Mehr Frauen im Parlament
Gut, aber nicht gut genug

In Neuenburg sitzen erstmals mehr Frauen als Männer in einem Kantonsparlament. Das ist ein Fortschritt, reicht aber nicht.
Publiziert: 24.04.2021 um 20:13 Uhr
Camilla Alabor

Was noch vor kurzem undenkbar gewesen wäre, haben die Neuenburgerinnen und Neuenburger vor einer Woche zustande gebracht: ein kantonales Parlament, das mehrheitlich aus Frauen besteht. Auch die Stadtparlamente von Bern, Lausanne und Freiburg sind seit kurzem mehrheitlich in der Hand von Frauen.

Grund zur Freude? Gewiss: Nach Jahrzehnten, in denen die Männer allein Gesetze machten, ist es längst an der Zeit, dass Frauen ihren Platz in den Parlamenten einnehmen. Da kann es auch nicht schaden, wenn sie – wie in der Stadt Bern – für einmal gar 69 Prozent aller Gewählten ausmachen.

Das darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass im Jahr 2021 in sieben (!) Kantonen die Regierungen noch immer reine Männergremien sind. Oder dass der Frauenanteil im Ständerat bei mickrigen 26 Prozent liegt. Vor allem aber ist es kurzsichtig, allein auf das Geschlecht zu fokussieren.

Das Berner Stadtparlament weist seit den letzten Wahlen einen rekordhohen Anteil von 69 Prozent Frauen auf.
Foto: Keystone

Gerade ein Blick in den Ständerat macht klar, dass es noch ein weiter Weg ist, bis das Parlament endlich proportional der Bevölkerung entspricht. Oder besteht die Schweiz zu 63 Prozent aus Männern über 50? Anders gesagt: Wo sind die Jungen? Die Schweizer mit Migrationshintergrund? Die Alleinerziehenden? All jene mit ungeraden Lebensläufen, die nicht dem Schema F entsprechen?

Ja, es ist ein Fortschritt, wenn Frauen in der Politik nicht länger eine verschwindende Minderheit sind. Aber bis das Parlament die Einwohner der Schweiz wirklich abbildet, ist es noch ein weiter Weg.
Die Menschen jedenfalls, die täglich durch den Zürcher Hauptbahnhof wuseln, bestehen nicht zu zwei Drittel aus älteren Herren.

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