhr
Andreas Dietrich

Die Klimaaktivisten wissen, dass ihre Besetzung des Bundesplatzes illegal ist. Sie sagen es offen und total gewaltfrei in jede TV-Kamera. Es ist ihnen egal. Sie meinen, sich über das Gesetz erheben zu können, weil ihr Anliegen so erhaben ist.

Bloss liegt es in der Natur des engagierten Menschen, dass jeder das eigene Anliegen als das wichtigste sieht. Doch wenn jeder Zweck jedes Mittel heiligt, ist es vorbei mit Recht und Ordnung. Recht und Ordnung allerdings sind keine Anliegen, sondern Grundpfeiler der Demokratie.

Von der Demokratie halten die Protestler nicht besonders viel. In ihrem Communiqué brandmarken sie «das politische und wirtschaftliche System, welches für die Klimakrise verantwortlich ist», und versteigen sich zur Aussage: «Der Bundesplatz steht symbolisch für die Zerstörung durch die Klimakrise.»

Andreas Dietrich, Chefredaktor BLICK.
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Demokratie ist ein Klacks gegen das Klima

Welche Dummheit! Welche Verachtung unseres Systems! An diesem Bundesplatz steht das Bundeshaus, in dem zurzeit das vom Schweizer Volk gewählte Parlament tagt. Und damit es dies einigermassen ungestört tun kann, sind während Sessionen Demonstrationen vor dem Gebäude verboten.

Die Klima-Campierer setzen sich darüber hinweg, weil für sie Demokratie ein Klacks ist gegen die Rettung des Planeten. Genauer: gegen die alarmistische und radikale und einzig heilsbringende Art, wie sie es tun wollen. Sie zeigen weder Respekt noch Toleranz für all jene, die dasselbe Ziel mit anderen Mitteln anstreben. Zum Beispiel die Volksvertreter unter der Bundeshauskuppel.

«Ziviler Ungehorsam», na ja

Die ideologische Arroganz der Klimaaktivisten, die sich für bessere Menschen halten, hat sich gestern in der Besetzung des Bundesplatzes ausgedrückt. Eine Ausweitung der Aktionen ist angekündigt. Der «zivile Ungehorsam», der eher unzivilisierte Demokratieverachtung ist, wurde toleriert von der hilflos wohlwollenden Stadtregierung. Wie stünde es wohl um ihre links-grüne Sanftheit, wenn SVP-Anhänger eine Anti-EU-Wagenburg errichtet hätten?

Da es sich den untätigen Behörden so schön auf der Nase herumtanzen lässt, haben die Aktivisten als neue Herren im Haus herablassend angekündigt, sie würden heute Morgen für die Bauern und Marktfahrer etwas Platz machen. Danach soll das Camp, so das knallharte Ultimatum der Stadtregierung, bitte sehr auf dem Waisenhausplatz errichtet werden. Es würde nicht verwundern, wenn der grüne Stadtpräsident den Demonstranten am Bio-Stand Proviant für den Umzug kaufen würde. Denn hey, Bio rettet die Welt.

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