Kuba-Diplomat Emil Stadelhofer
Der Schweizer, der den dritten Weltkrieg verhinderte

Aussenminister Didier Burkhalter ist vor Ort, wenn heute in Havanna Weltgeschichte geschrieben wird. Der FDP-Bundesrat erntet die Lorbeeren des Schweizer Top-Diplomaten Emil Stadelhofer.
Publiziert: 14.08.2015 um 12:30 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 03:14 Uhr
Der Schweizer Diplomat Emil Stadelhofer zog in den brenzligen Jahren des Klaten Krieges die Fäden in Havanna. (Schweizerisches Bundesarchiv)
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Plötzlich musste alles schnell gehen. Im Januar 1961 beendete US-Präsident Dwight Eisenhower die diplomatischen Beziehungen zu Fidel Castros Kuba. Die Schweiz willigte ein, die Interessen der USA in Kuba zu vertreten.

Innert kurzer Zeit ersetzten neun Schweizer Diplomaten ein Korps von 60 US-amerikanischen Kollegen in Havanna, schreibt «foreignpolicy».

Der Einfluss der Schweiz in den nächsten Jahren sei immens gewesen. Die Schweiz habe «in den dunklen Tagen des Kalten Krieges» entscheidend mitgeholfen, einen dritten Weltkrieg zu verhindern.

Als stiller Schaffer im Zentrum stand Emil Stadelhofer. Der Schaffhauser Jurist übernahm die Rolle des Botschafters. Ihm wird ein sehr enger Draht zu Fidel Castro nachgesagt, der sich immer wieder auszahlte.

Blick.ch zeigt die drei wichtigsten Erfolge Stadelhofers, für die Aussenminister Didier Burkhalter (FDP) heute den Dank der beiden Staaten abholt.

Kubakrise 1962: Die Vereinigten Staaten unter Präsident John F. Kennedy realisierten bei einem Aufklärungsflug, dass auf Kuba Raketen der Sowjetunion stationiert sind. Kennedy forderte den sofortigen Abzug der Raketen und drohte mit dem Einsatz vom Atomwaffen.

Die Sowjets willigten in einen Deal ein und zogen die Waffen ab. Doch um das zu überprüfen, wollten die USA weitere Aufklärungsflüge durchführen – in der Nacht. Dazu waren damals Signalraketen notwendig. Allgemein herrschte die Angst, dass die Kubaner das als Bombenangriff interpretieren könnten.

Erst Emil Stadelhofer konnte Castro in Gesprächen davon überzeugen, die US-Flugzeuge nicht abzuschiessen.

Die Rettung der Botschaft: 1964 wurde es erneut brenzlig. Kubanische Beamte erschienen vor der früheren US-Botschaft in der Hauptstadt Havanna. Ihr Ziel: Das Gebäude in Besitz nehmen und darin das nationale Ministerium für Fischerei einrichten.

Stadelhofer reagierte rasch – er verriegelte die Türen des Gebäudes. Der heutige US-Botschafter Martin Dahinden sagt zu «foreignpolicy»: «Stadelhofer hat eine rote Linie gezogen. Wäre er nicht zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen, hätte die Sache ganz anders ausgehen können».

Camarioca-Krise 1965: Im September hielt Fidel Castro eine gemäss Aktennotiz der Schweizer Diplomaten an den Bundesrat improvisierte Rede. Darin erklärte er, dass ausreisewillige Kubaner nach Florida in die USA ausreisen dürften.

In der Folge versuchten das tausende Flüchtlinge per Seeweg von Camarioca aus. Viele ertranken – Stadelhofer sei «bewegt» gewesen davon. Der legendäre Diplomat kämpfte in der Folge mit allen Mitteln für eine Luftbrüclke zwischen Kuba und den USA.

In einem Memorandum of Understanding gelang dies im November. Täglich hoben in der Folge zwei Flüge für Emigranten ab. Innert sieben Jahren reisten so 260'000 Regimegegner sicher in die Vereinigten Staaten aus. Über jeden einzelnen von ihnen führte die Schweiz Buch.

Der damalige Botschafters Grossbritanniens bezeichnete Stadelhofer in der Folge als «the most outstanding diplomat in Havana», also den herausragendsten Diplomaten in Havanna.

Aufgrund der delikaten Situation vor Ort, hätte er gut und gerne auch vom besten Diplomaten der Welt sprechen können.

Im Jahr 1967 zog Stadelhofer weiter. Bis 1971 amtete er als Botschafter in Tokio und anschliessend bis 1977 in Brasilia.

Noch im gleichen Jahr übernahm er den Botschafterposten in Stockholm und verstarb im Alter von 62 Jahren am 23. August im Amt. (vuc)

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